Ab kommenden Donnerstag läuft in der Kinobar Prager Frühling der neue Film von Christian Petzold an. »Jerichow« erzählt von der zufälligen, aber schicksalhaften Begegnung dreier Menschen in der nordostdeutschen Provinz. Filmautor Martin Schwickert hat den Film für uns gesehen und ist hellauf begeistert.
„Man kann sich nicht lieben, wenn man kein Geld hat“ – der Satz fällt im letzten Drittel von Christian Petzolds „Jerichow“ mit zustimmungspflichtiger Selbstverständlichkeit und fegt alle romantischen Vorstellungen vom Tisch. Kann sein, dass Geld allein nicht glücklich macht. Aber Liebe allein reicht auch nicht aus. Zumindest nicht hier in Jerichow. In der nordostdeutschen Provinz, wo die Landschaften von trügerischer Schönheit sind und die Parkplätze vor den Supermärkten immer etwas überdimensioniert wirken für das bisschen Kundschaft, das dort vorfährt.
Der unehrenhaft entlassene Afghanistan-Veteran Thomas (Benno Fürmann) will hier im elterlichen Haus ein neues Leben anfangen. Eines Tages findet er Ali (Hilmi Sözer) mit seinem dicken Wagen im Graben und fährt den Angetrunkenen nach Hause. Der türkische Dönerbuden-Unternehmer stellt Thomas als Chauffeur ein. Dieser verfällt Alis blonder Freundin Laura (Nina Hoss). In wortkarger Übereinstimmung planen beide den Mord am Ehemann.
Dabei ist ihre Liebe nur eine Vermutung, eine Option in einem Leben, das kaum Veränderungsmöglichkeiten zu bieten hat. Trotz seines mittelständischen Wohlstandes ist Ali die eigentliche tragische Figur im ungleichen Beziehungsdreieck. Die materielle Sicherheit bezahlt er teuer mit Misstrauen gegenüber seiner Frau, seinen Angestellten und diesem ganzen Land, in dem er nie heimisch werden konnte.
Wie die materiellen Verhältnisse in die Gefühle der Menschen einsickern und ihre Beziehungen zueinander bestimmen, davon erzählt Petzolds ostdeutscher Film Noir vollkommen unaufdringlich, ohne ideologischen Ballast, ganz nah an den Figuren und trotzdem mit einer analytischen Distanz, die die lichtklaren Sommerbilder frösteln lässt.