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Kultur

Erinnerungskultur auf der Leinwand

Die Kinostarts der Woche

  Erinnerungskultur auf der Leinwand | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill »Delegation«/New Europe Filmsales


Angesichts zunehmender Fälle von Antisemitismus ist es besonders wichtig, jüdische Lebenswelten in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken. Das Filmprogramm im Rahmen der Jüdischen Woche macht dies nachdrücklich an vielen Orten und mit einem vielfältigen Programm aus Spiel- und Dokumentarfilmen. So setzen sich etwa »#uploading holocaust« und »Delegation« eindrucksvoll mit der Perspektive Jugendlicher auf die »Erinnerungskultur« auseinander.

»Jüdische Woche«: 15.-22.6. u.a. Cinémathèque, Frauenkultur, Kinobar Prager Frühling


Die Stadt Marseille wird von einer großen Tragödie erschüttert: Zwei baufällige Häuser stürzen ein, acht Menschen kommen dabei ums Leben. Es ist ein reales Unglück aus dem Jahr 2018, das der französische Autor und Regisseur Robert Guédiguian als Ausgangslage für seinen neuen Spielfilm »Das Fest geht weiter!« nimmt. Anhand einer fiktiven Familie, deren Dreh- und Angelpunkt Krankenschwester und Kommunalpolitikerin Rosa ist, zeichnet er ein vielfältiges Bild der Bürgerschaft Marseilles. So engagiert sich besonders ihre Schwiegertochter-in-Spe Alice nach dem Einsturz für die Umsiedlung der Bewohner baufälliger Häuser, von denen es mehr als genug in ihrem Stadtteil gibt. Währenddessen überlegen Rosas erwachsene Söhne Minas und Sarkis, wie sie ihren armenischen Wurzeln gerecht werden können, während das Land vom Krieg erschüttert wird. Zudem taucht auch noch Henri auf, Alices Vater, der seine Buchhandlung aufgegeben hat, und nun mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen möchte. Selbst in Marseille geboren, reißt Guédiguian zahlreiche Themen an, persönliche und politische, versteht sich als Vertreter des »Agitprop«, und bedient sich im Film unterschiedlichster Stilmittel – vom inneren Monolog bis zu literarischen Zitaten. In diesem Potpourri aus gewichtigen Botschaften und Familiendramen bleibt die tiefere Beschäftigung mit den einzelnen Schicksalen aber leider zu oft auf der Strecke.

HANNE BIERMANN

»Das Fest geht weiter!«: ab 12.6., Passage-Kinos


Regisseur Arthur Francks beleuchtet die historischen KSZE-Verhandlungen von 1975 in Helsinki und lässt die politischen Akteure jener Zeit auf ungewöhnliche Weise wiederauferstehen. Ausschließlich mit Archivmaterial, satirisch und mit KI-generierten Vertonungen geheimer Dokumente erzählt der Film von den zähen Verhandlungen zwischen Ost und West: Während die Sowjetunion auf die Anerkennung der Ostblock-Grenzen drängte, kämpften Westeuropa und die USA für Demokratie und Menschenrechte. Am Ende einigten sich 35 Staatschefs auf einen historischen Kompromiss – ein Abkommen, das nicht nur den Grundstein für das Ende des Eisernen Vorhangs legte, sondern auch den Zerfall der Sowjetunion und den Fall der Berliner Mauer einleitete.

»Der Helsinki Effekt«: ab 12.6., Passage-Kinos, am 13.6., 18 Uhr mit Gästen


Ein kleines Kammerorchester in Reykjavik steht kurz vor dem Aus – die staatliche Förderung droht zu versiegen, das Überleben des Ensembles hängt am seidenen Faden. Hoffnung keimt auf, als der international gefeierte Cellist Klemens (Hilmir Snær Guðnason) in seine Heimat zurückkehrt. Seine Rückkehr verspricht Aufmerksamkeit, Fördergelder und eine mögliche Rettung. Doch der gefeierte Musiker erweist sich bald als schwer kontrollierbar. Seine Auftritte sind brillant, sein Verhalten jedoch zunehmend destruktiv. Als der Tag des entscheidenden Konzerts näher rückt, droht alles zu entgleiten. Doch das Orchester gibt nicht auf – und spielt sich in eine Nacht hinein, die in Reykjavik lange nachhallen wird.

»Der letzte Takt«: ab 12.6., Passage-Kinos



Weitere Filmtermine der Woche

QRT: Zeichen, Zombie, Teqno – Ein Nekrolog
D 2024, Dok, R: Manuel Stettner, 97 min

Dokumentarfilm über Qrt, den Autor Konradin Leiner – eine ver­dich­tete Exi­stenz der 90er Jahre in Berlin, schlaf- und ziel­los.

