Zehn Mal war André eher ungewollt bei seinem Klassentreffen. Was er da so durchmachen musste, erzählt der Blogger und Autor André Herrmann in seinem Debütroman »Klassenkampf«. Am Mittwoch stellt er ihn im Horns Erben vor.
Kann ein Buch zu lustig sein? Nein, sagt André Herrmann und verweist auf »Die nackte Kanone«: »Das Ziel dieses Filmes ist es, in jeder Minute dreieinhalb Witze unterbringen.« Herrmanns Ansatz ist ähnlich. In seinem Debütroman »Klassenkampf« jagt eine Pointe die nächste.
Die Story ist schnell erzählt: Protagonist André landet, ohne es wirklich zu wollen, nach dem Abitur jedes Jahr um die Weihnachtszeit beim Klassentreffen in der sachsen-anhaltischen Heimatkleinstadt und trifft dort Menschen wieder, deren Lebensläufe und Alltagsprobleme ihn herzlich wenig interessieren. Und doch stellen sich automatisch Fragen wie: Was will ich in meinem Leben erreichen? Oder wenigstens im nächsten Jahr? Fragen, auf die »Antreh«, wie er von seinem durchgedrehten Kumpel Maik genannt wird, jedes Jahr aufs Neue keine Antwort weiß. Quarterlife-Crisis heißt das dann auf dem Buchrücken.
Dass das fast unerträglich lustig wird, liegt an Herrmanns Erzählweise, die ganz klar von Lesebühnen und Poetry Slams geprägt ist. In der Szene ist der 29-Jährige alles andere als ein Unbekannter, ob als Gründungsmitglied der Lesebühne Schkeuditzer Kreuz, mit Julius Fischer als »Team Totale Zerstörung« oder neuerdings auch als Autor für die MDR-Show »Comedy mit Karsten«. Eine Erzählweise also, die auf sofortiges Lachen und Applaus abzielt. Witz ist immer und überall: Die permanent Kinder gebärende Ex-Mitschülerin, der Nebenjob beim Internetversandhandel, der sich jährlich steigernde Alkoholkonsum des Bundeswehrsoldaten, die besorgten Fragen der Eltern und die Scheiß-drauf-Haltung von Maik. Die Vermutung, dass ein Großteil davon autobiografisch ist, liegt nahe, aber die meisten Situationen dürften jedem bekannt vorkommen, der schon mal in einer Kleinstadt gelebt, ein Klassentreffen besucht oder zu viel Bier getrunken hat.
Im Roman selbst sagen Ex-Mitschüler zu Antreh: »Ich habe dein Blog gelesen.« Was sagen sie nun zum fertigen Buch, das von ihnen handelt? »Noch gab es wenige Reaktionen, außer Mails, in denen ’krass’ stand«, sagt Blogger Herrmann, der beim nächsten Klassentreffen auf einen Auftritt von Slayer hofft. Und die Eltern, die zur Buchpremiere kamen? Die fanden es … »witzig«.