Leipzig liebt DOK: In den kommenden Tagen bestimmt die weiße Taube auf leuchtend rotem Grund wieder das Stadtbild. In den Kinos und davor, an der DOK Box am Markt und einfach überall dort, wo die Beutel strahlen – wenn die teils von weit her angereisten Besucher und Filmschaffenden, Künstler und Konsumenten die Innenstadt beleben, herrscht angenehmes Festivalfeeling. Da muss das reguläre Kinoprogramm erstmal zurückstecken: Unser Film der Woche, der wunderbar tragikomische »Am Sonntag bist du tot« läuft daher, ebenso wie die angenehm unverkitschte Ballade »Hin und weg«, nur bis Montag und setzt dann eine Woche aus. Also am besten noch an diesem Wochenende einplanen, denn ab Montag ist Leipzig wieder Tor zur (Animations-)Welt.
Der kreuzer begleitet das Festival mit täglichen Beiträgen auf dem Dokblog. Wir sehen uns irgendwo im DOK-Dreieck zwischen Zentrum, Cinémathèque und Schaubühne Lindenfels.
Film der Woche: Ein dreckiges Nest irgendwo an Irlands rauer Küste. Die Wellen türmen sich jenseits des Strands und liefern der Geschichte eine monumentale Kulisse. In dieser unwirschen Gegend steht ein Mann Gottes als letzter Aufrechter unter Geläuterten. Der Dorfpriester James Lavelle (Brendan Gleeson) ist im Grunde seines Herzens ein guter Mann. Zwar ließ er seine Tochter zurück, als ihre Mutter starb, und trägt seitdem ein beachtliches Alkoholproblem mit sich herum. Doch den Talar, den er sich damals überwarf, trägt er aus Überzeugung. Der weiße Kragen zieht sich immer enger zu, als er eine Morddrohung erhält und praktisch jeder in der kleinen Kommune als Mörder in Frage käme. Statt wegzurennen, macht Lavelle sich auf die Suche nach seinem Henker. Regisseur McDonagh zeigt die hässlichen Facetten seiner Figuren in schillernden Farben. Alle Einwohner um Lavelle herum haben eine dunkle Seite und kommen als Mörder in Frage. Mit zynischem Witz und emotionaler Tiefe verleiht er seinen Figuren Konturen und hält die Spannungsschraube bis zum Showdown am Strand auf Anschlag. Ein meisterhafter Thriller und ein großes Drama über Glaube und Moral. Eine ausführliche Kritik und ein Interview mit Gleeson und McDonagh gibt’s im aktuellen kreuzer.
»Am Sonntag bist du tot«: ab 23.10., Passage Kinos (auch OmU)
Hannes (Florian David Fitz), seine Frau Kiki (Julia Koschitz), das Pärchen Dominik (Johannes Allmayer) und Mareike (Victoria Mayer) und der überzeugte Single Michael (Jürgen Vogel) kennen sich schon eine halbe Ewigkeit. Jahr für Jahr schwingen sie sich aufs Rad und fahren gemeinsam an einen anderen Ort. Diesmal hat Hannes die Wahl und er entscheidet sich für Belgien. Gemeinsam mit seinen Freunden und seinem Bruder Finn (Volker Bruch) macht er sich auf den Weg. Das Ziel in Oostende hat jedoch eine besonderen Grund: Hannes leidet an einer unheilbaren Nervenkrankheit und will seinem Leben ein Ende setzen. Diese Reise soll seine letzte sein. Der Schock sitzt, aber irgendwie raffen sich alle wieder auf und jeder der Freunde hat seine eigene Art, mit der Nachricht umzugehen.
Der Umgang mit dem Tod kann im Kino schnell unangenehm kitschig werden. Christian Zübert („Dreiviertelmond“) setzt daher ganz auf die Freundschaft seiner Figurenkonstellation und kann auf ein hervorragendes Ensemble bauen. So fließen zwar reichlich Tränen auf und mit Sicherheit auch vor der Leinwand. Dazwischen stiehlt sich aber immer wieder ein breites Grinsen.
»Hin und weg«: ab 23.10., Passage Kinos
Die Filmtermine der Woche
Filmnacht - Zwei Filme über Frauen in dieser Welt
Gezeigt werden die Dokumentationen »Schlagstock unterm Sari - Indiens Frauen wehren sich« (D 2013) und »Dolma - Am Ende der Welt« (F 2009).
23.10., um 19:00 Uhr, Frauenkultur
Pornös und Analog - ein erotischer Streifzug durch die Lichtbildkunst
Nackte Tatsachenberichte: Unter dem Titel »Pornös und Analog« präsentiert das Luru einen erotischen Streifzug durch die Lichtbildkunst. Dabei werden allerlei historische Kuriositäten zu Tage gefördert. Eingestimmt wird mit einem Diavortrag mit DEFA-Aktlichtbildern zum Thema »Akt und Landschaft und Automobile«. Im Anschluss gibt es schwedische Hygienefilme auf Super 8 unter dem Titel »Mädchen vor dem Spiegel« und einen DDR-Aufklärungsfilm auf 16mm unter dem schönen Titel »So was sagt man nicht«. Den Abend rundet die polnische erotische SciFi-Komödie »Sexmission« von der 35mm-Rolle ab, in der zwei männliche Astronauten in einen totalitär regierten Frauenstaat stolpern. Die laute, aber hintersinnige Satire auf den Geschlechterkampf von Regisseur Juliusz Machulski feierte 1985 seine Premiere zuerst in der DDR und bietet laut Filmdienst einen »amüsanten und intelligenten Spaß, mit viel erotischem Beiwerk«. Na dann …
24./25.10., 19 Uhr, Luru Kino in der Spinnerei
10. KlangKino
Film mit Livemusikbegleitung. Diesmal mit der Band The Coins, die Ang Lees »Taking Woodstock« (USA 2009) musikalisch untermalt.
25.10., 19 Uhr, Cineding
Im Kampf mit dem Berge - 1. Teil: In Sturm und Eis
Das Stummfilmkino im Grassi mit Live-Begleitung von der historischen Orgel geht in eine neue Saison mit »Eine Alpensymphonie in Bildern« aus dem Jahre 1921. Mit Einführungen von Veit Heller und Claudia Cornelius
25.10., 16 Uhr, Grassi-Museum Leipzig
Lange Nacht des osteuropäischen Film-Undergrounds
- mit Dr. Claus Löser (Archiv Ex Oriente Lux) und Diskussion mit Alexander Pehlemann
26.10., 20 Uhr, Baustelle/Schauspielhaus
König der Kinder
Gegen Ende der Kulturrevolution wird Lao Gan, ein gebildeter junger Mann aus der Stadt, der sieben Jahre zur Umerziehung auf dem Land arbeiten musste, zum Dorfschullehrer ernannt. Nun ist er König der Kinder, wie man Lehrer im alten China nannte. Frühwerk von Kaige Chen (»Lebewohl, meine Konkubine«).
29.10., 19 Uhr, Konfuzius-Institut Leipzig
57. Internationale Festival für Dokumentar- und Animationsfilm
27.10. – 2.11.
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