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Kultur

Gewalt in der Banlieue

Theaterkritik: Julia Lehmann inszeniert »Sagt Lila« als empathisches Bühnenstück in den Cammerspielen

  Gewalt in der Banlieue | Theaterkritik: Julia Lehmann inszeniert »Sagt Lila« als empathisches Bühnenstück in den Cammerspielen

Zwei Menschen zwischen den grauen Wohnblöcken der Banlieue: »Niemand hat hier irgendwas« ist einer der ersten Sätze von Chimo, gespielt von Bilâl Narat, und klärt so gleich zu Beginn die Lage. Keine Zukunft, keine Vergangenheit, die einzige Abwechslung sind periodische Ausbrüche von Gewalt und Sex. Oder von beidem. Innerhalb dieser Koordinaten hält sich die Inszenierung von »Sagt Lila« in den Connewitzer Cammerspielen auf. Das Stück läuft von Donnerstag bis Samstag.

Zwei Menschen zwischen den grauen Wohnblöcken der Banlieue: »Niemand hat hier irgendwas« ist einer der ersten Sätze von Chimo, gespielt von Bilâl Narat, und klärt so gleich zu Beginn die Lage. Keine Zukunft, keine Vergangenheit, die einzige Abwechslung sind periodische Ausbrüche von Gewalt und Sex. Oder von beidem. Innerhalb dieser Koordinaten hält sich die Inszenierung von »Sagt Lila« in den Connewitzer Cammerspielen auf.

Katrin Wiedemann als Lila ist ein lasziv-naives Mädchen im roten Kleid, das irgendwo zwischen Pornofantasien, streng katholischer Tante und Tätigkeiten als Gelegenheitshure einen Weg durch die Zivilisationswüste der Vorstadt sucht. Ihr Konterpart Chimo ist mit seinem grauen Kapuzenpulli ein typischer männlicher Repräsentant der Banlieue-Mehrheitsgesellschaft, doch irgendwie kommen beide sich nahe, ohne es recht zugeben zu wollen oder zu können. Denn nur der eigene Panzer bewahrt vor dem totalen Absturz, das Selbstwertgefühl hat ohnehin den Gefrierpunkt erreicht. Julia Lehmann inszeniert das Dialogstück in einem Raum mit zehn multifunktionalen Fernsehern, die durch Werbesendungen und Videos von Ausschreitungen einen Bezug zur Außenwelt herstellen und sie kommentieren.

Lehmanns Version des Stücks ist lakonisch und setzt auf den Text wie auf das Ungesagte, das beide Darsteller gekonnt und mit viel Empathie für ihre Figuren umsetzen. Mit wenigen Mitteln entsteht ein dichter Abend, jenseits des kalt sezierenden Sex-Intellektualismus eines Houllebecq, aber nicht minder ergreifend. Ein kurzes, knackiges Stück fernab der alles verdauenden Studierstuben, die einem oft das Theaterleben schwer machen.


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