Wenn die Jüdische Woche vom 18. bis zum 25. Juni in den Leipziger Kinos Station macht, kann man vielen spannenden Menschen begegnen: einem Künstler zwischen Shoah und Pin-ups, einer schüchternen polnischen Nonne, drei Generationen jüdischer Familiengeschichte, einer legendären Fotografin, mit dem Handy filmenden Jugendlichen in einem Konzentrationslager, einem alten Mann und seinen immerwährenden Traum, Rabbiner zu werden. All diese Filme beschäftigen sich mit jüdischer Kultur und zeigen auf ihre unterschiedliche Art die Verbindung zwischen Religion, Kunst und Geschichte.
»Jüdische Woche«: 18.–25.6., Cineding, Cinémathèque in der Nato, Passage Kinos
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Film der Woche: Männer in der Natur, auf sich allein gestellt, gejagt, gefürchtet, im Kampf ums Überleben. Das Actionkino der Achtziger ist reich an Filmen mit Szenarien wie diesem. Taika Waititi hat sie alle gesehen. Der Regisseur von »5 Zimmer, Küche, Sarg«, eine Hälfte des legendären Comedy-Duos »Flight of the Concords«, inszenierte mit »Wo die wilden Menschen jagen« eine Hommage an die Kindheit in jenem Jahrzehnt, wo wir mit Stöcken im Anschlag Krieg im Wald gespielt haben. Seine Helden: der dreizehnjährige Ricky Baker und der knurrige alte Einzelgänger Hector. Als Ricky zu seinen neuen Adoptiveltern in die Hütte irgendwo am Rande des neuseeländischen Buschs kommt, sieht es so aus, als hätte er endlich ein Zuhause gefunden. Die herzensgute Bella kümmert sich liebevoll um den Teenager aus schwierigen Verhältnissen und obwohl Ricky eigentlich ein Leben als Gangster vorgezogen hätte, fühlt er sich doch rasch ziemlich wohl bei Bella und Hec, auch wenn er zu cool ist, um es sich einzugestehen. Doch die beiden Männer sind bald auf sich allein gestellt auf der Flucht durch die Wildnis, denn die Fürsorge will Ricky zurück ins Heim stecken. Während Ricky von Hector lernt, in der Natur zu überleben, setzt die ambitionierte Paula von der Fürsorge eine überproportionale Menschenjagd in Gang. Sam Neil als Hector und Ricky-Darsteller Julian Dennison sind ein Traumpaar, die Referenzen auf das Kino der Achtziger zahlreich und die Synthesizermusik herrlich aus der Zeit gefallen. Sony verheizt »Wo die wilden Menschen jagen« hierzulande unter Wert im Heimkino. Schön, dass es Kinos wie das Luru gibt, wo er trotzdem auf der Leinwand zu sehen ist. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.
»Wo die wilden Menschen jagen«: 15. (Open Air, bei Regen im Haus), 17., 20.6., Luru Kino in der Spinnerei
»Loving« behandelt eine Zeit, in der die gleichgeschlechtliche Ehe noch undenkbar war. In den 50er Jahren war es in manchen Staaten der USA noch verboten, als Weißer eine schwarze Frau zu heiraten, und umgekehrt. Dieser Problematik widmet sich das Drama von Jeff Nichols (»Take Shelter«) aus der sehr persönlichen Sicht von Mildred und Richard Loving. Als sie schwanger wird, macht er ihr ohne zu zögern einen Antrag. Obwohl die sogenannte »interracial marriage« im Staat Virginia illegal ist. Noch während der Schwangerschaft werden die beiden verhaftet. Der Beginn eines Kampfes, der den Liebenden alles abverlangt. Nicht zuletzt dank Robert Kennedy wurden die Lovings zum Gegenstand einer historischen Gesetzesänderung. Ein Präzedenzfall, aus dem Nichols allerdings kein Justizdrama macht, sondern eine kitschfreie Liebesgeschichte. »Loving« ist ein Film, der seine durchaus aktuelle politische Aussage sozusagen auf natürlichem Weg vermittelt: Wo das individuelle Glück illegalisiert wird, hat die Gesellschaft ein menschliches Problem. Damals wie heute. Ausführliche Kritik von Karin Jirsak im aktuellen kreuzer.
