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Kultur

Der Verlust des goldenen Bodens

Ein Gedichtband von Thomas Böhme präsentiert aussterbende Berufe

  Der Verlust des goldenen Bodens | Ein Gedichtband von Thomas Böhme präsentiert aussterbende Berufe

An dieser Stelle präsentieren wir jeden Monat das Buch des Monats. Zu finden ist dieses dann bei Lehmanns in der Grimmaischen Straße 10, in einem exklusiven und eigens für den kreuzer eingerichteten Regal im Eingangsbereich.

An dieser Stelle präsentieren wir jeden Monat das Buch des Monats. Zu finden ist dieses dann bei Lehmanns in der Grimmaischen Straße 10, in einem exklusiven und eigens für den kreuzer eingerichteten Regal im Eingangsbereich.


Thomas Böhme ist ein alter Hase und als solcher ein Meister seines Fachs, geradezu ein sprichwörtlicher Routinier. Sein hier zum Buch des Monats gewählter Gedichtband »Heikles Handwerk« mit seinen »66 Fallstudien« zu verschwindenden Berufen darf als ein kleines Meisterwerk bezeichnet werden. In viele Richtungen regen diese relativ formstrengen Gedichte das Denken an. Der goldene Boden, den das Handwerk sprichwörtlich immer hatte, scheint jedenfalls hin-über. Die Industrie produziert eben billiger.

Untergegangenes Handwerk – blühende Industrie – Wohlstand für alle. Unterdessen ist die Industrie wiederum abgeblüht, der Wohlstand ist trotzdem noch enorm. Aber vielleicht doch nicht mehr ganz für alle. Und nun? Ist die Arbeit verschwunden? Aber wer macht sie dann? China? Indien? Afrika? Und wie verdient man dann hier sein Geld? Und woher kommt es eigentlich, dieses Geld? Vom Markt? Vom Staat? Und wer heilt hier wen? Der Markt den Staat? Oder doch eher umgekehrt? Lauter Fragen. So unlyrische noch dazu. Dran schuld sind die guten Gedichte.

»EIN ZÖLLNER steht dem Glücke nicht im Wege / wenn es an seine Tür pocht.« So beginnt das Zöllnergedicht, vierzehnzeilig, wie alle 66 Professionen in diesem Werk. Aber es handelt sich nicht um Sonette. »… im Zollhaus herrschet keine Not. / Der Schlagbaum grüßt im Morgenrot.« – so geht das Gedicht zu Ende, und man freut sich doch, dass die Profession des Zöllners langsam in die Geschichte absinkt. Es gibt hier den Luftschiffer und den Kolonialwarenhändler, den Kanonier und den Zuckerbäcker, den Droschkenkutscher und Postillon, lauter ehrenwerte Berufe, allesamt mit mildem Humor eingefangen. Und über allem liegt eine leise Melancholie.


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