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Kultur

Land unter für die Leseratte

Aufgrund der Renovierung zieht die Leipziger Stadtbibliothek ins Interim – und wird bis Januar geschlossen

  Land unter für die Leseratte | Aufgrund der Renovierung zieht die Leipziger Stadtbibliothek ins Interim – und wird bis Januar geschlossen

Eigentlich ist es ein Grund zum Jubeln. Die Stadtbibliothek am Wilhelm-Leuschner-Platz soll von Grund auf saniert, um Nutzungsräume erweitert und barrierefrei werden. Dazu müssen die Bestände ausgelagert werden: Ab Januar werden sie im Städtischen Kaufhaus am Neumarkt wieder zugänglich sein.

Eigentlich ist es ein Grund zum Jubeln. Die Stadtbibliothek am Wilhelm-Leuschner-Platz soll von Grund auf saniert, um Nutzungsräume erweitert und barrierefrei werden. Dazu müssen die Bestände ausgelagert werden: Ab Januar werden sie im Städtischen Kaufhaus am Neumarkt wieder zugänglich sein. So weit so gut, doch was sollen alle Vielleser machen, wenn sie am 30.10. schließt?

Die Büchersammlung, deren Wurzeln bis ins Jahr 1677 zurückreichen, ist an Ortswechsel gewöhnt. Als Ratsbibliothek war sie zunächst im alten Gewandhaus ansässig, später wurde sie auf zwei Bücherhallen verteilt und zog schließlich in Barthels Hof. Seit 1991 residiert die Stadtbibliothek im ehemaligen Grassimuseum am Wilhelm-Leuschner-Platz. Da ist es nur ein kurzes Intermezzo, wenn sie für zwei Jahre wieder raus muss. Warum der Umzug aber ganze zwei Monate in Anspruch nimmt, gibt drei Fragezeichen auf. Gewiss, Bücherkisten sind die fiesesten Objekte, denen man bei Umzügen begegnen kann. Aber daran müssten die Mitarbeiter eigentlich gewöhnt sein und auch wissen, dass man eben keine Bananenstiegen mit Büchern bis zum Rand füllt. So schwer kann es mit einem professionellen Umzugsunternehmen nun auch wieder nicht sein, die paar Hundert Meter bis zum Interim zurückzulegen – zumal die Bücher ja bereits alle sortiert sind: Raus aus dem Regal, rein in die Kiste, raus aus der Kiste und schon sollten sie am neuen Ort griffbereit stehen. Um die Mitarbeiter tatkräftig zu unterstützen, ruft der kreuzer dazu auf, in der letzten Woche möglichst viele Medien auszuleihen, sättigendes Lesefutter zu hamstern und schon jetzt besinnliche Filme, spannende Hörspiele und opulente Rezeptsammlungen für die Vorweihnachtszeit zu horten. Bei maximal 40 ausleihbaren Medien fällt die Qual der Wahl schwer. Vielleicht haben die Bibliothekare aber noch ein Einsehen und lassen die Beschränkung sausen. Es ist ja nur zu ihrem Vorteil, schließlich übernehmen dann die Benutzer einen Teil des Umzugs und im besten Fall sind die Bibliothekspforten schon wieder früher offen.

»Achtung Baustelle« – Am Samstag feierte die Stadtbibliothek ein kleines Abschiedsfest. Immerhin sind die 14 Zweigstellen und die durch die Außenbezirke tourende Fahrbibliothek nicht von der Schließung betroffen. Hier kann sich die Leseratte über Wasser halten, der Bibliophile seiner Leidenschaft hingeben. Denn Bücher sind Freunde – so hat man zumindest einst gelehrt –, und Freunde will man nicht lange missen.


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