Ruhepause im Kino: In dieser Woche gilt es durchzuatmen, vor dem Sturm der Sommerblockbuster. Zeit, die Highlights der vergangenen Wochen nachzuholen, die ihr weiter unten in der Märzausgabe der Flimmerzeit finden könnt. Eine echte Empfehlung gibt es aber doch noch: Das tragikomische Kleinod »Zu Ende ist alles erst am Schluss« startet in den Programmkinos und unterstreicht mal wieder das Alleinstellungsmerkmal des französischen Kinos. Keine andere Kinematographie erzählt so leichtfüßig und weise vom Leben in all seinen Facetten. In diesem Sinne: Vive le cinema!
Film der Woche: Romain (Mathieu Spinosi) hat sein Leben nur bedingt im Griff. Zur Beerdigung seines Großvaters kommt er zu spät. Und anstatt sein literarisches Talent zu fördern, entscheidet er sich für einen Job als Nachportier. Im Leerlaufmodus findet er nur zu gern Zeit, sich um seine frisch verwitwete Oma Madeleine (Annie Cordy) zu kümmern. Die wird von seinen Onkeln und seinem gerade in Rente gegangenen Vater (Michel Blanc) nach einem Sturz allerdings in einem Seniorenheim einquartiert. Weil die eigentlich noch recht rüstige Rentnerin sich damit aber nun überhaupt nicht anfreunden kann, beschließt sie kurzerhand, sich abzusetzen. Immerhin gibt sie der Verwandtschaft aber Hinweise auf ihren Aufenthaltsort. Unterdessen entfremdet sich Romains Mutter (Chantal Lauby) vom unentspannten Vater und auch sein bester Kumpel Karim (William Lebghil) beweist in Liebesdingen nicht gerade ein glückliches Händchen.
Von den bisher rund ein Dutzend Büchern des französischen Autors David Foenkinos wurde bisher nur eines, »Nathalie küsst«, von ihm selbst verfilmt. Der Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler Jean-Paul Rouve (»Who Killed Marilyn?«) transportiert nun die heiter-melancholische Stimmung des Romans »Souvenirs« auf die Leinwand. Darin glänzt vor allem die 86-jährige Grand Dame Annie Cordy: Sie spielt die patente Madeleine, die auch noch für Mitte 60 durchgehen könnte, charmant, lebensnah und mit großer Wärme. Ausführliche Kritik von Peter Hoch im aktuellen kreuzer.
»Zu Ende ist alles erst am Schluss«: ab 26.3., Passage Kinos
Susi Q und Mark sind Mitte dreißig und weit weg von Zuhause, Verantwortung und Zukunft. Das Hier und Jetzt ist entscheidend und das liegt in Barcelona, einer weiteren Station auf ihrer Weltreise, mit deren Eindrücken sie ihren Blog füllen. Liebe ist zwischen ihnen kein Thema, denn Susi liebt Frauen und sie sind einfach beste Freunde in ihrem Traum von Leben. Aber jeder Traum geht einmal zu Ende und das winterliche Berliner Pflaster der Realität ist hart und trifft Susi mit voller Wucht. Die Wohnung ihrer verstorbenen Mutter ist unbewohnbar, die Suche nach einem Finanzier der nächsten Reise ausweglos und dann überrascht sie Mark auch noch mit seiner neuen Liebe Vivian. Die Pläne, die die beiden gemeinsam schmiedeten, geraten in Vergessenheit und Susi will nur noch weg aus Deutschland – aber nicht ohne Mark. Was die Gestrandete so alles anstellt, um ihren Freund zurück zu gewinnen, treibt die Geschichte voran und immer absurdere Blüten. Deren schillernde Farben verleihen dem bekannten Liebesfilmplot im unwirtlich-grauen Berlin eine angenehm eigenwillige Note. Jonas Grosch (»Résiste – Aufstand der Praktikanten«) fängt die Orientierungslosigkeit seiner Generation pointiert ein und seine Schwester Katharina Wackernagel verkörpert sie hemmungslos. Eine charmante Großstadtballade mit Verve und Witz. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.
