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Essen & Trinken

Ohne Kitsch und Trallala

In der Weihnachtswelt »Väterchen Frost« gibts Dinge, die Geschichten erzählen

  Ohne Kitsch und Trallala | In der Weihnachtswelt »Väterchen Frost« gibts Dinge, die Geschichten erzählen

Leipzig ist gerade wieder voller Weihnachtsmärkte. Zwischen Augustusplatz und Markt, Hainstraße und Burgplatz findet sich im Dezember kaum mehr ein freies Plätzchen, geschweige denn ein Durchkommen. Das Gebimmel nervt und was an so manchem Stand als Glühwein in die Becher geschenkt wird, will man gar nicht wissen, trinken auch nicht. Der ganze Weihnachtsrummel scheint zum Fressfest verkommen. Ein Ausweg wäre es, Weihnachten ausfallen zu lassen und in die Karibik zu flüchten. Oder aber nach Engelsdorf zu fahren, zu Väterchen Frost. Dieser Weihnachtsmarkt ist ein wahres Unikat.

Erfunden hat ihn Katrin Kaßner-Thiele bereits 2008. Ihre Idee ist zu einem ganzen Weihnachtsparadies gereift, mit zauberhaften Dekorationen, selbst gebackenen Keksen, hausgemachtem Glühwein und Bastelwerkstatt. Den Rahmen gibt eine aufwendig sanierte Trafo-Station des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerkes RAW Leipzig. Dort findet sich nun auf rund 80 Quadratmetern eine ganze Weihnachtswelt im Kleinen, die Weihnachtsmuffel ebenso bedient wie die Sehnsucht nach Tradition. Was man hier in Schubladen, Setzkästen und Schränken oder auf Tischen entdeckt, sind vor allem Kunsthandwerk und Nischenprodukte, keine Massenware oder gar Plagiate, wie sie Kaufhäuser und Marktbuden zuhauf anbieten. Reifentiere aus dem Museumsdorf Seiffen im Erzgebirge sind dabei, auch Kränze aus Filz sowie Maolin-Figuren, die die Weihnachtsfrau in Thüringen gefunden hat. Auf Fachmessen entdeckte sie dann noch einige internationale Designer wie Ester & Erik aus Dänemark, die zum Beispiel handgezogene Kerzen anbieten. Überhaupt sind die Kerzen hier in Material und Form etwas Besonderes, findet sie, und verweist auf Stumpen mit einer Brenndauer von 76 Stunden.

»Am 15. November 2008 haben wir zum ersten Mal geöffnet und uns nie träumen lassen, dass wir das Jahr für Jahr durchziehen«, erinnert sich Kaßner-Thiele. Auf dem Gelände von fast 13.000 Quadratmetern befindet sich noch die Zimmerei ihres Mannes Axel Thiele, der sein Können ebenso einbringt wie ihre Schwester Franka Kaßner, deren Atelier (sie ist Bildhauerin) auch hier liegt. Der ganze Weihnachtsmarkt funktioniert und lebt durch dieses Dreigestirn. Wenn die letzten Stollen gegessen sind, plant es bereits die kommende Saison. Manchmal läuft ihnen dann »der Kopf vor Ideen über«. Jedes Jahr steht ein anderes Thema an. »Musik« war schon dran, 2016 geht es »Rund ums Rad«. Spielzeug, Dekorationen, Gerät – was auch einzeln funktionieren würde, fügt sie zu einem großen Ganzen, kombiniert Alt und Neu und zeigt, wie man mit Küchenetageren, Hühnergöttern, selbst Schrauben, Hobel und Sägeblättern oder Knöpfen vom Flohmarkt Stimmungen und weihnachtliche Atmosphäre zaubern kann, ganz ohne Kitsch und Trallala. Schon beim ersten Gespräch mit Katrin Kaßner-Thiele (im August bei etwa 30 Grad Celsius) ist zu spüren, was sie will: »Die Leute sollen sich hier wohlfühlen und Dinge mit nach Hause nehmen, die Geschichten erzählen.«

Das ganze Terrain ist so angelegt, dass große und kleine Gäste für sich etwas entdecken können. Die Väterchen-Frost-Werkstatt listet dazu einen ganzen Veranstaltungsplan auf. Da kann man lernen, Adventskränze zu binden und Gestecke zu fertigen, Reiftiere aus Holz bemalen oder Papierbaumschmuck sowie Räucherkerzen mit einer eigenen Duftnote selbst herstellen. Jeweils maximal zehn Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren können an den Kursen teilnehmen. Gratis ist der Spaß natürlich nicht zu haben, teuer ist er mit Gebühren zwischen 10 und 15 Euro pro Kopf aber auch nicht. »Bei den 18-Uhr-Terminen können wir einen Kurs auch mit einer Weihnachtsfeier kombinieren«, freut sich Kaßler-Thiele. Wer außerhalb der Öffnungszeiten kommen will, kann seine eigene Veranstaltung hierher verlegen, die Küche nutzen und zum Beispiel auf Schatzsuche gehen. Ein Flügel lädt zum Musizieren ein. Auf Wunsch sorgt das Trio für Speisen und Getränke. Da gibts dann aber keine Bratwurst im Brötchen. Sie setzen auf Selbstgebackenes, duftenden Glühwein und die Kooperation mit professionellen Köchen.


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