Die ausgestellten Kotztüten, vornehm auch gern Spuckbeutel genannt, bestehen aus Papier oder Kunststoff, haben Griffe oder keine, zeigen Blumenmuster oder einen landenden Adler. 160 Stück haben die Initiatoren zusammengetragen – alle unbenutzt und hübsch nebeneinander an den Wänden aufgereiht. Sogar die »Blaue Mauritius« unter den Kotztüten ist nun in Plagwitz zu bewundern.
Kurz vor der Eröffnung der 1. Leipziger Kotztütenausstellung am Samstagabend werden noch schnell die Neonröhren mit Karton abgeklebt, um das Licht auf die Exponate zu verbessern. So außergewöhnlich es auch klingen mag: Kotztüten oder vornehmer Spuckbeutel zu sammeln, ist gar nicht so selten. Es gibt sogar eigene Sammlerreihen und durchaus lustige Motive. Was als Ausstellungsgegenstand amüsiert, wird, wenn man denn eine benötigt, schnell galliger Ernst.
»Tütologe« J. Dämmig hat die in Plagwitz ausgestellte Sammlung 1991 mit einer Tüte der »Balkan Airlines« eines Fluges von Berlin nach Nairobi begonnen. Seitdem sammeln er und seine Kollegen beim Reiseveranstalter »Diamir« Kotztüten auf ihren Reisen. Mittlerweile sind 160 Tüten von mehr als 120 Airlines aus über 100 Ländern zusammengekommen, von denen nun ein Teil im »Am Heinz« in Plagwitz zu sehen ist. Trotz des Vielfliegens leidet Dämmig an extremer Flugangst und versucht dieser mit Alkohol und Tabletten vor jedem Take-Off Herr zu werden. Auch wenn es zunächst als bizarre Idee erscheint, Spuckbeutel zu sammeln, können die Tüten doch als Trophäen des Flugmeilen sammelnden Klientels verstanden werden, wie es im Film »Up in the Air« dargestellt wird.
Die ausgestellten Kotztüten bestehen aus Papier oder Kunststoff, haben Griffe oder keine, zeigen Blumenmuster oder einen landenden Adler. Die Beutel der Schweizer Airline »balair« etwa konnte man, unbenutzt, auch verwenden, um Foto-Filme zur Entwicklung abzugeben. Die »Blaue Mauritius« für Kotztütensammler aber ist eine Tüte der »Proteus Airlines«, einer inzwischen aufgelösten Tochterfirma der Air France, die nur zwei Linien bediente. Sie ist praktisch unmöglich wiederzubeschaffen. Zusammen mit drei anderen raren Exponaten wird sie in einem Bilderrahmen ausgestellt.
Gerade noch pünktlich zur Touristik- und Caravaning-Messe in Leipzig, auf der einer der Initiatoren auch arbeitet, eröffnete die Ausstellung in Plagwitz. Dieser Initiator unterhält auch den Touristik-Blog »Tawahi«, der sich kritisch mit dem Reisen auseinandersetzt. In Zukunft will er im »Am Heinz« auch Reisen vorstellen. Ein Vortrag eines Ehepaars, das per Tandem von Chemnitz nach Kirgisien gefahren ist, steht zum Beispiel auf dem Programm.
Die 1. Leipziger Kotztütenausstellung ist bis zum 4. Dezember im »Am Heinz« in der Walter-Heinze-Straße 9 zu sehen. Es wird eine Auswahl verschiedenster Kotztüten aus den letzten 20 Jahren von allen fünf Kontinenten präsentiert. Die Ausstellung ist Sonnabend und Sonntag von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Mit Turbulenzen oder schwerem Seegang ist in Plagwitz in den nächsten Tagen hoffentlich nicht zu rechnen.