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Stadtleben

Unter den Hammer gekommen

Das Fundbüro der Stadt Leipzig versteigert Liegengebliebenes – der kreuzer war dabei

  Unter den Hammer gekommen | Das Fundbüro der Stadt Leipzig versteigert Liegengebliebenes – der kreuzer war dabei  Foto: Michael Hertz

Ein sonniger Samstag in Leipzig, die Temperaturen haben sich nach den Laola-Wellen der letzten Wochen dankbarerweise wieder nach oben orientiert. Vor dem Eingang des Zoos tummeln sich Menschenmassen. Wer da lediglich den üblichen Andrang auf Elefanten, Tiger und Co. erwartet, irrt. Der wahre Grund für den Auflauf: In der Kongresshalle findet eine Versteigerung von Fundsachen statt, die im Laufe der letzten Jahre in Leipzig vergessen und verloren wurden.

Noch bevor sich die Türen öffnen, stehen die Leute dicht gedrängt davor. Darunter auch Kathi und Diego, beide 26, beide kürzlich nach Leipzig gezogen. Aufmerksam geworden sind sie durch einen Post auf Instagram. Auf der Website des Fundbüros Leipzig gab es vorab eine Liste mit Gegenständen, die an diesem Tag unter den Hammer kommen sollen. Startgebot für alles: Ein Euro. Eine Nintendo Switch sei auch dabei, erzählt Kathi, aber die wäre bestimmt sehr begehrt. Man wünscht viel Erfolg, dann öffnen sich die Tore und die Menschen schieben sich nach innen.

Am Saaleingang stehen Mitarbeiter und verteilen – falls gewünscht – Nummernschilder zum Bieten. Im Saal selbst bildet sich schnell eine Schlange auf der linken Seite, hier stehen die Fahrräder, die später versteigert werden. Vor der Bühne sind Taschen und Koffer aufgereiht, die sogenannten »Überraschungspakete«. Ein gut gelaunter Mitarbeiter erklärt mir das Konzept: Das Fundbüro hat aus seinem Fundus thematisch passende Sammlungen zusammengestellt. Reinschauen oder abtasten ist nicht erlaubt, aber die Titel lassen erahnen, was auf einen wartet. Da gibt es »Ich bin schon erwachsen! – rund um den Teenie«, »All that he wants – Beauty für den Mann« oder »Marke Eigenbau – das Handwerkerpaket«. Das Risiko, die dreckige Wäsche vom vergesslichen Vorbesitzer der Tasche zu erstehen, besteht also nicht, die wurde vorher aussortiert.

Ich schlendere ein bisschen herum und schiebe mich durch die Polo-tragenden Tech-Bros, die um den Glaskasten mit elektronischen Geräten stehen und rätseln, ob die iPhones wohl entsperrt sind. Interessiert, aber auffällig ohne Nummernschild stehen daneben Klaus, 67, und Elke, 66, die versichern, wirklich nur schauen zu wollen. Man habe aus der Zeitung davon erfahren und wolle sich das Ganze mal aus der Nähe ansehen. Klaus erzählt, er war mal bei einer Auktion am Flughafen, bei der nicht abgeholtes Gepäck unter den Hammer kam. Er betont, dass natürlich vorher geschaut wurde, dass da keine Waffen oder Drogen im Gepäck seien, gottseidank.

Dann legt der Auktionator los. Zunächst werden die Steigerungsstufen erläutert: Einer-Schritt bis 50€, dann Fünfer-Schritt und ab 500€ im Fünfziger-Schritt. Wer sein Schild hebt, ist dabei. Ganz wichtig: Keine Reklamation, gekauft wie gesehen. Die Gegenstände werden auf die große Leinwand projiziert, damit alle im Raum sie sehen können. Dann wird das erste Objekt herangerollt: Ein blaues Kinderrad. Verkaufspreis: Fünf Euro, der Hammer klopft, die Menge applaudiert. Weiter geht es mit mehr Fahrrädern, bei jedem Verkauf wird fröhlich gejubelt. Spannende Bieter-Duelle, bei denen die Köpfe des Publikums hin- und herfliegen gibt es nicht, die Stimmung ist ausgelassen und wohlwollend, gäbe es Bier, wäre es ein bisschen wie beim Darts. Ich halte es wie Klaus und Erika und bin nur zum Schauen da. Bisher ist auch nichts dabei, bei dem es mich in den Fingern juckt. Aber wer Zeit und gute Laune mitbringt, kann hier einige Schnäppchen machen.

Irgendwann wird es mit den unzähligen Fahrrädern etwas zäh, ich mache eine kleine Pause und spaziere Richtung Rosental. An der Straße ziehen wespenfarbene Dortmundfans im Sonnenschein gen Zentralstadion, Schweiß und Dosenbier.

Pünktlich zu den Überraschungspaketen bin ich zurück in der Halle. Zu ersteigern ist eine schwarze Adidas-Tasche. Den Titel versteht man akustisch leider nicht, ich vermute: »Sporty spice – Fitness für Faule«. Darin wäre meiner Vorstellung nach dann ein Massagegürtel für die Bauchmuskeln, um sich beim Fernsehen in Form bringen zu lassen. Ganze 80 Euro bietet die Person mit der Nummer 457 und erhält den Zuschlag. Vielleicht, denke ich, ist darin passend zum Bundesligaspieltag ein Fläschchen Eierlikör mit gelb-schwarzem Etikett. Das hätte ich doch ersteigern sollen. Denn Dortmund verliert anschließend im nahen Stadion mit 4:1.


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1 Kommentar(e)

Martin 30.04.2024 | um 14:14 Uhr

Spannendes Thema mehr davon👍