»bestefreunde«: ab 27.3., Luru Kino in der Spinnerei
Vegan ist das Schlagwort der Stunde und längst von der Werbung entdeckt worden. Lars Oppermann hat einen »veganen« Film gedreht. Der Dokumentarfilm »Los Veganeros« konzentriert sich auf die ideelle Dimension des Themas, abseits des Marketings.
Wie sind sie auf die Idee gekommen, einen veganen Film zu drehen?
LARS OPPERMANN: Ich lebe jetzt seit zwei Jahren vegan. In den ersten Wochen fragten mich viele Leute nach den Gründen für den Wandel und fast immer endeten diese Gespräche in energieraubenden Diskussionen. Der Film ist eine Möglichkeit für ein klares Statement, mit dem man viele Menschen auf einmal erreichen kann, ohne irgendwem das Gefühl zu geben, dass man ihn gerade belabern will. Als Veganer hat man ja sehr oft das Gefühl sich mitzuteilen, um auf die unfassbar schlimmen Zustände in der Fleisch und Milchproduktion aufmerksam zu machen. Der Film ist eine Chance, seine Stimme zu erheben.
Welche Ziele verfolgen Sie damit?
OPPERMANN: Wir hoffen natürlich, dass wir viele Leute damit erreichen. Aber jenseits der zählbaren Erfolge ist es schon jetzt ein sehr schönes Gefühl, einfach mal eine Hommage an alle Veganer und Vegetarier verfilmt zu haben, die jeden Tag aufs Neue mit der Wahl ihres Essen das richtige Zeichen setzen. Außerdem hat mich der Film etwas ruhiger gemacht. Vor einem Jahr noch stand ich an den Supermarktkassen und hätte vor Wut platzen können, wenn ich hilflos mit ansehen musste, welche Mengen Fleisch die Leute völlig selbstverständlich in ihrem Einkaufswagen legen. Heute denke ich, es ist gut, dass wir den Film haben, in der Hoffnung, dass ihn der Kunde neben mir irgendwann sehen wird.
»Los Veganeros« – Sonntagsmatinee in Anwesenheit des Regisseurs Lars Oppermann und der Darstellerin Rosalie Wolff: 29.3., 11.30 Uhr, Passage Kinos
Die Flimmerzeit im März
Die Filmtermine der Woche
Das Filmriss Filmquiz
Sie graben in der dunklen oder auch unterhaltsamen Vergangenheit der Stars und Sternchen, graben lustige Fotografien von früher aus und wissen spannende Drehnotizen. Das Moderatorenteam fragt sich wieder quer durch die Filmgeschichte und hat jede Menge tolle Preise im Gepäck.
26.3., 20 Uhr, Conne Island
139... Les derniers prédateurs
Actiondrama aus Kamerun über die Korruption und Unterdrückung unter den Diktaturen in Afrika. Der Filmemacher Richard Djimeli wurde 2013 entführt und zahlreiche Schauspieler des Films erhielten Morddrohungen.
27.3., 19.30 Uhr, Cineding
The Three Musketeers
Erste Verfilmung des Romans von Alexandre Dumas. In den Zwanziger Jahren war Douglas Fairbanks für eine riesige Fangemeinde der Superstar und romantische Held des Kinos. Die meisten seiner Stunts übte er persönlich aus. Kinoorgel live
28.3., 18 Uhr, Grassi-Museum Leipzig
Alfred-Hitchcock-Filmreihe
Ende April jährt sich der Tod von Alfred Hitchcock zum 35. Mal. Der Regina Palast zeigt in seiner Classic-Filmreihe fünf Meisterwerke des Master of Suspense am Stück: den Tierhorrorfilm »Die Vögel«, den voyeuristischen Krimi »Das Fenster zum Hof«, den Psychothriller »Marnie«, »Psycho« – sein wohl bekanntestes Werk – und schließlich Höhenkoller mit »Vertigo – Aus dem Reich der Toten«. Zehn Stunden Spannung pur!
29.3., 13 Uhr, Regina Palast