anzeige
anzeige
Filmkritik

Schaf geschossen

Die Kinostarts im Überblick und was sonst noch Filmisches in der Stadt geschieht

  Schaf geschossen | Die Kinostarts im Überblick und was sonst noch Filmisches in der Stadt geschieht

Im Schatten der Blockbuster tut sich was: Mit der Patricia Highsmith Adaption »Die zwei Gesichter des Januars« findet sich heute ideales Futter für alle, die lieber die Spannung knistern hören, als das Popcorn des Nebenmannes. Die Schaubühne bittet derweil zum Tanz und präsentiert die passenden Filme zum Rahmen der Tangotage. Wer lieber Kino unter freiem Himmel genießen möchte, den lockt es auf die Warze, zur Feinkost oder auf das Spinnereigelände. Es gibt also viele Gründe, diese Woche ins Kino zu gehen. Die Besten gibt es hier.

Film der Woche: Patricia Highsmith war zeitlebens wahrlich keine Menschenfreundin. Mit kühler Berechnung meuchelte sie unzählige ihrer Romanfiguren aus Mittel zum Zweck. Besonders durch ihren ambivalenten Protagonisten Ripley erlangte sie Weltruhm. Hossein Amini, Drehbuchautor des ebenso blutigen wie stylischen Thrillers »Drive«, scheint eine Schwäche für ihre zwiespältigen Charaktere zu haben. Für sein Regiedebüt wählte er einen wenig bekannten Roman Highsmiths, der, dem Januskopf gleich, bei näherer Betrachtung eine mörderische Fratze hinter der aalglatten Fassade offenbart.

Der Kleinkriminelle Rydel (Oscar Isaac) verdient sein Geld auf den Straßen Athens mit reichen Touristen, denen der charmante Amerikaner das Geld aus der Tasche zieht, ohne dass es ihnen bewusst wird. Das wohlhabende Ehepaar Chester (Viggo Mortensen) und Colette MacFarland (Kirsten Dunst) hat den Gauner gleich durchschaut und lässt sich trotzdem von ihm die Stadt zeigen. Colette fühlt sich zu dem smarten Beau hingezogen, zumal in ihrer Ehe nicht alles so rosig ist, wie es scheint. Der Börsenspekulant Chester hat ernsthafte Liquiditätsprobleme und musste die Staaten verlassen. Er ertränkt seinen Frust zunehmend in Alkohol. Als er eines Nachts von einem Privatdetektiv überrascht wird, eskaliert die Situation und Rydell wird unfreiwillig mit hinein gezogen.

Die Flucht hat etwas von Chesters Alkoholrausch. Bildertrunken reist der Plot zu den Sehenswürdigkeiten entlang der Ägäis. Der Kater lässt nicht lange auf sich warten und die Sonne brennt unbarmherzig auf alles hernieder. Wir beobachten – wie schon bei der bekanntesten Highsmith-Adaption »Der talentierte Mr. Ripley« – mit kühler Distanz, während es zwischen den Figuren brodelt. Spätestens vor dem letzten Akt ist von der Ausgangslage der Figurenkonstellation längst nichts mehr zu spüren. Folgenschwere Entscheidungen wurden getroffen, die Moral blieb auf der Strecke. Greece Noir – ein rabenschwarzer Krimi, dessen drei Hauptdarsteller vortrefflich interagieren.

»Die zwei Gesichter des Januars«: ab 29.5., Passage, Schauburg

Ein Verrat hat Maleficents reines Herz einst zu Stein verwandelt. Auf Rache sinnend versucht sie mit allen Mitteln ihr Reich aus Moor und Wald zu beschützen und belegt schließlich Aurora, das neugeborene Kind des Königs, mit dem grausamen Fluch, den wir alle kennen: Noch vor ihrem 16. Geburtstag wird Aurora sich an einer Spindel stechen und in einen todesähnlichen Schlaf fallen. Als die Königstochter allerdings über die Jahre heranwächst, erkennt Maleficent nach und nach, dass Aurora selbst der friedenbringende Schlüssel zu allem ist – auch zu ihrem eigenen Glück. Düsteres Fantasy-Märchen aus der Disney-Schmiede mit Angelina Jolie als dunkle Fee, angelehnt an den Klassiker »Dornrößchen«.

