In dieser Woche lohnt sich ein Blick gen Osten: Das 14. Neiße Filmfestival bringt noch bis Sonntag osteuropäisches Kino auf die Leinwände von insgesamt 22 Spielstätten in drei Ländern. 130 Filme werden gezeigt, kurze ebenso wie Langfilme, sowohl Spiel- als auch Dokumentarfilme. Viele Regisseure aus Deutschland, Tschechien und Polen kommen ins Dreiländereck zwischen Zittau und Görlitz, Varnsdorf und Liberec, um ihre Werke zum entspanntesten Filmfestival der Welt zu begleiten. Daneben gibt es Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und Partys. Ab zur Neiße!
www.neissefilmfestival.de
Film der Woche: Eyal und Vicky versuchen zum Alltag zurückzukehren, was allerdings kein leichtes Unterfangen ist, haben sie doch gerade ihren Sohn beerdigt. Vicky verdrängt den Verlust, indem sie die Organisation in die Hand nimmt und ihren Job als Lehrerin wieder auf, wo sie allerdings niemand haben will. Eyal tut sich wesentlich schwerer, zum Alltag überzugehen. Ziellos irrt er durch den Tag, hängt sich an scheinbaren Kleinigkeiten auf, wie der Decke ihres Sohnes, die im Krankenhaus verschwunden ist. Statt der Decke findet er in einem Schrank in seinem Zimmer ein Tütchen medizinisches Marihuana und lässt es kurzerhand mitgehen. Daheim stiftet er den Nachbarssohn Shmulik, einen Freund ihres Sohnes, dazu an, ihm einen Joint zu drehen. Aus dem einen werden viele und die beiden driften fortan gemeinsam durch den Tag, dem am Ende ein neuer Morgen folgt. Dem jungen israelischen Autor und Regisseur Asaph Polonsky gelingt mit »Eine Woche und ein Tag«, wie die Übersetzung des Originaltitels lautet, eine leise Tragikomödie mit zahlreichen wunderbar absurden Momenten und einem einzigartigen Darstellergespann. Seine Premiere feierte das charmante Regiedebüt bei der renommierten Semaine de la Critique in Cannes. Auch wenn der Film keine Antwort darauf geben kann, wie man mit dem viel zu frühen Verlust eines geliebten Menschen umgehen soll, zeigt er doch auf realistische Art und Weise einen Weg aus der Trauer, ohne dabei die Ironie des Lebens zu übersehen. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.
»Ein Tag wie kein anderer«: ab 11.5., Passage Kinos
Der neue Film des schauspielernden Regisseurs Bouli Lanners (»Eldorado«) beginnt mit Einstellungen eines schrägen Gauner-Duos, das von einem Mann im Hintergrund den Auftrag erhält, ein verloren gegangenes Handy wiederzubeschaffen, auf dem sich brisante Informationen befinden. Cochise und Gilou gehen den Job mit lakonischer Gelassenheit an, obwohl er sich als nicht gerade einfach erweist. Das Handy ist meist ausgeschaltet und daher kaum zu orten. Im Besitz des Mobiltelefons befinden sich eher zufällig die jungen Liebenden Willy und Esther, die sich auf der Flucht befinden. Sie wissen, dass das Ende der Welt kurz bevorsteht und haben den Plan, Esthers Tochter noch einmal zu sehen, deren genauen Aufenthaltsort sie allerdings noch nicht kennen. Es wird eine Weile dauern, bis sich die Wege der beiden seltsamen Duos kreuzen, und bis es soweit ist, haben die jeweiligen Paare noch ganz andere eigenartige Begegnungen.
Gemeinsam mit seinem Kameramann Jean-Paul de Zaeytijd hat Lanners ganz wunderbare Bilder gefunden, die eine dystopische, fast schon apokalyptische Atmosphäre erzeugen und uns tatsächlich eine Welt präsentieren, die kurz vor ihrem Ende zu stehen scheint. In herausragenden Widescreen-Einstellungen sind diese Ansichten überaus kinotauglich eingefangen und lassen den Zuschauer fasziniert und auf mysteriöse Weise aufgewühlt zurück. Ausführliche Kritik von Frank Brenner im aktuellen kreuzer.
»Das Ende ist erst der Anfang«: ab 11.5., Passage Kinos
Weitere Filmtermine der Woche
Die Liebe zum Schrott und andere Leidenschaften
Der Dokumentarfilm von 2003 wird gemeinsam mit einem Film über die Geschichte der Fortuna-Lichtspiele die Außenhaut des ehemaligen Kinos der Jugend in der Eisenbahnstraße wiederbeleben.
13.5., 20.30 Uhr, Fortuna – Kino der Jugend
The Eagle
In der Verfilmung von Alexander Puschkins unvollendetem Roman »Dubrowskij« spielt Rudolph Valentino mit viel Schwung und Elan einen jungen russischen Leutnant und Robin Hood, der nicht nur von der Zarin mit Wollust inspiziert, sondern auch von allen anderen Frauen, die seinen Weg kreuzen, wohlwollend begutachtet wird. – Kinoorgel live
13.5., 18 Uhr, Grassi-Museum Leipzig
Abenteuer mit Blasius
Herr Blasius erscheint den aufgeweckten Freunden Frantisek und Egon höchst verdächtig. Was die beiden Amateurdetektive nicht wissen, ist, dass dieser merkwürdige Mensch ein Roboter ist, ängstlich geheim gehaltene Neuheit zweier Ingenieure, die auf der Leipziger Messe vorgeführt werden soll. Frantisek und Egon entführen den vermeintlichen Verbrecher Blasius und geraten mit ihm in verzwickte und aufregende Situationen.
