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Kultur

Reibung und Wärme

Die 47. Leipziger Jazztage stellen Verbindungen her

  Reibung und Wärme | Die 47. Leipziger Jazztage stellen Verbindungen her  Foto: Brigita Kasperaite

Als am 30. September 1973 der Jazzclub Leipzig gegründet wurde, hieß er zunächst noch (und bis zum Ende der DDR) Freundeskreis Jazz. Das Programm füllten die Jazzfreunde und -freundinnen erst mal mit lehrreichen Vorträgen, um einem interessierten, aber in der Regel ahnungslosen Publikum mit Kassetten und Schallplatten freie Musik aus fernen Ländern näherzubringen. Gleichzeitig gründeten sich in der Stadt einige Jazzbands, und das Veranstaltungsformat wandelte sich mehr und mehr hin zu Konzerten. »Jazz zeichnet sich durch seine Echtzeit-Kommunikation und auratische Qualität aus«, betont der Leipziger Jazzjournalist und langjährige künstlerische Leiter der Jazztage Bert Noglik mit Blick auf die Anfänge des Jazzclubs: »Er muss live erlebt werden!« Was mit wenigen einzelnen Konzerten begann, gipfelte 1976 in den ersten Leipziger Jazztagen.

Zum 50. Geburtstag des Jazzclubs stehen nun also die 47. Leipziger Jazztage im Kalender. Vieles hat sich verändert, aber in den Fundamenten ist sich das Festival treu geblieben: mit einer gesunden Mischung aus großen (und teuren) Namen auf der einen und noch neuen, entdeckenswerten Namen auf der anderen Seite, von lokal bis international. Und welch ein Segen, dass man in einer Region verankert ist, in der sich die Künstlerinnen und Künstler durch immense Musikalität und Kreativität auszeichnen. Zusammengehalten wird das Programm durch eine jedes Jahr neue, klug gewählte thematische Klammer. Für die aktuellen Jazztage haben wir es mit einer glasklaren Aufforderung zu tun: »Stell die Verbindung her«.

Dass »Verbindung« nicht zwangsläufig ein gewerteter Begriff ist, ist auch den Verantwortlichen klar: Ob das Zusammenführen von Unterschiedlichem zu trauter Mehrsamkeit oder zu Konflikt führt, ist erst einmal offen. Aber ohne Konflikt keine Reibung, ohne Reibung keine Wärme, und Jazz ohne Spannung ist sowieso langweilig.

Diese Verbindungen jedenfalls haben unterschiedliche Spielarten. Das kann die Zusammenführung verschiedener Musikstile sein, wie beim Konzert der wandlungsfähigen Bigband Spielvereinigung Sued mit dem wunderbaren A-cappella-Sextett Sjaella in der Musikalischen Komödie (18. Oktober). Bei »Songs of Wounding« hingegen geht es für die Sängerin Mariana Sadovska um die Verbindung zur eigenen Vergangenheit. Sie hat in den letzten Jahren ukrainische Dörfer besucht und anhand von Feldaufnahmen fast in Vergessenheit geratene Gesangstechniken erforscht. Ihre Ergebnisse werden im UT Connewitz (20. Oktober) in einem musikalischen Dialog mit dem deutschen Schlagzeuger Max Andrzejewski zu Gehör gebracht, unterstützt durch das ukrainische Gesangstrio Kurbasy. Am letzten Abend des Festivals wird der armenische Pianist Tigran Hamasyan gemeinsam mit Marc Karapetian und Arthur Hnatek an Bass und Schlagzeug in der Oper Jazz mit Post-Rock in Verbindung setzen. Unter der Überschrift »The Call Within« lässt Hamasyan den reichen Schatz an Melodien, Rhythmen, Sujets und Gesangstechniken seiner Heimat einfließen. Zum Festivalauftakt erhält das Simon Lucaciu Trio im Schauspielhaus den diesjährigen Leipziger Jazznachwuchspreis.

Musik ist stets im Wandel, und so sind es auch der Jazzclub und die Jazztage. Der Rückblick auf die Reaktionen von Presse und Publikum in nun knapp 50 Jahren sowie der Ausblick aufs aktuelle Programm lassen aber vermuten, dass das Festival auch in diesem Jahr großartiger Musik eine Bühne bietet. 

 

> 47. Leipziger Jazztage »Stell die Verbindung her«: 14.–21.10., Musikalische Komödie, Opernhaus, Philippuskirche, Schauspielhaus, UT Connewitz u. a., leipziger-jazztage.de


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