»Maleficent – Die dunkle Fee«: ab 29.5., CineStar, Regina

Seth MacFarlane hat sich in den letzten Jahren eine enorme Fanbase erarbeitet. Ob sie allerdings mit seinem neusten Streich zufrieden ist, muss sich zeigen. Der Schöpfer von »Family Guy« und »Ted« legt eine schmutzige Hommage an den Western vor, mit allem, was dazugehört: Indianer, Barprügeleien, ein Freudenhaus und Pferde. Nur ist der Protagonist, den MacFarlane gibt, alles andere als ein Revolverheld und nörgelt fortwährend über die archaischen Umgangsformen. Dennoch bekommt er die hübsche Maid (Charlize Theron) und bringt den Bösewicht (Liam Neeson) zur Strecke, denn das Drehbuch legt deutlich weniger Substanz an den Tag als die detailverliebte Ausstattung. Hinzu kommt reichlich Pipi-Kaka-Humor weit jenseits der Geschmacksgrenze.

»A Million Ways to die in the West: ab 29.5., CineStar, Regina

Major Bill Cage (Tom Cruise) verfügt über keinerlei Kampferfahrung, als er ohne Vorwarnung zu einem Einsatz abkommandiert wird, den man nur als Selbstmordkommando bezeichnen kann. Cage wird innerhalb weniger Minuten getötet, landet aber unbegreiflicherweise in einer Zeitschleife, die ihn dazu verdammt, dasselbe grausige Gefecht ständig aufs Neue zu durchleben: Wieder und immer wieder muss er kämpfen und sterben. Doch mit jeder Auseinandersetzung gewinnt Cage an Erfahrung und reagiert immer versierter auf die Gegner, wobei ihn die Kämpferin Rita Vrataski (Emily Blunt) von den Special Forces tatkräftig unterstützt. Indem sich Cage und Rita dem Kampf gegen die Außerirdischen stellen, ergibt sich aus jedem wiederholten Einsatz eine neue Chance, die Alien-Invasoren zu überwinden. Zu viel Militärgebaren und allerlei Zeitreiselogiklöcher machen den Film nur für Kinobesucher auf der Suche nach Hirn-aus-Action lohnenswert.

»Edge of Tomorrow: ab 29.5., CineStar, Regina

Die Filmtermine der Woche

Wanderkino

Alle Jahre wieder: Das Wanderkino gastiert im Mai auf der Warze im Clara-Zetkin-Park und erinnert unter freiem Sternenhimmel an alte Klassiker der Stummfilmzeit. Gezeigt werden aber nicht nur bekannte Klassiker, sondern auch vergessene Filmwerke. Live-Begleitung!

The Garage (Buster Keaton, 1922), Shoulder Arms (Charlie Chaplin, 1918), Der Trinker (2012), Krieg und Frieden (2012), Stummfilme von Oskar Fischinger (1927-1942) - Gunthard Stephan (Violine), Tobias Rank (Piano): 26./27.5.

Traumwelten – Animationsfilme zwischen Fiktion und Wirklichkeit von Kurz Weiler, Jiri Trna, Hermina Tyrlova, David O'Reilly - Musik: LU:V: 28./29.5.

The Vagabund (Charlie Chaplin, 1916), Every Day (Hans Richter, 1929), Eine Straßenbahnfahrt durch Leipzig (1928), Cops (Buster Keaton, 1922) - Gunthard Stephan (Violine), Tobias Rank (Piano): 30./ 31.5.

