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Kinder & Familie

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Die Kinderbuch-Ecke

  durchblättert | Die Kinderbuch-Ecke

Jeden Monat stellt die kreuzer-Kinderredaktion neue oder neu aufgelegte Bücher für große und kleine Leser vor. In diesem Monat mit: »Piep, piep, piep«, »Damals, das Meer« und »Schnurzpiepegal«

Jeden Monat stellt die kreuzer-Kinderredaktion neue oder neu aufgelegte Bücher für große und kleine Leser vor. In diesem Monat mit: »Piep, piep, piep«, »Damals, das Meer« und »Schnurzpiepegal«.


Soledad Bravi: »Piep, piep, piep« (Moritz Verlag)
Die Schnecke macht gar nichts

Bilderbücher bestehen, das liegt in der Natur der Sache, oftmals ausschließlich aus Illustrationen – aus feinen, aus groben, aus (un)witzigen, realistischen oder abstrakten Bildern. Wenn überhaupt etwas geschrieben steht, dann sind es meist Wörter wie Auto, Ball oder Ente. Die Inhalte sind hier ganz klar auf die Bedürfnisse der Allerkleinsten ausgerichtet, doch verursachen diese auf Elternseite oft großes Gähnen. Dass es auch anders geht, zeigt »Piep, piep, piep«, ein Bilderbuch der Französin Soledad Bravi. Es befriedigt die Bedürfnisse von Eltern und Kindern. Die Ausgangsebene ist dabei sicherlich zunächst einmal eine andere, doch Erstleser und Vorleser finden ganz schnell zueinander. So erleben sie das Buch gemeinsam. Anfangs begegnen ihnen Dinge und Tiere, die allseits bekannte Laute von sich geben oder bestimmte Geräusche machen. Doch ab zu überraschen die Dinge auch, die da aufeinander folgen. Sie passen eigentlich nicht ins Schema, wie zum Beispiel die Steckdose, die »Nein!« macht, das Fläschchen, das »mmmh« sagt oder die Schnecke, die gar nichts macht, außer ihre eleganten Fühler zu bewegen. Dieser Bruch wirkt einer gewissen Tristesse entgegen, die angesichts der vielen Seiten aufkommen könnte. Zudem wird lustvolles Geschrei im Kinderzimmer beim Spiel mit der Angst durch ein heftiges »oouuuh« des Wolfs oder das kraftvolle »roar« eines Löwen hervorgerufen. Wer also ein Mitmach-Bilderbuch mit schwungvollen Illustrationen und hohem Spaßfaktor sucht, ist mit diesem Knaller aus Frankreich – dort schon seit 2004 auf dem Büchermarkt erhältlich – bestens beraten. Yvonne Strankmüller

→ »Piep, piep, piep«, Soledad Bravi, Moritz Verlag, Frankfurt am Main, 2009, Aus dem Französischen von Markus Weber, 116 S., 12,95 €, ab 1,5 J.

→ Eine Galerie mit einigen Illustrationen aus dem Buch findet sich hier.


