Aus der Binnenperspektive des orthodoxen Judentums heraus verhandelt ein israelisches Drama auf berührende Weise die Frage nach Glück und Sinn im Leben. Diese Fragen haben sich die Teenies in Sofia Coppolas neuem Werk sicher längst mit Bling, Bling beantwortet. Die 41-jährige Camille befindet sich im Jugendrausch. Thomas Arslans Figuren rauschen durch staubige Wüsten in Westkanada auf der Suche nach Gold. Zwei vielversprechende Jungstars – Logan Lerman und Aaron Taylor-Johnson – toben sich auf der Superhelden-Spielwiese aus – beide im zweiten Durchlauf. Und die Apokalypse findet einfach kein Ende: Nun will auch Matt Damon die Welt retten.
Aufgeregt und verschämt lugt Shira (Hadas Yaron) im koscheren Laden zwischen den Regalen hervor. Die 18-Jährige sah soeben den Jüngling zum ersten Mal, der nach dem Willen der Eltern ihr Bräutigam werden soll. Shira wächst in einer orthodoxen chassidischen Gemeinde in Tel Aviv auf, in der Ehen arrangiert werden. Von Liebesdingen sowie dem Wirrwarr der säkularen Welt hat die junge Frau keine Ahnung und ist überzeugt, ihren Mann fürs Leben zu sehen. Doch dann stirbt ihre Schwester bei der Entbindung – und Shira steht vor einer schweren Entscheidung. Black Box: Aus der den meisten Menschen unbekannten Binnenperspektive orthodoxen Judentums heraus verhandelt das israelische Drama »An ihrer Stelle« die Frage nach Glück und Sinn im Leben. Wenn Shira von ihrer Familie vor die Wahl gestellt wird, ihren Schwager Yochay (Yiftach Klein) zu heiraten, gilt es auch, eine Lücke in der Gemeinschaft zu schließen. Regisseurin Rama Burshtein entführt in ein fremdes Universum. Schematisch laufen selbst persönliche Trauerbekundungen ab, es wirkt wie ein statisches Zusammenleben. Dieser Eindruck wird durch eine ebenso ruhige wie unbewegliche Kameraführung unterstützt, welche auch das exotische Element verstärkt. Diese Milieustudie bewegt sich jenseits von Lob und Kritik; das macht sie erstaunlich. Die Regisseurin lässt einfach alles offen daliegen. Shiras Schicksal berührt – verstehen muss man es dazu nicht. Die ganze Kritik können Sie im aktuellen kreuzer nachlesen.
»An ihrer Stelle«: 15.-21.8., Kinobar Prager Frühling
»Hmm, wo könnte Paris Hilton wohl ihren Haustürschlüssel versteckt haben?«, fragt sich eine Gruppe von Teenagern, die sich Zugang zur Luxusvilla des Superpromi-Girls verschaffen will. »Schau mal unter der Fußmatte«, sagt eine von ihnen. Volltreffer. 2009 machte in L.A. eine Gruppe von Jugendlichen Schlagzeilen, die in die Villen von Prominenten einstieg und dabei Bargeld, Schmuck und Designer-Klamotten im Wert von drei Millionen Dollar erbeutete. Ihre Strategie war denkbar einfach. Sofia Coppola nimmt sich in »The Bling Ring« dieses skurrilen Auswuchses der Promikultur an und entwickelt daraus das interessante Generationsporträt einer Jugend, die die Werte der glamourösen Konsumgesellschaft voll verinnerlicht hat und sich einfach nimmt, was ihnen die Werbung in den Hochglanzmagazinen anpreist. In Filmen wie »Lost In Translation« und »Somewhere« hat Coppola ihre Stärke für eine kontemplative Erzählweise gezeigt und auch in »The Bling Ring« beweist sie sich als sensible Meisterin der Ambivalenz, auch wenn der Film deutlich trubeliger daherkommt als die Vorgängerwerke. In den zahlreichen Einbruchsequenzen spielt »The Bling Ring« mit den klassischen Spannungsmotiven des Kriminalfilms genauso wie mit den Voyeurismusbedürfnissen des Publikums, das wie die Protagonisten in die privaten Gemächer der Reichen und Schönen vordringen will. Die ganze Kritik können Sie im aktuellen kreuzer nachlesen.
»The Bling Ring«: ab 15.8., Schauburg
»Gold«, der neue Film von Thomas Arslan (»Ferien«, 2007), ist langatmig. Jedoch langatmig im besten aller Sinne: Er besitzt, das Adjektiv wörtlich verstanden, einen langen Atem. Der Film bleibt einem in Erinnerung und wirkt angenehm nach. Arslan arbeitet sich mit »Gold« am Genrekino ab, haben wir es hier doch mit einem naturalistischen Spätwestern zu tun. Darin steht untypischerweise eine Frau im Zentrum der Geschichte. Emily Meyer, gespielt von Nina Hoss, schließt sich während des Klondike-Goldrauschs im Sommer 1898 einer kleinen Gruppe deutscher Amerika-Auswanderer an, um sich auf den strapaziösen Weg hinein ins Innere Westkanadaszu begeben . So gemächlich wie das Erzähltempo arbeitet sich auch die Gruppe um die wortkarge Meyer auf Dawson zu. Wunderbar fängt Arslan in natürlichen Bildern – der Film wurde fast ganz ohne Kunstlicht gedreht – die endlosen Weiten und deren mühsame Überwindung ein. Leicht blasse, majestätische Cinemascope-Panoramen werden wiederholt mit Nahaufnahmen der einzelnen Figuren kontrastiert, wodurch die Verlorenheit der Gruppe fast erlebbar wird. In »Gold« sind Emigration, Fremdheit und Anpassung Probleme, mit denen sich auch deutsche Figuren auseinandersetzen müssen. Die ganze Kritik können Sie im aktuellen kreuzer nachlesen.