Beginn jeweils 21.30 Uhr, Clara-Zetkin-Park

 

Filme im Rahmen der Tango Tage Leipzig 2014

Tango Bar

(Argentinien 1988, 89 Min., OmU. R: Markos Zurinaga, D: Raul Julia, Valeria Lynch, Ruben Juarez

Getanzte Erotik damals und heute: Tanz- und Musikfilm rund um den Tango Argentino. Wer keine tiefgekühlte Seele hat, wird sich der Erotik des Tango kaum entziehen können, noch dazu, wenn er so hinreißend getanzt wird wie hier: Raul Julia ("Der Kuß der Spinnenfrau«) spielt den Pianopoeten Ricardo. Zwischen ihm und dem Bandoneon-Virtuosen Antonio steht die Sängerin Elena; der betörende Film wird zum Dreiecksdrama. Sehenswert wird „Tango Bar« durch eine brillante Choreografie sowie Ausschnitte aus alten Filmen, die die weltweite Beliebtheit, aber auch die Wandlung des Tango in zahmere Formen der Salon-Unterhaltung dokumentiert.

30.5. 20 Uhr, Schaubühne Lindenfels

Sur

(ARG/F 1987; OmU R: Fernando E. Solanas; D: Miguel Ángelsolá, Susú Pecoraro, Philippe Léotard)

Düstere Bilder und Tango-Musik (von Astor Piazzolla), morbide Räume und poetische Texte – Floral bewegt sich nach seiner Entlassung aus dem Knast ziellos durch die Nacht, bis die Vergangenheit lebendig wird. Voller Sehnsucht nach Freiheit und Glück, lässt einen dieser Film nicht so schnell wieder los.

31.5. 20  Uhr, Schaubühne Lindenfels

Despabilate Amor

(ARG 1990, 98 min. R: Eliseo Subiela; D: Darío Grandinetti, Soledad Silveyra, Juan Leyrado, )

»Despabilate Amor« kreist um das Thema der Erinnerung, lässt zwei Männer nach 25 Jahren den Traum eines Wiedersehens mit ihren Jugendbekanntschaften träumen und dabei eine andere Epoche aufleben: von der Zeit des Rock'n'Roll bis zur Zeit der ersten Mondlandung. Eine surrealistische Geschichte, die an Luis Bunuels »Raffinenent« und Ingmar Bergmans metaphysische Dimensionen, an Cocteaus Phantasie und Woody Allens Humor erinnert.

28.5. 22.00 Uhr, Schaubühne Lindenfels

The Tango Lesson

(GB, F, ARG, D, NL 1997 von Sally Potter, 100 Min. Darsteller: Sally Potter, Morgane Maugran, Géraldine Maillet)

Während Filmemacherin Sally an einem Drehbuch für Hollywood schreibt, welches ihr immer weniger gefällt, entdeckt sie den Tango. Sie nimmt Unterricht bei Pablo, einem argentinischen Tangotänzer. Im Laufe der Tanzstunden verlieben sie sich ineinander und schließen einen Handel ab: Wenn er eine Tangotänzerin aus ihr macht, wird sie einen Filmstar aus ihm machen. Mit den berühmten Tänzern Pablo Verón, Gustavo Naveirra und Fabian Salas als Darsteller.

29.5. 20.00 Uhr, Schaubühne Lindenfels

Snowpiercer

Die Cinémathèque begrüßt Jean-Marc Rochette, Zeichner der Graphic Novel, die als Vorlage diente für Bong Joon-hos (»Mother«) düsteres, postapokalyptisches Science-Fiction-Drama, in dem ein Zug der Hoffnung durch die Welt in der Eiszeit rauscht. Das Gespräch leitet Jens Meinrenken, Doktorand an der Universität der Künste Berlin.

4.6. 20 Uhr, Cinémathèque in der naTo

Viel Spaß im Kino!


Kommentieren


0 Kommentar(e)