Kinobar Prager Frühling, 13.06. 19:00 (Premiere mit Gästen), 16.06. 20:00
Sommerkino auf der Feinkost, 16.06. 20:00


Toni Erdmann
D/AT 2016, R: Maren Ade, D: Peter Simonischek, Sandra Hüller, Michael Wittenborn, 162 min

Außergewöhnliche Mischung aus Komödie und Drama um die Beziehung einer Tochter zu ihrem Vater. Starkes Schauspielerkino.

Passage-Kinos, 13.06. 19:00 (Psychoanalyse trifft Film)


Sorbische Kurzfilme

Mehrere Kurzfilme sorbischer Filmemacher*innen.

Cinémathèque, 13.06. 19:00 (Deutsch und Sorbisch mit Regiegespräch)


The Colors Within
J 2024, R: Naoko Yamada, 100 min

Anime mit viel Musik, in dem ein Mädchen die Emotionen anderer als Farben sieht.

Cineding, 20.06. 19:30 (OmU)

7 Kapellen
D 2023, Dok, R: Jens Weber, Orla Connolly, 87 min

Sieben Architekten entwerfen sieben Kapellen mit dem Baustoff Holz entlang eines Radwegs an der Donau.

Fortuna – Kino der Jugend, 17.06. 18:00 (mit Film-und Architekturgespräch mit Regisseuren,Reihe »Architektur im Film – Leipzig«)


Architecton

D/F 2023, Dok, R: Victor Kossakovsky, 98 min

Der russische Regisseur Victor Kossakovsky präsentiert einen bildgewaltigen, poetischen Dokumentarfilm über Beton – einen Baustoff, der uns alle umgibt.

Passage-Kinos, 15.06. 17:00 (mit Filmgespräch, Weitblick)


Stand by me

USA 1986 R: Rob Reiner, D: River Phoenix, Richard Dreyfuss, Corey Feldman

Das Geheimnis eines Sommers: Die wohl einzige Stephen King-Adaption, auf die sich alle einigen können.

Luru-Kino in der Spinnerei, 18.06. 19:00 Uhr (kreuzer-Klassiker mit einer Einführung von Lars Tunçay)


Bad Faith

USA 2024, R: Stephen Ujlaki, Christopher Jacob Jones, 89 min

Der Dokumentarfilm beleuchtet den Aufstieg des christlichen Nationalismus in den Vereinigten Staaten.

Cinémathèque, 18.06. 19:30 (OV)


Bruderland ist abgebrannt

D 1991, Dok, R: Angelika Nguyen, 28 min

Eine zeitgenössische Momentaufnahme der Lage ehemaliger Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter aus Vietnam kurz nach der Wiedervereinigung. Ein Film über rechtliche und soziale Unsicherheit, über das Ankommen und den Abschied auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld.

Ost-Passage-Theater, 18.06. 20:00 (mit Regiegespräch)

Delegation
PL/ISR/D 2023, R: Asaf Saban, D: Yoav Bavly, Naomi Harari, Leib Levin, 101 min

Einfühlsam begleitet der Film eine Gruppe israelischer Jugendlicher, die nach Polen kommen, um die Holocaust-Gedenkstätten zu besichtigen.

Polnisches Institut, 18.06. 21:00 (Jüdische Woche Leipzig)

Die Geträumten
A 2016, Dok, R: Ruth Beckermann, 89 min

Im Zentrum stehen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, die sich im Nachkriegswien kennengelernt haben. Deren Briefwechsel bildet die Textgrundlage. Zwei junge Schauspieler, Anja Plaschg und Laurence Rupp, treffen sich in einem Tonstudio, um daraus zu lesen.

Cineding, 19.06. 21:00 (Jüdische Woche, OmeU)


Lebenszeichen – Jüdischsein in Berlin
D/USA 2018, Dok, R: Alexa Karolinski, 83 min

Jüdisches Leben in Deutschland, die das Gestern als notwendige Bedingung für das Heute versteht. Der Film ist nicht nur eine intime Selbst- und Familienerkundung, sondern auch ein vielstimmiges Portrait der deutschen Hauptstadt und seiner jüdischen Geschichte.

Cinémathèque, 17.06. 19:30 (Jüdische Woche, mit Einführung)


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D/AU/ISR 2016, Dok, R: Sagi Bornstein, Udi Nir, 75 min

Der Film montiert Amateuraufnahmen, die hauptsächlich von israelischen Jugendlichen stammen, von denen jährlich Tausende während einer einwöchigen Exkursion Orte des Holocausts besuchen. Ein Blick auf die zeitgenössische »Erinnerungskultur« an den Gedenkstätten der Shoa.

