Deutschsprachiger Pop erlebt seit geraumer Zeit eine Renaissance. Doch selten vermag er die Zuhörer(innen) wirklich von der ersten bis zur letzten Minute in seinen Bann zu ziehen. Wer der Leipziger Band Karl die Große am Donnerstagabend im Neuen Schauspiel lauschte, hatte das Glück, genau dies zu erleben.
In der klaren Stimme von Wencke Wollny war stets ein Hauch Melancholie zu spüren, wenn sie von ihren Gedanken über all die Probleme und Eigenheiten zwischenmenschlicher Beziehungen sang. Der Vergleich zu Sophie Hunger drängte sich förmlich auf – ohne Imitation der Schweizerin, die längst nicht mehr nur als Geheimtipp gilt. Von fünf Musikern sowohl instrumental als auch durch Background Vocals unterstützt, stellte die Sängerin die erste EP ihrer im Januar 2013 gegründeten Band mit dem vielsagenden Titel »Mal gucken, was passiert« vor.
Das stilistische Spektrum der Songs von Karl die Große – ausschließlich Eigenkompositionen – ist so vielfältig wie jenes von Sophie Hunger. Es erstreckt sich von nachdenklichen Balladen, wie der ganz eigenen Version von »Die Gedanken sind frei« oder dem ohrwurmverdächtigen »Sanduhrsand«, bis zu Nummern wie »Maigrün« oder dem Titelstück der EP.
Beim Konzert war jedenfalls ersichtlich, dass das Sextett in der Lage ist, das Publikum immer wieder in verschiedenste Stimmungen zu versetzen. Als das Wort »still« metaphorisch durch eine lange Pause betont wurde, hielt jeder buchstäblich den Atem an. Sogar als Wencke Wollny beim Anfang eines Liedes abbrechen musste, weil sie selbst zu lachen begann, hatte es etwas Charmantes, was die Zuhörer zu würdigen wussten. Die Musik von Karl die Große hat alles, was man braucht, um die Texte wirkungsvoll umzusetzen: Steigerungen von minimalistischen bis zu expressiven Passagen und Überraschungsmomente durch unerwartete musikalische Wendungen. Und bei aller Vielseitigkeit weist die Band einen wiedererkennbaren Sound und ein homogenes, songdienliches Zusammenspiel auf, das Lust auf mehr macht.