Hunter S. Thompsons Buch »Fear and Loathing in Las Vegas« galt lange als nicht verfilmbar. Drogenexzesse, Introspektion, keine Dramaturgie – wie soll man einen solchen Strudel auf Film bannen? Es dauerte viele Jahre, bis Terry Gilliam sich der Sache annahm und mit einem unnachahmlichen Johnny Depp einen Kult-Film der Neunziger schuf.
Und wieder gilt der Stoff als kaum adaptierbar, nun wegen der alles überstrahlenden Verfilmung, an der es sich zu messen gilt. Diese Herausforderung zu suchen, kann da schon mal Angst und Schrecken auslösen. Regisseurin Lisa DeByl wagt sich dennoch mutig daran, lädt ab 30. Oktober zweimal pro Monat ins Fledermausland mit Uppern, Downern, Heulern, Lachern und wirkt trotz des Anspruchs gelassen.
»Wir setzen das Stück in einen anderen Kontext, der vielleicht überrascht«, sagt DeByl, was nicht zuletzt der inszenatorischen Realität des Mediums geschuldet sei. Doch darin sieht sie keinen Verlust. Im Vergleich zum Medium Film punkte das Theater mit Set und Setting: »Das Wechselspiel mit dem Publikum kann der Film genauso wenig bieten wie das Theater Special-Effects.« Zwar bleibe das Stück der Vorlage treu – Raoul Duke und Dr. Gonzo sind ebenso mit von der Partie wie etwa ein Bad mit einem weißen Kaninchen – jedoch: Mit ihrer Adaption erhofft sich die Regisseurin eine intensivere Realisierung des typischen Gonzo-Stils, für den das Buch als Paradebeispiel gilt.
Eigentlich war Hunter S. Thompson seinerzeit aufgetragen worden, über ein Wüstenrennen zu berichten. Das Ergebnis: Nur ein kurzer Abschnitt im Buch dreht sich um das eigentliche Rennen, mehr Anlass, denn Grund, der Rest ist das Drumherum – die Stadt Las Vegas, Amerika, eine an Drogen verlorene Generation. Der Leser weiß am Ende dieser Texte kaum, was auf wahren Tatsachen beruht, was schlicht frei erfunden ist. Diesen Stil machte Thompson zu seinem schriftstellerischen Leitprinzip und den späteren Selbstmörder zum Kult-Autor. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion fließen ineinander wie bei einem psychedelischen Trip. Diese Stärke soll das Stück wieder zutage fördern. »Wir wollen das Spiel anfachen, es dem Publikum überlassen, festzustellen, was real ist – und was nicht.« Der Zuschauer soll sich ebenso Fragen über das Bewusstsein stellen wie die Figuren auf den Brettern ihrer Welt.
Greift der Ansatz, könnte das Stück der literarischen Vorlage deutlich mehr Gonzo-Essenz abgewinnen als die Verfilmung, die sich mehr als sporadisch gesellschaftskritische Drogen-Komödie begreift denn als Bewusstseinsspiel auf der Meta-Ebene. Vielleicht haben sich bei »Angst und Schrecken« dann Mut und Gelassenheit durchaus ausgezahlt.