Wenn man sich das eigene Leben nicht mehr leisten kann, was liegt da im Zeitalter der Globalisierung näher, als sich selbst »out zu sourcen«? Das zumindest tun in John Maddens »Best Exotic Marigold Hotel« eine Hand voll britischer Rentner, deren Träume vom Alter in Ruhe und Wohlstand sich zerschlagen haben.
Evelyn (Judi Dench) entdeckt nach dem Tod ihres Mannes, dass der ihr nur einen Berg Schulden hinterlassen hat. Die Wohnung muss verkauft werden. Das Angebot des Sohnes, sie bei sich aufzunehmen, lehnt die Mutter freundlich, aber entschieden ab. Nachdem Douglas (Bill Nighy) und Jean (Penelope Wilton) ihre ganzen Ersparnisse in das Start-Up-Unternehmen ihrer Tochter gesteckt haben, das den Weg in die Gewinnzone nicht finden wollte, bliebe ihnen für den Lebensabend nur ein schäbiges Apartment mit einem Handlauf an der Wand und einem Notrufknopf in der Küche. Die langjährige Haushälterin Muriel (Maggie Smith) braucht eine neue Hüfte, auf die das britische Gesundheitssystem sie noch lange warten lassen wird. Graham (Tom Wilkinson) hat sein Amt als Richter gerade niedergelegt, Norman (Ronald Pickup) und Madge (Celia Imrie) machen sich im fortgeschrittenen Alter noch einmal auf die Suche nach einer neuen Liebe. Sie alle stoßen über eine Seite im Internet auf das »Best Exotic Marigold Hotel«, das seiner europäischen Kundschaft einen luxuriösen Lebensabend in exotischer Umgebung zum Schnäppchenpreis verspricht. Bei ihrer Ankunft in Indien stellen die britischen Pensionäre schnell fest, dass die Internetpräsenz nicht ganz den realen Verhältnissen vor Ort entspricht. Der junge Hotelbesitzers Sonny Kapoor (Dev Patel) verspricht zwar eine baldige Angleichung von Vision und Wirklichkeit, aber fürs Erste müssen sich die Gäste in der malerischen Bruchbude einrichten.
Mit »Best Exotic Marigold Hotel« entwirft John Madden eine Culture-Clash-Komödie für die Ü50-Generation, die in den letzten Jahren zunehmend als Zielgruppe fürs Kino entdeckt wird. Der Film lebt vor allem von seinem Ensemble, in dem sich von Judi Dench über Maggie Smith bis hin zu Bill Nighy die Crème de la Crème des britischen Kinos vor exotischer Kulisse versammelt. Allerdings muss sich die erfahrene Schauspielerriege hier nicht wirklich überanstrengen. Die Entwicklungen der Figuren sind übersichtlich: Die verunsicherte Witwe findet zu neuem Selbstbewusstsein, der überloyale Ehemann hinterfragt sein Treuegelübde, der schwule Richter macht sich auf die Suche nach seiner Jugendliebe und die rassistische Haushälterin lernt den Respekt vor fremden Kulturen. Jedes Töpfchen wird am Ende mit einem Deckelchen versehen und dazu kommen von Judi Dench als »Interweb«-Bloggerin hinein geflüsterte Lebensweisheiten, die ein wenig an die Ratschläge in Glückskeksen oder auf Yogi-Teebeuteln erinnern. »Best Exotic Marigold Hotel« ist ein Wohlfühlfilm, der keineswegs unangenehm dahinplätschert. Den Akteuren schaut man gern bei der Arbeit zu. Regisseur John Madden (»Shakespeare In Love«, 1998) beweist erneut seinen leichtfüßigen Inszenierungsstil. Die farbenprächtige Umgebung liefert genug Schauwerte. Und dennoch bleibt ein etwas fader Nachgeschmack übrig. Der rührt vielleicht daher, dass der Film geradezu predigt, dass es nie zu spät sei für einen Neuanfang im Leben, dabei jedoch selbst so wenig Mut zu Neuem beweist und seine graumelierte Zielgruppe auf betuliche Weise unterfordert.