Die Isländer lockten am sonnig warmen Pfingstmontag einige hundert Musikbegeisterte in die Schaubühne Lindenfels und waren mit ihren kühlen Kompositionen genau am richtigen Ort.
Es ist schon sehr verwirrend, wenn die Vorband plötzlich mehr gefeiert wird als der Hauptact. Sóley hat sich in Leipzig bereits einen vielversprechenden Namen erspielt, Sin Fang sind dagegen an der Pleiße noch recht unbekannt. Deshalb wurde Sóley auch mit sattem Applaus gefeiert und der Großteil des Publikums zeigte sich ein wenig enttäuscht, als nach gut dreißig Minuten die Pausenmusik wieder losspielte. Doch die zierliche Dame mit den großen Gläsern ließ sich nicht lange um eine Zugabe bitten. Zusammen mit zwei ihrer Bandfreunde von Sin Fang zauberte sie ein minimalistisches, kühles Klanggewebe mit ihrer wunderbaren Stimme und mit Hilfe von Loopstation, Gitarre, Keyboard und Beatboxeinlagen in die Jugendstilhalle, die genau der richtige Ort dafür zu sein schien.
Als Sin Fang, jetzt verdoppelt, die Bühne unter dem Respekt einflößenden Bogen der Schaubühne betraten, sammelte sich das Publikum erst langsam, um auch der Hauptband eine Chance zu geben. Doch Seabear-Frontmann Sindri Már Sigfússon vermochte es schnell, die Leipziger von seinem mit Field-Recordings aus der isländischen Natur unterlegten Indiepop zu überzeugen. Auch wenn der Sound etwas breiig und viel beatlastiger als auf Platte war und die wohlklingenden Choräle des grandiosen Albums »Summer Echoes« keine Rolle spielten, war man doch von den Livequalitäten hocherfreut. Die unkonventionellen Arrangements und die völlig starre Bühnenpräsenz ließen den Anspruch an die Schönheit der Klänge erkennen. Das von Laptop abgespielte Schaben und Knistern unterstützte die Dynamik des Dargebotenen genauso wie die wunderschöne und gewohnt grandios illuminierte Location selbst. Mit zwei Gitarren, Bass, Laptop, Schlagzeug, Percussion und Keyboard klang das Ganze dann zwar sehr viel kühler und rockiger als auf Platte, aber dadurch wirkte die Konzertsituation umso spannender. Sigfússon sang abwechselnd in drei verschieden effektierte Mikrofone und gab damit der Stimme genau soviel Raum, wie sie brauchte. Und dass Sin Fang angenehm anders als Seabear klingen, hat hoffentlich jetzt jeder begriffen. Auch an die völlige Ausdruckslosigkeit von Sigfússons Gesichts gewöhnte man sich irgendwann. Irgendwas muss es ja schließlich auch auf sich haben mit Omas Gehäkeltem in seinem Gesicht auf den Pressefotos. Diesen Makel schmälerte er mit seinen Ansagen, denn Leipzig erhielt zurecht sehr viel Lob an diesem Abend. Sóleys Frage, ob Dresden oder Leipzig die bessere Stadt sei, wurde nur mit einem überlegenen Kichern beantwortet, was immer das heißen mag.
Sin Fang haben ab heute hier jedenfalls mindestens genauso viele Fans wie ihre Hälfte Sóley und das ist wichtig fürs Gleichgewicht. Wer doppelt Schönes schaffen kann, sollte nicht daran gehindert werden.