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Kultur

Mit dem kreuzer auf die sieben Weltmeere

Der neue Blog auf kreuzer online. Teil 1: »Getting there«

  Mit dem kreuzer auf die sieben Weltmeere | Der neue Blog auf kreuzer online. Teil 1: »Getting there«

Unsere »kreuzer-Auslandskorrespondentin« Ele Jansen fördert die Anbindung Leipzigs an die sieben Weltmeere, indem sie sich auf große Fahrt begibt und uns Daheimgebliebenen in einem exklusiven Reise-Blog von ihren Erlebnissen berichtet. Ihre ersten Stationen sind ein Kloster in Nordthailand, Ästhetik in Japan, das postkoloniale Malaysia, das grüne Dickicht Borneos und die Unterwasserwelt Indonesiens. Zeitpunkt und Route des Heimwegs sind noch offen.

Unsere »kreuzer-Auslandskorrespondentin« Ele Jansen fördert die Anbindung Leipzigs an die sieben Weltmeere, indem sie sich auf große Fahrt begibt und uns Daheimgebliebenen in einem exklusiven Reise-Blog von ihren Erlebnissen berichtet. Ihre ersten Stationen sind ein Kloster in Nordthailand, Ästhetik in Japan, das postkoloniale Malaysia, das grüne Dickicht Borneos und die Unterwasserwelt Indonesiens. Zeitpunkt und Route des Heimwegs sind offen.

Teil 1: »Getting there«

Super. Alles richtig gemacht. Job gekündigt und in die Welt gezogen, während die bundesdeutsche Presse den Untergang des nationalen Wohlstandes beschwört. Da fällt es leicht, der anstehenden Stimmungslage eine Weile zu entgehen und sich unter die berucksackten Nomaden zu mischen.

Noch stehe ich auf Leipzigs überdimensioniertem Bahnhof und werde die ebenso überdimensionierte Grandezza dieser Stadt bestimmt ein wenig vermissen. Spätestens hinter Bad Schandau überfallen mich allerdings schon die Reiseläuse angesichts der fast kitschig pittoresken Elbe unterhalb der schneebedeckten, zerklüfteten Sandsteinformationen. Es ist so kalt, dass sich an den morschen Gummidichtungen der Eurocity-Fenster Eisblumen bilden.

Ich blicke durch das Zugabteil und entdecke den Getränkemann. Der DB-Service ist irgendwie entzückend. Bereits im D-Zug nach Dresden habe ich vom Schaffner Schokolade bekommen, und jetzt blickt mich der Kaffeeverkäufer hinter seinem klirrenden Saftwagen fast flehend an, weil ihm keiner was abkaufen will. Ich auch nicht.

In Gedanken gehe ich die ersten Etappen meiner Reise durch. Über Wien und Bangkok geht es nach Nordthailand, dann Japan, Borneo, Indonesien, Australien. Reizvoll sind auch Papua-Neuguinea, Usbekistan, Syrien, Georgien, Sansibar, Sambia, Grönland, Dänemark und sowieso allesalles. Ein oder zwei Stationen sind für den Rückweg geplant. Mal sehen, welche es werden.

Erstmal muss allerdings mein Flug nach Asien klappen. Da eine Freundin Flugbegleiterin ist, habe ich kein richtiges Ticket, sondern fliege Stand-by nach Bangkok. Was praktisch ist – vorausgesetzt meine Freundin fliegt auch tatsächlich. Das scheint jedoch gar nicht so sicher, als wir uns begrüßen und Resi sich, gefolgt von einer Serie Niesern, ihre Nase schnäuzt. Bitte nicht! Schnupfen ist nicht gut. Damit darf sie offiziell nicht fliegen. Und ich auch nicht. Aber die Hoffnung stirbt natürlich auch bei mir zuletzt. Wir haben ja noch 24 Stunden bis zum Abflug.

