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Stadtleben

»Wir sind der Meinung, dass es noch viel Potenzial für Verbesserungen gibt«

Streik im öffentlichen Nahverkehr

  »Wir sind der Meinung, dass es noch viel Potenzial für Verbesserungen gibt« | Streik im öffentlichen Nahverkehr  Foto: Marco Brás dos Santos

Am Freitag wurde der öffentliche Nahverkehr in rund 80 deutschen Städten bestreikt. Auch in Leipzig parkten die Fahrzeuge der städtischen Verkehrsbetriebe ungenutzt in den Depots, an denen bereits ab 3 Uhr morgens Streikposten positioniert waren. Am Betriebshof Dölitz berichten Daniel Kießler (22) und Heike Hessel (55), was sie zum Streik bewegt. Beide fahren für die LVB Straßenbahn und engagieren sich bei Verdi und der Initiative WFZ (Wir fahren zusammen).

Weshalb streiken Sie?

Kießler: Wir stehen heute hier, um für bessere Arbeitsbedingungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Leipzig, Sachsen und bundesweit zu demonstrieren. Konkret geht es um einen höheren Urlaubsanspruch, Freischichten für Nachtstunden, erhöhte Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit sowie die Einführung von Samstagzuschlägen. Wir setzen uns auch dafür ein, dass geteilte Dienste besser vergütet werden und es weniger davon gibt. Wir fordern, dass die Ruhezeit nicht mehr von 12 auf 11 Stunden verkürzt werden kann. Dies legt eine gute Grundlage für die Regeneration der Kolleginnen und Kollegen. Des Weiteren fordern wir eine bezahlte Wegzeit, damit die Zeit für die An- und Abreise zum Dienst nicht unbezahlt bleibt.
Wir setzen uns auch für eine Mehrinvestition im ÖPNV vom Bund in Höhe von mindestens 16 Milliarden Euro pro Jahr bis 2030 ein, damit der Beschluss von einer Verdoppelung des Nahverkehrs umgesetzt werden kann.

Hessel: Wir möchten der Politik sagen, dass sie unseren Arbeitgebern mehr Spielraum in Bezug auf Fördergelder geben müssen, damit sich etwas an unseren Arbeitsbedingungen ändert.


Warum braucht es den Streik?

Kießler: Die erste Verhandlungsrunde fand vor eineinhalb Wochen statt, aber der Arbeitgeber ist uns nicht entgegengekommen. Er argumentiert, dass die Tariflohnerhöhungen vom letzten Jahr ausreichend seien. Wir sind jedoch der Meinung, dass es noch viel Potenzial für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gibt.


Welche Reaktionen kamen von Menschen, die vom Streik betroffen sind?

Hessel: In der Tat hatten wir positive Resonanz. Es kamen Passanten vorbei, die Kuchen, Kakao und Plätzchen brachten. Andere wünschten uns viel Kraft bei unserem Kampf.


Fridays for Future unterstützt den Streik ebenfalls. Wie kam es dazu?

Hessel: Unsere Bündnispartner haben rechtzeitig erkannt, dass Klimaschutz und Verkehrswende nicht ohne einen stabilen ÖPNV passieren können. Ich bin froh, sie an unserer Seite zu haben, da sie sehr viel öffentliche Arbeit leisten und die Bevölkerung über die Missstände in den Verkehrsunternehmen aufklären.
 

Wie reagiert die Geschäftsführung der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) auf Ihre Forderungen und den Streik?

Hessel: Die Arbeitgeber sind uns nicht wohlgesonnen. Ganz im Gegenteil, sie haben uns mit Konsequenzen gedroht und versucht, diese umzusetzen. Aber wir haben einen starken Betriebsrat, der hinter unseren Forderungen steht. Am 24. Januar gab es die erste Verhandlung, in der gesagt wurde, dass man den alten Tarifvertrag noch anerkennen und für fünf Jahre verlängern würde. Das war ein Schlag ins Gesicht für uns, weil sich an den krank machenden Arbeitsbedingungen nichts ändert.

 

Mehr Infos zum Streik und den Forderungen: https://www.wir-fahren-zusammen.de


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