Das Grimmsche Märchen von den drei Prinzessinnen, die nachts heimlich tanzen gehen, als Fast-Musical am Theater der jungen Welt. Eine gelungene Aufführung für Kinder ab sechs Jahren, wie unsere Autorin urteilt.
Der König ist hungrig, er möchte frühstücken. Doch die drei Prinzessinnen sind noch nicht wach. Seit ihre Mutter gestorben ist, hat der König das Tanzen und Musizieren in seinem Reich verboten. Wie kommt es dann, dass die Schuhe der drei jeden Morgen zertanzt sind? Und sie so müde sind – trotz der verriegelten Schlafzimmertür? Der Königssohn, der das herausfindet, soll Isolde, die Jüngste, zur Frau bekommen und später einmal selbst König werden. Doch bisher ist noch jeder gescheitert und hat dafür zur Strafe seinen Kopf verloren. Nun gibt es keinen mehr, der es wagen will. Bis ein abgerissener, humpelnder Soldat auftritt, der nichts mehr zu verlieren hat und frohen Mutes ist. Er wird, das sei verraten, das Geheimnis lüften und schließlich die Prinzessin seines Herzens heiraten – doch Isolde ist es nicht.
»Sie hat die Haare schön«
Kay Link hat mit der musikalischen Unterstützung durch Erich A. Radke als Komponisten das Grimmsche Märchen recht originalgetreu auf die Bühne gebracht. Die Musik ist einfach und eingängig. Die Tanzeinlagen auf dem Ball im nächtlichen Schloss verdienen Respekt und erhalten viel Szenenapplaus – besonders die Breakdance-Performance von David Senf als Herzensprinz von Isabella, der Schönen.
Gesanglich werden die Darsteller vor keine großen Herausforderungen gestellt, wenn man vom Duett zwischen Soldat (Emanuele Peters) und Iphigenieabsieht, in dem vor allem Elisabeth Fuess als Iphigenie stimmlich überzeugt. Ansonsten ist ein Märchen mit viel Musik eben nur fast ein Musical. Die Ausstattung stammt von Olga von Wahl, die mit Kay Link schon mehrmals erfolgreich zusammengearbeitet hat. Kulisse und Kostüm sind schlicht, aber raffiniert und machen optisch das Stück auch für Erwachsene zum Erlebnis. Im Kostüm kommt sogar ein Hauch von Ironie zum Tragen (der Hofmarschall etwa trägt eine Tolle à la Leningrad-Cowboys und seinen Bart aus Goldlametta als stylischen Zopf), auf den der Text von Ueli Blum wohlweislich verzichtet. Die drei Prinzessinnen sind in ihrem Mode- und Musikgeschmack modern. Sie haben ihren eigenen Kopf und wissen, wie sie ihn durchsetzen können: »Sie hat die Haare schön. Sie muss hier sofort raus, und auf die Piste gehen!« Ebenso modern wie die königlichen Outfits ist die Bühnenprojektion einer Landstraße, vor der die jungen Damen in wilder Motorradfahrt zum Ball düsen. So bleibt die Szenerie in Bewegung und das Geschehen in Schwung.
Schuhförmige Plätzchen und Schlaftrunk
Für die Premierenvorstellung gibt es großen Applaus. Die Erwachsenen klatschen, die Kleinen staunen. In der Pause befragt wie es ihnen gefällt, finden sie »alles gut«. Auch Jannik. Er geht in die Klasse 4a der Friedrich-Fröbel-Schule in Grünau, die sich mit zwei Klassen am Premierenprojekt beteiligt hat. In der Schule haben die Kinder das Märchen gelesen und sich in eigenen Spielszenen mit der Geschichte beschäftigt. Jannik hat außerdem mit anderen Kindern seiner Klasse Schuhe fürs Foyer verziert und – klar: schuhförmige – Plätzchen gebacken, die sie in der Premierenpause verteilen.
»Die Kinder waren auch bei einer der Theaterproben dabei und konnten die Schauspieler noch ohne Kostüm erleben«, verrät Ingrid Hillmann, Janniks Lehrerin. Sie hat sich schon öfter an solchen Projekten beteiligt, mit denen die Theaterpädagogen des TdjW die Kinder möglichst früh ans Theater heranführen möchten. »Schon im Vorfeld treffen wir als Theaterpädagogen und Künstler uns mit den Kindern«, berichtet Theaterpädagogin Regina Vitzthum, »und haben in diesem Fall zum Beispiel mit den Viertklässern überlegt: Wie schafft der Soldat es denn, die Prinzessinnen zu überlisten? Das steht nämlich nicht im Textbuch.« Und so beobachten die Kinder besonders genau, wie es dem Soldaten gelingt, trotz Schlaftrunk wach zu bleiben, den Prinzessinnen auf den Ball zu folgen und schließlich seine Liebste zu gewinnen. Die Ausstatterin hat sich dazu etwas Besonderes einfallen lassen. Was, soll hier nicht verraten werden, aber die Kinder haben sehr darüber gelacht.
Fazit: ein bezauberndes musikalisches Märchen. Hingehen! Es lohnt sich.