»Nimm die Pfefferminze!«, »Nein, den roten Fisch.« Zuschauerhilfe hin oder her, Piratenanwärter Guybrush Threepwood greift glücklicherweise zum Roten Hering, der Troll ist zufrieden und lässt ihn passieren. Er wollte sich nur mit einem Gegenstand zufriedengeben, der wichtig aussieht, aber irrelevant ist. An dieser Szene kann man gut absehen, welche Klippen eine Inszenierung umschiffen muss, die »Monkey Island« irgendwie bühnenförmig gestalten will. Soviel vorweg: Der Versuch in Halle gelingt für Hardcore-Fans des Spiels bis zur Hälfte, wer das Spiel nicht kennt, wird den Abend mit großer Wahrscheinlichkeit als Kielholen empfinden.
»Monkey Island«? Wer diese Frage stellt, hat in der Inszenierung der Kulturreederei in Halle schon verloren. Immerhin erschien der Versuch, den ersten Teil dieser Grafik-Adventure-Reihe auf die Bühne zu wuchten, verwegen genug, um auch kreuzer online dafür zu interessieren. Der erschien vor 24 Jahren, verzückte durch seine gruslig-fantastische Freibeutergeschichte und den schwarzen Humor. Im Plot hilft man der Hauptfigur Guybrush Threepwood dabei, Pirat zu werden, in dem man ihn mit anderen Figuren Dialoge führen lässt und Gegenstände sucht, mit denen sich Rätsel oder knifflige Situationen lösen lassen. In die Karibikidylle tritt alsbald eine untoter Kapitän, der die Gouverneurstochter entführt, für die Guybrush hitzig entflammt ist. Klar, dass er sich als Rettungsanker ins Zeug legt.
Diese Geschichte wird also in Halle nachgespielt. Ja: nachgespielt. Allen Ankündigungen zum Trotz, hier irgendwie computerspielgerecht zu inszenieren oder einen besonderen, dem Medium angemessenen Dreh zu finden, erwiesen sich als Nebelkerze – also als Red Herring. Nennt sich wohl Marketing, so etwas. Die einzige kurze Publikumsinteraktion ist oben angerissene Frage, was man dem Troll schenken soll. Das ist schon etwas merkwürdig, eine Geschichte zu sehen, die man vom eigenen Durchspielen kennt und hier nicht mitmachen kann. Immerhin geht das Spiel anfangs noch auf. Die Kulisse ist aus Pappmachee, sieht immer bescheiden aus, passt aber in ihrer Konsequenz – wirklich alles ist aus Pappe, auch alle Requisiten – ganz gut als Umsetzung der pixeligen »Monkey Island«-Grafik. Dank selbstgebauter Drehbühne, die ein Pirat mit Muskelkraft antreibt, wird der Szenenwechsel nach links und rechts, den der Spieler beim Screenverlassen erlebt, bühnentauglich abgebildet. Zur Bühnenlinken steht ein Pappregal, das als Guybrush’ Inventar dient, er also alle gefunden Gegenstände hier ablegt.
Die Figuren sind arg überzeichnet, auch das fügt sich angemessen ins Bild. Auch ihr mangelndes Schauspielerhandwerk ist da nicht wirklich störend, unterstützt seltsamerweise den Trashfaktor umso mehr. Bis zur Pause wird die Handlung ausgespielt, die absurden Dialoge – »Du kämpfst wie ein dummer Bauer.« »Wie passend, du kämpfst wie eine Kuh«; »Hey, jedem fällt es schwer, seinen Atem frisch zu halten, wenn es außer Ratten nichts zu essen gibt.« – kommen so schön zur Geltung. Ob Möwenszene mit loser Planke, pointenreiche Schwertübungen oder die unvermeidlichen Dialogwiederholungen: Alles ist detailliert dargestellt und man merkt der Regie (Martin Kreusch) die Liebe zum Adventure an. Es gibt ein paar für Bühne genommenen Abkürzungen, ums dramaturgisch anzupassen und sogar auf den Übersetzungsfehler »Gummihuhn mit Karabinerhaken« wird hingewiesen – viele verstehen da aber nur noch Bahnhof. Und nach der Pause wird dieser ausführliche Pfad verlassen und im Schnelldurchlauf der Plot noch zu Ende gespielt. Und da hört dann auch für Insider der Spaß auf. Nun sieht man nur noch schlechte Darsteller in einer Qualität, die man nicht Amateurtheater nennen möchte, um die vielen guten Laienbühnen nicht zu diskreditieren. So zäh fallen die letzten 45 Minuten aus, dass man sich als Alternative Diskettenwechsel und Ladezeit von damals herbeisehnt, denn der war wenigstens mit Vorfreude also Spannung verbunden. »Bitte legen sie Diskette 7 von 12 ein.«
http://youtu.be/B49ujzMCXnE