Auf über 250 Seiten hat das Amt für Statistik und Wahlen alle wichtigen Zahlen in und um Leipzig zusammengefasst. Die Geburtenrate, Besucherzahlen verschiedener Veranstaltungen oder auch die Anzahl der Bäume in der Stadt. Eben dieses Statistische Jahrbuch hat sich nun das Theater der Jungen Welt (TDJW) zu Gemüte geführt und daraus die Installation »Wie aus Zahlen Erbsen werden« arrangiert. Mithilfe von getrockneten Erbsen und anderen Hülsenfrüchten wurden statistische Fakten visualisiert. Doch wie kann man sich das vorstellen?
»Jedes Korn steht dabei jeweils für einen Menschen«, sagt Matthias Schiffner, Dramaturg am Haus und Schöpfer der Installation. Und welcher Ort eignet sich besser für eine solche Darstellung als das Neue Rathaus? In der Unteren Wandelhalle, dem Eingangsbereich des Rathauses, sind die mehr als 200 gefüllten Plexiglasröhren aufgestellt und können noch bis zum 1. März besichtigt werden. »Jeder Besucher soll seine eigene Perspektive auf Leipzig suchen. Zwischen den visualisierten Zahlen können Querverbindungen gezogen werden, aber auch geschichtliche, soziale und wirtschaftliche Zusammenhänge sind zu finden«, wie Schiffner weiter bemerkt. Ein Rundgang durch die Installation lässt durchaus spannende Dinge entdecken. So wird sichtbar, dass es in Leipzig mehr Tierärzte als Allgemeinärzte gibt und dass Grönemeyer mit seinem Konzert in der Red Bull Arena 2011 mehr Zuschauer hatte als die Skala im ganzen Jahr. Aber auch geschichtlich können durch die Zahlen Rückschlüsse gezogen werden. Betrachtet man die drei Röhrchen, die die Anzahl der Juden in Leipzig 1929, 1945 und 2011 zeigen, so erschauert man bei dem Anblick der mittleren Röhre. Ganze 24 Körner sind darin zu finden. In der ersten waren es noch 14.000.
Jürgen Zielinski, Intendant des TdJW, sagt über die Ausstellung: »Die Aufgabe des Theaters ist es, Kinder, Jugendliche und deren Familien beim Heranwachsen zu begleiten. Mit der Installation wollen wir Fragen an die Bedingungen des Heranwachsens in Leipzig stellen.« Und so kann sich jeder Besucher, egal welchen Alters, wiederfinden. Ob Student, Hundebesitzer, Mitglied im Sportverein oder Senior. Jeder ist in verschiedenen Röhren vertreten und kann so seinen eigenen Blick auf Leipzig werfen. Allzu oft hat man das Bedürfnis, von einem der vier Tische zu einem anderen zurückzulaufen, um Zahlen miteinander zu vergleichen und sich zu versichern, dass man da auch alles richtig verstanden hat. »Zahlen bekommen ihren Wert erst durch ihren Kontext«, sagt Ruth Schmidt, Leiterin des Amts für Statistik und Wahlen dazu ganz treffend. Die Zahlen in einen Kontext zu setzen, so dass jeder Bürger der Stadt etwas Anschauliches, Lebendiges sieht, ist dem TdJW mit »Wenn aus Erbsen Zahlen werden« wahrlich gelungen.
Bleibt nur noch eine Frage, die unter den Nägeln brennt: Wer hat die vielen tausend Erbsen und Körner abgezählt? »Von jeder Sorte haben wir im Theater 3.000 Stück manuell abgezählt und gewogen, um eine verlässliche Gewichtsangabe zu bekommen«, erzählt Schiffner lachend. »Mit einer Feinwaage haben wir die Mengen dann genau bemessen und abgefüllt.«