Zwei Dutzend Comicliebhaber versammeln sich einmal im Monat zum Stammtisch. Dieser Tage haben sie eine ganz besondere Mission: Am 3. September laden sie zum Comicgarten-Sommerfest in die Schrebergartenanlage rund um ein uriges Gasthaus ein.
Neben der Alten Messe, gleich hinter der russischen Kirche, steht umsäumt von Schrebergärten ein uriges Gasthaus, das heißt Siegismund. Trotz kleiner Regenschauer sitzt man beim letzten Stammtischtreffen vor dem großen Tag draußen vor der Gartenschenke. Es gibt Pommes, Bier und Schnitzelbrot mit Ei. »Kannst du noch jemanden unterbringen?«, fragt Thomas Wilde, den sie hier nur Thowi nennen, und verteilt Schlafplätze für die anreisenden Zeichner unter den Fans. Thowi ist Mitte Fünfzig und Lehrer, trägt langes Haar und einen grauen Bart. Neben den Tellern stapeln sich neue Comics, und Thowi sendet ein Radioprogramm live vom Stammtisch hinaus ins weltweite Netz. Er interviewt, knuddelt und umsorgt die anwesenden Fans, Zeichner und Sammler. Letztere sind leicht zu erkennen, da sie ihre Comics in Schutzhüllen aufbewahren, die sie zwischen Deckel aus säurefreier Pappe legen.
Ein Leipziger Dichter nannte Thowi einst den »Superman von Leipzig« – wegen seines Einsatzes für die Comicszene. Als Thowis Frau Anja Wilde das las, erzählt sie, sei ihr erster Gedanke gewesen: »Hilfe, mein Mann ist ein Superheld! Gibt es dafür eine Selbsthilfegruppe?«
Zum Comicgarten kommen alle, die in und um Leipzig etwas mit Comics zu tun haben: Leipziger Comicshopbesitzer bauen Stände auf, der Verlag des legendären Mosaik reist an, zahlreiche Zeichner signieren, ein Kinderprogramm sorgt dafür, dass Mama bei einem Bier das lokale Comicmagazin Drops anschauen oder den volltätowierten Zeichner Schwarwel an seinem Stand besuchen kann.
Außerdem wird der Goldene Comicgartenzwerg für den besten deutschen Comic des letzten Jahres verliehen. Der Preis ist selbstverständlich selbstgebastelt und bis zur Preisverleihung wahrscheinlich auch golden – nach dem ersten Anstrich zum Stammtischtreffen haftete die Goldfarbe auf dem Gartenzwerg noch nicht so richtig.
Dann müssen alle kurz still sein, denn Berd Kolterer, Liedermacher und Kinderarzt, greift zur Gitarre und singt schaurig-schöne Lieder. Die Kellnerin kommt herbei, denn sie will das nicht verpassen.