»Komm her, hierher, wir könnten so nah sein«: Der Brockdorff Klang Labor-Song »Festung Europa« ist eine Liebeserklärung an das Leben, vor allem an das Leben von Flüchtlingen, die zu uns wollen. Die Redaktion des Musikmagazins Spex fand den Song so beeindruckend, dass sie ihn in ihrer aktuellen Ausgabe aus 120 Einsendungen zum Sieger ihres Protestsong-Wettbewerbes kürte.
kreuzer: Protestsongs waren bis jetzt nicht unbedingt euer Steckenpferd. Wie habt ihr es geschafft, den Spex-Wettbewerb zu gewinnen?
NADJA VON BROCKDORFF: Wir hatten bereits zwei Songs für unser kommendes Album produziert, die wunderbar zum Wettbewerb passten. Wegen der ätzenden Diskussion in der EU zum Thema Flüchtlinge fanden wir »Festung Europa« absolut passend. Gemeinsam mit Bob Humid aus Köln haben wir den Song in letzter Minute via Internet fertig produziert: Bob in Köln und wir in Leipzig. Kurz vor Einsendeschluss ging das MP3 an die Spex. Der Rest ist wahre Freude.
kreuzer: Warum gerade die Flüchtlingsthematik?
VON BROCKDORFF: Diese Diskussionen – von Sarkozy über Berlusconi bis Sarrazin – widersprechen allen Werten, die ich teile. Überall werden beängstigende Gefühle der Überschwemmung und Bedrohung geschürt. Dabei sterben jede Woche Hunderte Menschen auf der Flucht und auf der Suche nach Schutz und Zukunft. Die alten machtbesessenen Männer sprechen nicht in meinem Namen! Es gibt eine solidarische und weltoffene Gemeinschaft in diesem Land und in der gesamten EU.
Ich spreche nur aus, was andere auch denken und wovor sich andere wiederum fürchten: »Kommt hierher! Es ist genug Platz für alle.« Das ist Ausdruck einer völlig anderen, aber durchaus auch europäischen Sicht. Notleidenden und kriegsverfolgten Menschen Asyl zu gewähren ist ein Wert und kein Geschenk.
kreuzer: Werdet ihr jetzt eine Protestband?
SERGEJ KLANG: Das ist ja nicht das Schlechteste, das man von einer Band behaupten kann. Insbesondere dem Pop wird ja gern die politische Relevanz abgesprochen. Die Verbindung von melodiöser, tanzbarer Musik und politischer Aussage hat mich schon immer interessiert. Im klassischen Rock und Punk musste Protest immer wehtun, war Krach und Verweigerung. Aber Protest-Pop darf auch im ästhetischen Sinne schön sein, ohne gleich politische Volksmusik zu werden.
Der Video-Clip zum Gewinnersong