14.5., 14 Uhr, UT Connewitz
Frantz
Die französisch-deutsche Koproduktion basiert in der ersten Hälfte auf dem Ernst-Lubitsch-Film »Der Mann, den sein Gewissen trieb« von 1932. Größtenteils in Schwarz-Weiß-Bildern konzipiert, erzählt das Melodram von der Begegnung einer Deutschen, deren Verlobter im Krieg fiel, mit einem französischen Ex-Soldaten kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in Deutschland. – Thema: Schuld und Vergebung
14.5., 13 Uhr, Passage Kinos
Tanzy nasmertj – Die Tänze des Todes
Im Moskau des Jahres 2070 sind die natürlichen Ressourcen aufgebraucht und eine neuartige Herstellungstechnik benutzt den menschlichen Körper zur Energiegewinnung. So kämpfen junge Menschen während eines Tanzturniers um Leben und Tod. – russisches Kino im Original
14.5., 17.30 Uhr, Cineplex
Arizona Dream
Die Kinobar Prager Frühling feiert ihren 20. Geburtstag und holt die beliebtesten und schönsten Filme der letzten Jahre auf die Leinwand. »Arizona Dream« von Emir Kusturica darf da nicht fehlen. Ein junger Mann kehrt ins heimatliche Arizona zurück, wo er Autoverkäufer werden soll. Stattdessen trifft er auf eine Witwe und ihre Tochter, was zu Verwicklungen führt. Skurrile, poetisch-verträumte Gesellschafts-Satire.
15.5., 20 Uhr, Kinobar Prager Frühling
Die Gewählten
2009 treten sie ihre erste Legislatur im deutschen Bundestag an: fünf junge Menschen aus fünf verschiedenen Parteien. Eine Physikerin aus Leipzig (SPD), eine Pianistin aus Ingolstadt (B90/Die Grünen), ein Architekt aus Forchheim (FDP), ein Rechtsanwalt aus Ludwigsburg (CDU) und ein Jurist aus Oberhausen (Die Linke).
15.5., 19 Uhr, Zeitgeschichtliches Forum
Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber
Die opulenten Fressgelage eines Gangsters enden in sinnloser Gewalt. Eigenwillige, schockierende Parabel über eine genusssüchtige, egozentrische Welt. – Cinema (Un)framed – Filme von Peter Greenaway
16.5., 17 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Yol – Der Weg
Das Drama behandelt den Militärputsch in der Türkei Anfang der Achtziger. Y’lmaz Güney schrieb das Drehbuch, konnte aber, weil er im Gefängnis saß, nicht selbst Regie führen. In Cannes gab es die Goldene Palme.
16.5., 21 Uhr, UT Connewitz
Ballet Mécanique #13
Stummfilmdoppel mit »Mutter Krausens Fahrt ins Glück« aus dem Jahr 1929 von Regisseur Phil Jutzi und »Mutter« von Wsewolod Pudowkin aus dem Jahr 1926.
17.5., 19 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
Beuys
Dokumentarfilm von Andres Veiel über den Künstler Joseph Beuys. Am 17.5. in der Reihe »Kunst trifft Film« – in Anwesenheit des Regisseurs Andres Veiel
17.5., 19 Uhr, Passage Kinos
Chinese New Flower – China in Äthiopien
Der Dokumentarfilm nimmt uns mit in den Osten Afrikas. Dort bauen chinesische Investoren die Infrastruktur afrikanischer Großstädte wie Addis Abeba um. – mit anschließender Diskussionsrunde von Silvan Hagenbrock über chinesische Investitionen in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abbeba
17.5., 18.30 Uhr, Konfuzius-Institut Leipzig
Olya’s Love
Der Dokumentarfilm zeigt ein Leben außerhalb bestehender Normen auf zwei verschiedenen Ebenen – die emotionale und ganz persönliche Geschichte zweier junger Frauen einerseits, eingebettet in die homofeindliche und sexistische politische und gesellschaftliche Situation zu Zeiten des »Homo-Propaganda-Gesetzes« in Russland andererseits.
17.5., 19.30 Uhr, Cinémathèque in der Nato (OmeU)
Surf Film Nacht
Erstes Surfkino im neuen Jahr mit »Finnsurf«, der ersten finnischen Surfdoku der Welt, und dem australischen »This Time Tomorrow«.
17.5., 21 Uhr, Sommerkino auf der Feinkost
The Danish Girl
Mit viel Gefühl inszenierte Oscar-Preisträger Tom Hooper ein vor allem schauspielerisch beeindruckendes, intensives Ehedrama. – Vorfilm: »For a Kiss« (ES 2016) – anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo- und Transphobie
17.5., 20.30 Uhr, Kinobar Prager Frühling
Frisch aus Ungarn
anschl. »East Punk Memories« (F 2012 Dok; OmeU) – Zweimal Punk aus Ungarn im Film im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Warschauer Punk Pakt«
18.5., 20 Uhr, Cinémathèque in der Nato
Sewol
Dokumentation über die Folgen eines Fährunglücks im April 2014, bei dem 304 Menschen, darunter 250 Schüler, ums Leben kamen. Seitdem kämpfen die Angehörigen darum, dass ein unabhängiger Untersuchungsausschuss die Ursache, den anschließenden Rettungseinsatz sowie das schlechte Krisenmanagement aufklärt. – Mit einem Filmgespräch mit der Regisseurin Ok-Hee Jeong
18.5., 20 Uhr, Cineding