Im Herbst kommt »Der schwarze Nazi« von den Leipziger Regiebrüdern Tilman und Karl-Friedrich König in die Kinos. Doch demnächst schon startet im Juli bundesweit die Produktion »Heil« von Dietrich Brüggemann, die überaus erstaunliche Ähnlichkeiten im Plot aufweist: In beiden Filmen bekommt ein Schwarzer in Ostdeutschland von Neonazis einen Schlag auf den Kopf und wird daraufhin selbst zum Nazi. Zusätzlich sind Figurenkonstellation sehr ähnlich angelegt – darüber denke man, was man wolle.
Die Filmgruppe Cinemabstruso hat – flankiert von Aloysius Itoka, dem Hauptdarsteller und Bernd Schuhmacher, Ko-Produzent des Films – zur Pressekonferenz ins Luru-Kino in der Spinnerei geladen, um über einen Naziüberfall während der Dreharbeiten und den aktuellen Stand der Postproduktion zu berichten, einen ersten Teaser zu zeigen und sich kritisch zu äußern zum eben genannten Verdacht des Plagiats ihrer Idee, die durch eine Crowdfunding-Kampagne der Öffentlichkeit bekannt wurde.
Aneignen nennt es der Gebildete, schrieb Shakespeare einmal. Es gibt – sicherlich je nach Gemütszustand – viele andere Beschreibungen dafür, egal ob sich jemand nun als gebildet bezeichnet oder nicht: Ideenklau, Diebstahl, Nachahmung, Doublette, Anleihe, Abklatsch. Der Hauptunterschied zwischen den Filmen in diesem Fall wird jedoch bleiben, dass »Der schwarze Nazi« gegenüber »Heil« formal einen anderen Zugang wählt: Bei einer Groteske können sich die beiden Regisseure realistischer Härte und dokumentarischer Schärfe bedienen und mit den Mitteln der Umkehrung und Satire arbeiten. Der Trailer zu Brüggemanns Film wirkt mit seinen Humorklischees und seiner Klamaukunterfütterung etwas weich gezeichnet, was auch leicht zu einer (wenn auch ungewollten) Relativierung der behandelten Thematik führen kann. Natürlich erreicht man damit wahrscheinlich ein größeres Publikum. Die Groteske allerdings funktioniert auf beiden Ebenen: der Ernsthaftigkeit einer realitätskonformen Bodenhaftung und humoresk-symbolischen Stilisierungen. »Sie konfrontiert einen immer wieder mit inhaltlichen oder formalen Spitzen, in denen der Film aus seiner eigenen Wirklichkeit herausspringt«, sagt Tilman König.
Die Urheberrechtssituation in Deutschland ist diffizil. Die beiden Regisseure haben auch gar nicht vor, rechtliche Schritte zu unternehmen. Bei einem Gegner wie Warner und seiner perfiden Anwaltschar sollte man sich so etwas ohnehin gut überlegen. Zuerst einmal wollen sie den Film schauen, um dann das Gespräch zu Brüggemann zu suchen. Das könnte ein sehr interessanter Dialog werden – die Wahrheit werden sie dabei wohl aber nicht erfahren. Egal, wie sich die Dinge entwickeln mögen, es bleibt ein unumstößlicher Fakt bestehen: Der Stoff des »Schwarzen Nazi« wurde in Leipzig entwickelt. Von den Gebrüdern König. Wir können uns darauf freuen, wenn dann der Leipziger Film ins Kino kommt.