»Wir haben es so lange wie möglich versucht hinauszuzögern, aber jetzt brauchen wir eure Hilfe« – meldet das Conne Island Ende Oktober und startet eine Spenden-Kampagne mit dem etwas drastischen Titel »Conne Island retten«. Die Lage ist allerdings auch drastisch: Pandemie, Inflation und eine Boykott-Kampagne des Israel isolieren wollenden BDS haben ein Loch in die Haushaltskasse der Connewitzer Institution gerissen, das auch durch verschiedene Fördermittel nicht mehr gestopft werden konnte. Allein ist das Conne Island mit diesen Problemen allerdings nicht. Auch viele andere Spielstätten haben mit den wirtschaftlichen Verhältnissen zu kämpfen.
»Wir machen uns Sorgen über die Zukunft«, bringt es etwa Claudius Bruns, Geschäftsführer des Horns Erben, auf den Punkt. Klar, die Situation, gerade für kleinere Spielstätten, war noch nie besonders rosig. Mit Livemusik, vor allem abseits der lukrativen Mainstream-Acts, lassen sich nun mal keine Reichtümer anhäufen. Aktuell scheint die Situation für viele Locations aber noch mal angespannter zu sein als sonst.
Das sieht auch Justus Weise so, der beim Noch Besser Leben unter anderem fürs Booking zuständig ist: »Wir haben, ähnlich wie andere Institutionen und Kulturorte, mit den ansteigenden Kosten durch Inflation und den bleibenden finanziellen Herausforderungen zu kämpfen.« Mehrere Jahre weltpolitische Dauerkrise hinterlassen natürlich ihre Spuren. Nachdem die coronabedingten Veranstaltungsausfälle überwunden scheinen, machen nun vor allem die steigenden Kosten für Energie, Personal und Räumlichkeiten den Venues zu schaffen. Auch wenn er im Grunde optimistisch ist – Hoffnung auf baldige Besserung sieht Weise aktuell nicht: »Der Ausblick ist eher ernüchternd. Die Kosten werden weiter bestehen und eher steigen.«
Viele der kleineren Spielstätten können ihr Programm, so wie es ist, ohnehin nur dank diverser Fördertöpfe von Stadt und Land anbieten. Und genau da drohen auch schon die nächsten Einschnitte beziehungsweise sind bereits Realität. Die Kulturstiftung des Freistaats Sachsen hat 2025 etwa eine halbe Million Euro weniger Fördermittel zur Verfügung als im Vorjahr und auch den Kulturfonds des Bundes drohen harsche Kürzungen. In Leipzig haben zudem CDU, BSW und AfD unlängst klargemacht, wie sie zu Förderungen für unliebsame Kulturstätten (namentlich Conne Island, Werk 2 und Nato) stehen. »Sollten die Kürzungen im vorgeschlagenen Maße durchkommen, würde das bedeuten, dass wir viele wichtige Projekte und Veranstaltungen nicht durchführen können, gerade in Bereichen, die ohnehin schon benachteiligt sind«, kommentiert Judith Rothe von der Nato die angedrohten Kürzungen. Und auch Claudius Bruns vom Horns Erben macht sich Sorgen über einen möglichen Sparkurs in Sachen Kulturförderung: »Für uns wäre das fatal. Die Förderung durch die Stadt Leipzig ist für uns unabdingbar, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.«
Wenn die Förderungen zurückgehen und gleichzeitig die Kosten steigen, heißt das häufig auch: Für Veranstaltungen, die kein Geld reinbringen, ist weniger Platz, auch wenn sie kulturell wichtig sind. Dass der Kommerzialisierungsdruck steigt, stellt auch Sebastian Gebeler vom UT Connewitz fest: »Wir haben mit den nicht-kommerziellen Projekten immer weniger zu tun, auch mit Nachwuchskünstler:innen, Nachwuchsbands. Da wird irgendwie der Spielraum kleiner.«
Optimistisch kann einen bei der ganzen Sache immerhin stimmen, dass zumindest das Publikum nach der pandemiebedingten Flaute wieder zurück ist. »Die Veranstaltungen sind sehr gut besucht«, sagt Justus Weise vom Noch Besser Leben – ähnliche Rückmeldungen gibt es auch von vielen anderen Spielstätten. Chris Feist vom Ilses Erika fasst pragmatisch zusammen, dass es schon läuft, »solange Menschen weiterhin Lust auf Kultur haben und bereit sind, angemessen dafür zu bezahlen«. In Leipzig scheint das der Fall zu sein. Für die Rettung des Conne Islands kamen innerhalb kurzer Zeit immerhin 165.000 Euro zusammen. Wäre zu hoffen, dass das auch bei der Politik ankommt.