Als am nächsten Morgen das Fieber bei knapp 40 Grad liegt, weiß ich zwar, wie man kalte Essig-Umschläge macht, aber nicht, was ich nun anstellen soll. Last Minute-Angebote gibt es in der Hauptsaison schwerlich. Und als ich auf dem Naschmarkt auch noch meine Jacke verliere, bin ich sicher, dass die Reise unter keinem guten Stern steht. Aber Resi hängt sich rein. Sie ruft den Captain an und versucht, mich an Bord zu bekommen. Ich sitze wie auf Kohlen.

Einen halben Tag später sitze ich am Gate und lese das Buch, dass ich noch schnell als Dankeschön für den Captain gekauft habe. Ich fliege mit »Cockpit Permit«, das heißt als persönlicher Gast des Piloten. Die Pechsträhne war offensichtlich nicht so lang.

Als wir über Faisalabad sind, ist es schon wieder hell. Unter uns liegt eine riesige, zerklüftete Eiswüste. Die Gletscherberge sehen aus wie Felder endloser, gigantischer Backenzähne. So langsam erwachen die ersten Fluggäste und bieten dabei abstruseste Anblicke. Da ist der bereits strandfertige Barfußgänger, den ich mir bereits lobsterfarben am Strand von Phuket vorstelle. Auch amüsant sind die verschlafenen Ganggeister, die sich wankend, mit Nackenhörnchen und auf die Stirn geschobener Schlafmaske, zur Bordtoilette vortasten. Ich ziehe meine eigene Maske wieder ins Gesicht und versuche, auf meinem beengenden Sitz zu schlafen.

Ein paar unbequeme Halbschlafstunden später kommt ein Crewmitglied auf mich zu. Ich kenne ihn schon von einem 7-Tage-Stop, den ich vor zwei Jahren mit Resi und der Crew auf Sri Lanka verbracht habe. Er flüstert mir ins Ohr, bitte mit ihm nach vorn zu kommen. Ich lege Decke, Kissen, Kopfhörer, Buch, Nackenhörnchen, Schlafmaske, Oropax und was man sonst noch so um sich herumdrapiert, zur Seite und folge ihm zum Cockpit. Dort angekommen, öffnet er die Tür, weist mich freundlich auf den Funkersitz und vergurtet mich von oben bis unten. Das wird also meine erste nicht-blinde Landung! Ich spüre ein leichtes Kitzeln unter meinem linken Rippenbogen.

»500 Meter...« tönt es aus den Lautsprechern. – Der Co-Pilot hat seine Hände gar nicht am Lenkhebel ... oder Höhenruder, oder was auch immer das ist. – Bei dem Gedanken muss ich über mein aus »Airport«-Filmen bezogenes Halbwissen schmunzeln. Die Blechstimme und mein Hirn melden sich abwechselnd: »50 Meter, ... 40«. Jungejunge, der Flieger schwankt ganz schön! »30, ... 20« Und die Landebahn kommt irre schnell näher! » ... 10« Augen offen lassen! »Ground«

Oh Mann, wir schaukeln ordentlich von links nach rechts und man spürt, wie das enorme Gewicht des Rumpfes am zierlichen Fahrwerk zerrt. Wie beruhigend doch die Stimme des Piloten wirkt, als er sagt: »It’s all good. Bangkok has us safe and sound.«

Vor dem Flughafen empfängt mich ein ungewöhnlich trockenes, aber erwartet heißes Klima. Als ich mich in Jeans, Langarmshirt und Sneakers zum Hostel aufmache, beneide ich den Bermuda-Flip-Flop-Träger doch ein wenig. Nach für Bangkok so typischen, schlaflosen 24 Stunden voller Sinneseindrücke von Garküchen, Abgasen, Stimmengewirr und Musik, geht es am nächsten Abend mit dem Nachtzug in den Norden Thailands. In einem buddhistischen Kloster heißt es dann: Nonne auf Zeit. Dazu mehr nächste Woche.


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