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Politik

Die Würde des Amtes

Wie ein Journalistik-Professor sich gegen seine Studenten wehrte und dabei selbst in die Schusslinie geriet

  Die Würde des Amtes | Wie ein Journalistik-Professor sich gegen seine Studenten wehrte und dabei selbst in die Schusslinie geriet

»Nachfolgend sind einige Dokumente zusammengestellt, die die wahre Intention der KMW-Studentengruppe um Roger Vogel offenbaren: eine Schmutzkampagne gegen Professor Machill zu lancieren.« Was beginnt wie ein Verschwörungsroman, ist der Höhepunkt einer Posse, die der Leipziger Kommunikationswissenschaft zu überregionalem Medienrummel verhalf. Nun sind alle Seiten bemüht, Ruhe in die Angelegenheit zu bringen. Doch was zurück bleibt, ist vor allem jede Menge verbrannte Erde.

»Nachfolgend sind einige Dokumente zusammengestellt, die die wahre Intention der KMW-Studentengruppe um Roger Vogel offenbaren: eine Schmutzkampagne gegen Professor Machill zu lancieren.« Was beginnt wie ein schlechter Verschwörungsroman, ist der Höhepunkt einer Posse, die der Leipziger Kommunikationswissenschaft zu überregionalem Medienrummel verhalf.

Der Satz ist Auftakt eines Dokumentes, das der Leipziger Journalistikprofessor Marcel Machill auf der Website seines Instituts präsentierte. Das Dokument enthält kommentierte Ausschnitte aus der Diskussion einer nicht öffentlichen Facebook-Gruppe. In dieser Gruppe haben sich Studenten versammelt, die mit Lehre und Prüfungsgebaren des Professors nicht einverstanden sind. Das Faksimile der Facebookseite sei ihm von Studenten »zugespielt« worden, raunte der Professor.

Einige der Betroffenen hingegen sind überzeugt, dass sich ein Mitarbeiter Machills in die geschlossene Gruppe geschlichen und die Informationen weitergegeben hat. Die Vorgeschichte des Streits handelt von Urheberrechtsverletzungen und suboptimalen Studienbedingungen: Der Student Roger Vogel hatte zwei Bücher des Professors gescannt, im Internet veröffentlicht und damit gegen Urheberrechte verstoßen.

Der Professor teilte dies seinen Verlagen mit, die den Studenten abmahnten und zur Zahlung von 2.600 Euro Anwaltsgebühren verpflichteten. Dies wiederum teilte der Student allen für ihn erreichbaren Journalisten mit und ein medialer Sturm brach los. Süddeutsche Zeitung (SZ), FAZ, Taz, Neon, Spiegel Online – sie alle berichteten über den Professor, der seinen Studenten verklagen würde, und das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft (KMW), an dem die Kommunikation nicht funktioniere.

Er habe nur in einer Notsituation helfen wollen, führte Roger Vogel an. Das kopierte Buch, knapp 40 Euro teuer, ist nämlich Pflichtliteratur für über 300 Studenten in einer von Buchautor Machill konzipierten Klausur. Die Unibibliothek hat nur 22 Exemplare und vom Verlag war das Werk vorübergehend nicht lieferbar. Das zweite Buch habe er nur »aus Versehen« gescannt, sagte der Student.

Ein Reporter der SZ zitierte Machill mit dem Satz: »Ich habe keine Lust, meine Zeit mit irgendwelchen Studenten zu vertändeln.« Das Zitat wurde schnell zum Kult, in Blogs und Foren herumgereicht. Machill teilte später mit, den Satz so nie gesagt zu haben, doch die SZ beharrte in einem Folgeartikel auf dem Zitat. Es wird wie Pech an Machill haften bleiben, das hätte er als Journalistikprofessor wissen können.

Doch statt mit den überregionalen Medien, die nun auf die Geschichte ansprangen, in Dialog zu treten, veröffentlichte Machill auf seiner Institutswebsite Stellungnahmen und eine Glosse, die den SZ-Journalisten und den Studenten Vogel angriffen. Den vorläufigen Höhepunkt bildet die Veröffentlichung der eingangs erwähnten »Dokumentation«.

Offensichtlich hat es dem Ersteller – wer auch immer das sei – großen Spaß gemacht, die Studenten, die sich in der geschlossenen Gruppe sicher wähnten, zu belauschen und ihre Äußerungen teils hämisch zu kommentieren. Die Würde des Professorenamtes sollte der Veröffentlichung eines solchen Dokumentes eigentlich im Wege stehen.

Nun ist der Schaden groß für die Leipziger Journalistik. Machill dürfte als ihr Repräsentant verbrannt sein, nicht zuletzt wegen seines ungeschickten Agierens in den Medien und den wenig souveränen Reaktionen auf die studentische Kritik. Doch es wird noch schlimmer, denn auch die Kollegen sprangen Machill öffentlich nicht zur Seite, im Gegenteil. Seit Jahren gilt das Institut in der Burgstraße als Schlangengrube. Bald, so munkelt man auf den Fluren, soll es eine Umstrukturierung des Instituts für KMW geben, der eine Professur zum Opfer fallen soll.

Vor diesem Hintergrund hat das Verhalten des Prorektors für Lehre und Studium, Wolfgang Fach – einem Mitglied der Unileitung –, besondere Brisanz. In dem SZ-Artikel wird Fach mit den Worten zitiert: »Herr Machill ist einmalig, wir haben dauernd Probleme mit ihm.« Machill warf dem SZ-Autoren daraufhin vor, Fach falsch zitiert zu haben. Fach allerdings weigerte sich zu dementieren. Er sei davon ausgegangen, dass es sich um ein Hintergrundgespräch handelte. »Sonst hätte ich, wie es so üblich ist, ein Blatt oder auch mehrere vor den Mund genommen«, sagte er.

Marcel Machill steht wohl alleine da. Bei der aktuellen Institutratswahl erhielt er genau eine Stimme – man konnte sich allerdings auch selbst wählen. Inzwischen haben sich die Kontrahenten Vogel und Machill in einem von der Institutsleitung moderierten Gespräch auf eine Waffenruhe verständigt. Das Spitzeldokument und die Glosse sind von Machills Websites verschwunden. Anfang 2011 soll es nun konstruktive Gespräche geben zwischen dem Professor und seinen Studenten. Das ist ein Lichtblick für alle Beteiligten. Vielleicht klappts dann ja besser mit der Kommunikation im Institut für Kommunikationswissenschaft.


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1 Kommentar(e)

gpoint 26.06.2011 | um 12:07 Uhr

Dieser Machill is so ein Clown!