Polnisches Institut, 18.06. 19:00 (Jüdische Woche Leipzig)


Warum Frauen Berge besteigen sollten

D 2016, Dok, R: Renata Keller, 85 min

Dokumentation über die Historikerin Dr. Gerda Lerner, die als Erste über ein frauengeschichtliches Thema promovierte und Frauengeschichte auf die Stundenpläne vieler Universitäten brachte.

Frauenkultur, 18.06. 18:00 (thematischer Input von Gerda Lerner, Veranstaltung im Rahmen der Jüdischen Woche Leipzig)


Zorros Bar Mizwa

A 2006, Dok, R: Ruth Beckermann, 90 min

Der Film begleitet vier 12-jährige Jugendliche bei den Vorbereitungen auf ihre Bar Mizwa. Er wirft einen kritisch-ironischen Blick auf jüdische Tradition und ihre Interpretationen, stellt die Frage nach der Bedeutung von Initiationsritualen und versucht, sich dem schwierigen Terrain der Adoleszenz mit der Kamera anzunähern.

Cineding, 19.06. 19:00 (Jüdische Woche, OmeU)


Der Mann mit der Kamera
UDSSR 1929, Dok, R: Dziga Vertov, 68 min

Dziga Vertovs Experimental-Dokumentation stellt den Verlauf eines Tages in einer sowjetischen Metropole dar.

Hochschule für Musik und Theater, 20.06. 19:30 (Stummfilmimprovisation)


Die Bettlektüre

LUX/NL/GB/F 1996, R: Peter Greenaway, D: Vivian Wu, Ewan McGregor, Yoshi Oida, 126 min

Sinnlich-bizarres, intellektuelles Bilderrätsel von Regisseur Peter Greenaway nach dem tausend Jahre alten Tagebuch einer Hofdame.

Schaubühne Lindenfels, 16.06. 21:30 (OmU)

Indes galantes

F 2020, Dok, R: Philippe Béziat, 118 min

30 Tänzerinnen und Tänzer an der Pariser Opéra de la Bastille aus den Bereichen Hip-Hop, Krump, Break, Voguing verbinden urbanen Tanz und Operngesang miteinander und erfinden so Jean-Philippe Rameaus barockes Meisterwerk neu.

Schaubühne Lindenfels, 16.06. 19:00 (OmeU, Soirée cinéma)

No Other Land
N/PAL 2024, Dok, R: Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham, 95 min

Doku über die Zusammenarbeit zwischen einem palästinensischen Aktivisten und einem israelischen Journalisten.

Ost-Passage-Theater, 20.06. 20:00 (OmU)


One To One: John & Yoko
GB 2024, Dok, R: Kevin Macdonald, 100 min

Dokumentarfilm über das »One to One«-Benefizkonzert John Lennons, bei dem er gemeinsam mit seiner Frau Yoko Ono performte.

Passage-Kinos, 19.06. 20:30 (Musikkiste)


Possession
D/F 1981, R: Andrzej Zulawski, D: Isabelle Adjani, Sam Neill, Margit Carstensen, 122 min

Wiederaufführung eines Horrordramas von 1981: Ein Regierungsagent entwickelt nach der Trennung von seiner Frau eine Obsession für diese und erlebt dabei Unvorstellbares.

Cineding, 20.06. 21:30 (OmU)


Save Our Souls

F 2024, Dok, R: Jean-Baptiste Bonnet, 81 min

Im Mittelmeer treffen Hoffnungen auf Rettung und humanitäres Engagement aufeinander: Sechs Wochen lang begleitet Regisseur und Fotograf Jean-Baptiste Bonnet die Crew der »Ocean Viking« und dokumentiert eindrucksvoll deren Einsatz für Menschen in Seenot.

Kinobar Prager Frühling, 20.06. 18:00 (mit Gästen, OmU, Q&A nach dem Film, Weltflüchtlingstag)


Shorts Attack: Wo die Liebe hinfällt

Sieben kurze Filme über die Liebe.

UT Connewitz, 19.06. 20:00


While The Green Grass Grows
CH/CAN 2023, Dok, R: Peter Mettler, 166 min

Ein audiovisuelles Tagebuch des Regisseurs Peter Mettler, der in dem Film den Tod seiner Eltern verarbeitet. Die Zuschauer begleiten den Filmemacher, der mit ihnen in einen Dialog tritt, in dem das Leben und die Welt aus seiner Perspektive reflektiert werden. Goldene Taube Dok Leipzig 2023.

Passage-Kinos, 15.06. 13:00


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