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Kultur

Fulminante Orgelklänge zur Eröffnung

Das Leipziger Bachfest beginnt mit einem traditionellen Konzert in der Thomaskirche

  Fulminante Orgelklänge zur Eröffnung | Das Leipziger Bachfest beginnt mit einem traditionellen Konzert in der Thomaskirche  Foto: Jens Schlüter


Als Franz Liszt das Präludium und die Fuge über die Tonreihe B-A-C-H komponierte, war Bach bereits über hundert Jahre tot. Liszt verehrte die Musik Bachs und schuf Transkriptionen nach seiner eigenen Manier: romantisch, opulent und auf dem Flügel dargeboten. Bässe wurden verdoppelt, Bachs Musik erschien im orchestral anmutenden Gewand. Aus heutiger Sicht unfein, weil unhistorisch. Mit dem Präludium und der Fuge über das Thema B-A-C-H jedoch schuf Liszt ein polyphones, bachbezogenes Werk auf seinem ureigensten Instrument, der Orgel. Bach selbst nutzte den Umstand auch, dass sein Name sich in Noten ausdrücken ließ und hinterließ in einigen seiner Werke diese originelle Signatur. Liszt jedoch setzt seinem verehrten Bach in seiner Fuge an über 25 Stellen dieses Denkmal. Mit Sicherheit brachte er »seinen« Bach einem großen Publikum nahe. Uraufgeführt wurde dieses komplexe, schwierige Werk 1856 im Merseburger Dom.

Fast 170 Jahre später wurde es von Thomasorganist Johannes Lang am Donnerstagabend zum Eröffnungskonzert des diesjährigen Bachfestes in der Thomaskirche gespielt. Der international renommierte Organist ist seit 2023 auch Professor an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig.

Seinem Interpreten verlangt Liszts Werk höchste Virtuosität ab. Chromatische Läufe, gewaltige Akkorde, schnelle Passagen für das Fußpedal, aber auch zarte einstimmige Passagen wechseln miteinander ab. Manchmal klingt die Musik rätselhaft fremd, fast modern, an anderen Stellen ist zu hören, wie der ganze Körper des Organisten eingesetzt werden muss, um eine enorme Klangfülle erreichen zu können. Wie wohl dieses Werk von seinem damaligen Publikum angenommen wurde? Nach dem zehn Sekunden dauernden Abschlussakkord hätte man dem Organisten für diese Leistung einen fulminanten Applaus gegönnt. Aber nichts geschah. Warum eigentlich?

Applaus kassierte stattdessen der Oberbürgermeister Burkhard Jung mit seiner Begrüßungsrede an das Publikum mit prominenten Gästen. Thematisch hielt sich Jung an das Motto Transformation, erzählte über Leipzig als Musikstadt im Wandel und appellierte an Gemeinschaft und das Überwinden von Grenzen. Traditionsgemäß gestalteten auch der Thomanerchor Leipzig und das Gewandhausorchester Leipzig das etwa zwei Stunden dauernde Eröffnungskonzert unter der Leitung von Thomaskantor Andreas Reize.

Das Motto »Transformation« ist dabei der Schlüsselbegriff, der sich wie ein roter Faden durch die über 200 Konzerte zieht, die in den nächsten zehn Tagen stattfinden werden. In seiner Rede an das Publikum betonte Bachfestintendant Michael Maul, dass vor allem ein kreativer Umgang mit Bachs Musik einer der Hauptstränge des Bachfestes sei. Gemeint sind mit diesem Begriff auch verschiedene Kompositionstechniken und Neuerschaffungen verloren gegangener Bachwerke. »Bachianer« und »Bachs größte Selbshilfegruppe der Welt« nennt Maul seine Gäste, die aus über 50 Ländern zum Bachfest angereist sind. Neben Listzs monumentalen Orgelwerk erklang auch eine Sinfonia für Orgel und verschiedene Instrumente. Eine Reminiszenz an Bachs Weihnachtsoratorium war BWV 214 »Tönet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten«. Komponiert hat Bach diese Festmusik anlässlich des 34. Geburtstages der Kurfürstin Maria Josepha. Sie war die Tochter von Kaiser Joseph. Heutzutage wird diese Festmusik selten aufgeführt. Unsterbliche Bekanntheit erlangte sie trotzdem durch Bachs Parodieverfahren, sprich, alte Musik mit neuem Text. Zeitlos thront der Eingangschor seither im Weihnachtsoratorium.

Den Abschluss des Konzerterlebnisses bildete die Dresdener Fassung der Missa in h-Moll BWV 232.2. Gestaltet wurde sie von den außergewöhnlichen Künstlerinnen und Künstlern Elisabeth Breuer (Sopran), Gunta Smirnova (Sopran), Alex Potter (Altus), Manuel Walser (Bass) und Benedikt Kristjànsson (Tenor). Musikalisch höchst anspruchsvoll war die Komposition auch für den Thomanerchor und die Instrumentalisten des Gewandhauses, besonders unter Berücksichtigung der schwierigen Akustik in der Kirche, wo Klänge schnell mulmig werden.
Kennern wird das exzellent gespielte Cembalo aufgefallen sein. Manchmal bleiben auch Meister ihres Instrumentes unerkannt im Hintergrund. Mit Sicherheit werden diesem festlichen Konzertabend etliche weitere musikalische Höhepunkte im Rahmen des Bachfestes folgen.


> www.bachfestleipzig.de


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