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Kultur

Durst, Bier und Leben

Die Skala holt den Geist Jörg Fausers auf die Bühne

  Durst, Bier und Leben | Die Skala holt den Geist Jörg Fausers auf die Bühne

Jörg Fauser (1944–1987) kann getrost als Phänomen bezeichnet werden. Als Literat zwischen erfolgreichem Krimi-Autor und gefeiertem deutschem Bukowski changierend, war der Subkultur-Schreiber auch als Journalist für bürgerliche Zeitungen tätig, arbeitete für den Hörfunk, schrieb Drehbücher und war nicht zuletzt als Songschreiber für Achim Reichel (»Der Spieler«) erfolgreich. Ambivalenz und Mythos sind der Grund, weswegen ihm der Musiker und Komponist Steve Binetti nun in der Skala eine Inszenierung widmet.

»Durst war ja auch nur ein Synonym für Leben.« Jörg Fauser (1944–1987) kann getrost als Phänomen bezeichnet werden. Als Literat zwischen erfolgreichem Krimi-Autor und gefeiertem deutschem Bukowski changierend, war der Subkultur-Schreiber als Journalist für bürgerliche Zeitungen tätig, arbeitete für den Hörfunk, schrieb Drehbücher und war nicht zuletzt als Songschreiber für Achim Reichel (»Der Spieler«) erfolgreich. Fauser schrieb Reportagen über harte Drogen, denen er selbst verfallen war. Er reiste, mal getrieben auf der Flucht, mal aus Lust, kreuz und quer durch Europa, um ausgerechnet in München anzukommen. Zum Mythos wird er schließlich, als er unter ominösen Umständen stirbt – gerade 43-jährig, als Fußgänger auf einer Autobahn.

Ambivalenz und Mythos sind der Grund, weswegen ihm Steve Binetti in der Skala eine Inszenierung widmet. Der Berliner Musiker und Komponist bekommt auf diese Weise nach seinen Centraltheater-Einsätzen in »Paris, Texas«, »Der Kirschgarten« und »Der Zauberberg« die Möglichkeit, am Schauspiel Leipzig einen ganzen Abend zu gestalten. Ein Dutzend Fauser-Texte hat er extra vertont, um sie mit schauspielerischer Unterstützung in einer Form vorzuführen, »die an Theater erinnern könnte«. Von Günther Harder am Schlagzeug und Binetti auf der E-Gitarre begleitet, intonieren Cordelia Wege und Guido Lambrecht die Fauser-Zeilen. Dazwischen sind Prosatexte geschoben. Tänzerische wie szenische Elemente verbinden die Inszenierung zu einem Ganzen.

Wie wählt man aus so einem chaotischen, wild wuchernden Oeuvre den geeigneten Rohstoff? »Ich habe 99 Prozent der Songtexte Fausers außer Acht gelassen und das Asymmetrische der Prosatexte vertont. Dazu habe ich jene Texte verwendet, in denen man Fauser als Individuum wiedererkennt«, sagt Binetti. Facettenreiche Musik, die von Punk- und Funk-, Chanson- und Traditional-Tendenzen gezeichnet ist, soll dem schillernden Fauser-Werk gerecht werden und ein Schlaglicht auf Fausers Durst nach Leben werfen. Wie schrieb der Schriftsteller? »Und er dachte, dass er den ganzen Tag mit zwei Worten ausgekommen war: ein Bier. Selbst Christus am Kreuz hatte mehr gebraucht.«


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