Meg Rosoff: »Damals, das Meer« (Carlsen Verlag)
Das Rauschen der Muscheln hören

»Was wäre wenn«? Wer dieses Buch von Meg Rosoff gelesen hat, weiß warum es im letzten Jahr mit dem Jugendliteraturpreis gekrönt wurde und lauert vermutlich auf Nachschub. Pünktlich zur Buchmesse erschien »Damals, das Meer«. Und wieder ist es die Sprache der Autorin, die aufmerken lässt. Ein Junge wird in ein Internat geschickt, der letzte Versuch der Eltern, den 14-jährigen gesellschaftsfähig erziehen zu lassen. Banker oder Anwalt soll er werden. Was Besseres eben. Das Jungeninternat St. Oswald liegt an der idyllischen Küste Südenglands. Das Leben dort ist jedoch alles andere als idyllisch. Dennoch will der Junge, der im Buch übrigens keinen Namen hat, nicht weg von hier, denn er hat Finn getroffen. Finn geht nicht zur Schule, lebt mit seiner Katze in einem Häuschen auf einer Sandbank. Finn verkauft Fische auf dem Markt, Lesen hat er von der Großmutter gelernt. Zwischen Finn und dem Jungen vom Internat entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft: spröde, distanziert, geheimnisvoll, für immer. Meg Rosoff hat ein unglaubliches Buch über das Erwachsenwerden und die erste Liebe geschrieben. Ohne Schnickschnack. Da sitzt jedes Wort. Es ist ein Buch, das nicht in erster Linie unterhalten oder berieseln will, sondern sehr aufmerksames Lesen fordert und Jugendliche – Jungen wie Mädchen – in ihren Ansichten und Sehnsüchten trifft. Man fragt sich beim Lesen immer wieder, wie eine Sprache, die so schlicht ist, zugleich so kraftvoll, eindringlich und dicht sein kann? Wie eine Handlung, die auf den ersten Blick nichts Besonderes birgt, so zu verblüffen vermag? Vielleicht, weil der Junge ein alter Mann ist, als er die Geschichte erzählt. Es sind Kindheitserinnerungen oder das, was davon übrig blieb. Die Geschichte spiegelt, vor allem durch ihr originelles Ende, die Atmosphäre der Natur, in der sie spielt. Sie ist Eins mit dem Rhythmus der Gezeiten: Wild und unberechenbar und so still und innehaltend, dass man glaubt, die Muscheln (und Muscheln gibt es viele in dieser Geschichte) rauschen zu hören. Claudia Lindner

→ »Damals, das Meer«, Meg Rosoff, Carlsen Verlag, 2009, 240 S., 14,90 €, ab 14 J.


Barbara Steinitz: »Schnurzpiepegal« (Bajazzo Verlag)
Vom Anderssein

Wer sich auf der Hundewiese im Park einmal genau umschaut, wird feststellen, dass fast alle Hunde ihren Besitzern irgendwie ähnlich sehen. Nur Leonoras Hund Fidelio sieht dieser überhaupt kein bisschen ähnlich. Die Leute auf der Straße rümpfen die Nase oder lachen, wenn die kugelrunde Leonora mit ihrem kleinen zarten Hündchen an ihnen vorbei geht. Aber das ist ihr egal, meistens jedenfalls. Eines Tages trifft Leonora den langen Joschka mit seinem dicken Hund Pistazia. Auch über ihn tuscheln die Leute. So beschließen Joschka und Leonora ihre Hunde einfach zu tauschen, um so dem Geschnatter der Leute zu entkommen. Aber sie machen die bittere Erfahrung, dass sie durch die neue Situation mit unerklärlichen traurigen Gefühlen zu kämpfen haben, obwohl sich jetzt niemand mehr auf der Straße amüsiert nach ihnen umdreht. In bunten und sehr anschaulichen Illustrationen thematisiert Barbara Steinitz das durch den scheinbaren Kompriss zustandegekommene Dilemma von Leonora und Joschka: Die Trauer um den eigenen Hund als Preis dafür, das sie sich angepasst haben und nicht mehr auffallen. Gekonnt vermittelt die Autorin Steinitz den kleinen Betrachtern, dass es sich einfach nicht lohnt, es anderen Menschen immer Recht machen zu wollen. Aber was wäre eine solche märchenhafte Geschichte ohne einen Lösungsvorschlag am Ende? So treffen sich Joschka und Leonora mit ihren Hunden, wie durch Zufall, im Park wieder. Sie beschließen von diesem Tag an, für immer zusammen zu bleiben. Auch wenn die Leute jetzt erst recht tuscheln, weil die Hunde nicht zueinander passen und die dicke Leonora und der lange Joschka schon gar nicht, ist es allen vieren nicht nur egal, sondern »schnurzpiepegal!«. Ein pädagogisch wertvolles Bilderbuch, welches vom Andersein handelt und davon, vor allem seinem eigenen Gefühl zu vertrauen. Miriam Schultze

→ »Schnurzpiepegal«, Barbara Steinitz, Bajazzo Verlag, Zürich, 2009, 32 S., 14,90 €, ab 3 J.


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