»Gold«: ab 15.8., Passage Kinos
Camille (Noémie Lvovsky) steht vor einem riesigen Scherbenhaufen, der einst ihre Ehe war. Sicher nicht ganz unerwartet, beschließt Éric (Samir Guesmi) mit einer viel jüngeren Frau ein neues Leben zu beginnen und die Familie zu verlassen. Camille ist am Boden zerstört. Am Silvesterabend will sie nicht alleine sein und so betrinkt sie sich hemmungslos mit ihren alten Freundinnen. Ganz plötzlich wird Camille in die Vergangenheit zurückversetzt: Sie ist wieder 16 Jahre alt. Natürlich trifft sie auch auf ihre große Liebe Éric. Doch diesmal will Camille alles anders machen. »Camille – Verliebt noch mal!« ist ein wild-süßer Mix aus Francis Ford Coppolas »Peggy Sue hat geheiratet« (1986) oder Garry Winicks »30 über Nacht« (2004).
»Camille – Verliebt noch mal!«: ab 15.8., Passage Kinos
Ole (Jacob Matschenz) lebt am nordöstlichsten Zipfel Mecklenburg-Vorpommerns. Sein Lebensinhalt: Moped-Rennen mit den Kumpels (Kostja Ullmann, Pit Bukowski). Das würde auch so bleiben, wenn ihm nicht Opa Karl hinter seinem Rücken einen Praktikumsplatz in Berlin besorgt hätte. Wohnen soll Ole bei seinem Cousin Rokko (Klaas Heufer-Umlauf). Doch Rokko ist von seinem Gast alles andere als begeistert. Schließlich ist sein Vater Manni (Tobias Moretti) seit Jahrzehnten mit der Familie aus der Provinz zerstritten. Dafür verdreht die freche, durchgeknallte Fritzi (Jytte-Merle Böhrnsen) Ole auf der Rückbank eines geklauten Autos den Kopf. Doch mit einem Anruf kommt das Großstadtkarussell ruckartig zum Stehen. Opa Karl ist gestorben. Onkel Manni, Rokko, Fritzi und Ole machen sich auf den Weg zur Beerdigung – und Welten prallen aufeinander. Eine unterhaltsame, aber leider nicht ganz originelle Geschichte.
»Großstadtklein«: ab 15.8., CineStar
Vor einiger Zeit fand Percy Jackson (Logan Lerman) heraus, dass er der Sohn des Meeresgottes Poseidon ist. Nachdem er dem Göttervater Zeus seinen Herrscherblitz wieder zurückgebracht hat, kehrt er mit seinem besten Freund Grover Underwood (Brandon T. Jackson) und seiner neuen Begleiterin Annabeth (Alexandra Daddario) ins Camp der Halbgötter zurück. Doch das Lager wird angegriffen. Auf zum zweiten »Percy«-Spektakel.
»Percy Jackson 2: Im Bann des Zyklopen«: ab 15.8., Cineplex im Alleecenter, Regina Palast
Für »Kick-Ass« Dave (Aaron Taylor-Johnson) und »Hit-Girl« Mindy (Chloë Grace Moretz) stehen die schulischen Abschlussprüfungen bevor und das, obwohl sie sich gerade erst zu einem erfolgreichen Superhelden-Paar zusammengeschlossen haben und mit ganz anderen Dingen beschäftigt sind als mit Schule und Lernen. Als sich Mindy eines Nachts nach draußen schleichen will, um wieder in die Rolle des Hit-Girl zu schlüpfen, wird sie erwischt.
»Kick-Ass 2«: ab 15.8., Cineplex im Alleecenter, CineStar, Regina Palast
Im Jahr 2154 ist die Menschheit in zwei Klassen aufgeteilt: Die Wohlhabenden leben in einer luxuriösen Raumstation namens Elysium. Die anderen, und das sind wesentlich mehr, vegetieren auf dem überbevölkerten, äußerst heruntergekommenen Planeten Erde. Die einen gehen über Leichen, um ihr Luxusschiff im All zu beschützen, die anderen kämpfen verbittert um Gerechtigkeit. Ein weiterer apokalyptischer Aufguss mit den immergleichen Figurenzeichnungen und dem immergleichen Happy-End. Damit ist sicher nicht zu viel verraten. Neill Blomkamp (»District 9«) sehnt in diesem Kinosommer ein weiteres Weltenende, das sich unmerklich von den anderen Visionen unterscheidet, herbei. Nur das Paradies ist ein bisschen anders gestaltet – und der Kampf Gut gegen Böse wird ein bisschen erschwert, da es auf Elysium möglich ist, selbst zerfetzte Körper wieder zu regenerieren.
»Elysium«: ab 15.8., Cineplex im Alleecenter, CineStar, Regina Palast
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Gute Unterhaltung im Kinosessel!