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Kultur

Kuscheltiere, lila Röcke und Bier zum Frühstück

Das La Pampa-Festival lud auch in diesem Jahr zu einem Kurzurlaub in der Provinz

  Kuscheltiere, lila Röcke und Bier zum Frühstück | Das La Pampa-Festival lud auch in diesem Jahr zu einem Kurzurlaub in der Provinz

Weit in den Osten fahren wir an diesem heißen Juliwochenende. Auf der A4 Richtung Dresden scheint der Beton zu schmelzen. Amerikanische Wüstenmusik kommt aus dem Radio und stockt hin und wieder wegen der vielen Huckel auf dem alten Asphalt. Jule schläft auf dem Rücksitz. Schweiß tropft auf unsere nackten Beine. Wir fahren zum La Pampa.

Weit in den Osten fahren wir an diesem heißen Juliwochenende. Auf der A4 Richtung Dresden scheint der Beton zu schmelzen. Amerikanische Wüstenmusik kommt aus dem Radio und stockt hin und wieder wegen der vielen Huckel auf dem alten Asphalt. Jule schläft auf dem Rücksitz. Schweiß tropft auf unsere nackten Beine. Wir fahren zum La Pampa.

Der Name ist selbstreflexiv. Die Provinz stellt sich zur Disposition. Und lockt Leute an die polnische Grenze. Wenn man kurz hinter Görlitz rechts abbiegt, liegt das Freibad Hagenwerder. Dort direkt am See wird nun schon das dritte Jahr gefeiert. Jule schwärmte im letzten Jahr. Nun sind wir hier. Mit Bier im Kofferraum, viel zu viel Gepäck und Lust auf Musik.

Rund um den minikleinen See, dort wo die Bühnen aufgebaut sind, drängen sich Zelte dicht an dicht. Alle wollen ganz nah sein. Jule auch. Festivals erinnern immer ein bisschen an frühere Sommerurlaube an der Ostsee. Jeder darf machen, was er will und es gibt Bier zum Frühstück. Auch wenn es an diesem Wochenende heiß getrunken wird. Das Schöne am La Pampa ist, dass alles ganz klein ist. Es gibt drei Bühnen, in wenigen Laufminuten sind alle wichtigen Punkte erreicht. Die drei Bühnen, die schönen, an diesen Tagen unentbehrlichen Badeseen, das kleine Kino, in dem abwechselnd Filme und die letzten WM-Spiele gezeigt werden.

Freitagabend sind der Hauptakt und gleichzeitiges Highlight die vier Jungs aus dem Norden: Tocotronic. »Aber hier leben, nein danke«, singen wir laut mit, Jule und ich stehen ganz weit vorne. Wahre Worte, auch wenn sie in diesem Moment nicht zutreffen. Irgendwer schmeißt riesige Kuscheltiere auf die Bühne, ein seltsam pubertäres Groupieverhalten. Als die Frösche und Bären gerade in den Bus verladen werden, treffen wir einige der Tocojungs hinter der Bühne und philosophieren ein bisschen über aufkeimenden Patriotismus in WM-Zeiten, auch wenn auf dem La Pampa kaum was davon zu spüren ist. Danach geht die Party mit Who made Who weiter. Wir aber tanzen noch ein bisschen vor der Seebühne zu feinen Elektrobeats. Direkt unter dem Sternenhimmel. Ein angenehmes Urlaubsgefühl schwebt zwischen der ausgetrockneten Wiese und den lichtverzauberten Baumwipfeln.

Tagsüber verbringen wir die Zeit im Wasser und pausieren in den Schattenplätzen unter den Bäumen. Es sind noch immer 37 Grad Celsius. Aus der Ferne schallen die ersten Klänge zu uns. Wir sind noch zu ausgebrannt zum Tanzen und kochen Spaghetti auf unserem Campingkocher. Ein Mädchen fragt mich, ob sie ein Foto von mir und meinem lila Rock machen kann. »Wir fotografieren alle mit lila« sagt sie, »und das sind Einige.« Ich bin mir nicht sicher, ob das bedeutet, dass ich modisch ganz weit vorne bin oder einfach nur keinen eigenen Geschmack habe. Jedenfalls sind Festivals wie das La Pampa szenische Seismographen. Jeder zeigt, was er hat. Und ein paar Tausend gucken zu.

Nach dem gewonnenen Deutschlandspiel, das wir uns schwitzend und dicht gedrängt im Kinozelt anschauen, entspannen wir mit den ruhigen Violin- und Trompetentönen von Get Well Soon. Jule wird wegen der schönen, traurigen Musik plötzlich depressiv und möchte sofort heiraten. Später tanzen wir zu den Dänen von Alcoholic Faith Mission. Beruhigend beim La Pampa ist, das man nicht das Gefühl hat, etwas zu verpassen. Das Programm überschneidet sich, im Gegensatz zu den großen Festivals, kaum. Ein paar Loungeplätze fehlen, um sich in den Pausen entspannt abzulegen und notwendige Vitamindrinks zu sich zu nehmen. Als wir ins Zelt kommen, ist es schon wieder hell. Sonntag hängen wir rum und fühlen uns wie ausgetrocknete Kakteen, sogar zu schwach, um baden zu gehen. Derweil beobachten wir die sonnenverbrannten, verkaterten Badegäste und lauschen den Klängen von Fuji Koreta, einer türkischen Musikerin, deren schöne Stimme an Björk erinnert. Kurz bevor wir aufbrechen, schneidet noch die Wahlberlinerin Kat Frankie mit ihrer glasklaren Stimme die hitzegeschwängerte Sommerluft in Stücke. Eins davon haben wir mitgenommen. Als Erinnerung an unseren Kurzurlaub in der Pampa.


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