»Loving«: ab 15.6., Passage Kinos
Flimmerzeit_Mai_2017
Weitere Filmtermine der Woche
Berlin Rebel High School
Dokumentarfilm über die Schule für Erwachsenenbildung in Berlin, Deutschlands einziges Gymnasium, welches von seinen eigenen Schülern selbst verwaltet wird. – Premiere mit Alexander Kleider
15.6., 19.30 Uhr, Cinémathèque in der Nato
Kunst trifft Film
Dokumentarfilme im Rahmen der Ausstellung »Alexej von Jawlensky/George Rouault: Sehen mit geschlossenen Augen« im Kunstmuseum Moritzburg Halle – Einführung und Gespräch mit Thomas Bauer-Friedrich (Direktor des Museums Moritzburg Halle)
15.6., 19 Uhr, Passage Kinos
Sing it loud – Luthers Erben in Tansania
Seit 60 Jahren veranstaltet die evangelisch-lutherische Kirche in Tansania einen Chor-Wettbewerb. Der Dokumentarfilm begleitet drei Chöre auf ihrem Weg ins Finale. – in Anwesenheit von Julia Irene Peters
15.6., 19 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
Woodstock – Director’s Cut
Restaurierter Neuschnitt des legendären, oscarprämierten Dokumentarfilms über das Musikfestival in Woodstock.
15.6., 20 Uhr, Moritzbastei
Der Keil – Der Film
Theaterfilm mit Dokucharakter, der vom mysteriösen Verschwinden der Theatergruppe Der Keil handelt, just nachdem sie auf dem Höhepunkt ihres Erfolges mit dem Leipziger Bewegungskunstpreis 2014 ausgezeichnet wurde.
16.6., 21 Uhr, Circus der 7 Sensationen/Lützner Str. 36
Stummfilmtage mit dem Wanderkino
17.6., Dirnentragödie (D 1926)
18.6., Luther – Ein Film der deutschen Reformation (D 1927)
19.6., Go East (2017)/Go West (1925)
20.6., Charlie Chaplin – Der Einwanderer/Easy Street/Die Kur (1917),
21.6., Das Affengeschäft (1926), In der Tiefe (1907), Der Abenteurer (1917), Nur nicht schwach werden (1921),
22.6., Der General
21.30 Uhr, Warze im Clara-Zetkin-Park
Spuren der Macht
Neun Jahre lang besuchte die Fotografin Herlinde Koelbl Politiker, Wirtschaftsbosse und einen Medienmacher, um Veränderungen der Persönlichkeit in ausführlichen Interviews zu ergründen.
19.6., 19 Uhr, Zeitgeschichtliches Forum
Die Wanderhebammen Vietnams
Im Norden Vietnams, an der Grenze zu China, leben die Hmong, eine ethnische Minderheit. In der abgelegenen Bergwelt ist die medizinische Versorgung schlecht und die Kindersterblichkeit hoch. Das sollen die Wanderhebammen ändern. Sie vermitteln nicht nur zwischen westlicher Medizin und traditioneller Heilkunde, sondern auch zwischen der realen Welt und der Welt der Geister.
20.6., 18 Uhr, Frauenkultur
Kalte Probe
Filmpräsentation und Gespräch mit Constanze Ruhm, Christine Lang und Barbara Büscher
22.6., 18 Uhr, Galerie für Zeitgenössische Kunst
Spur der Steine
Die exzellente Gesellschafts-Satire von Frank Beyer, die bürokratische Schlamperei und Unfähigkeit von Parteigenossen kritisierte, wurde 1966 nach organisierten Unruhen mit Stoßtrupps nach nur drei Tagen wieder aus den Kinos genommen und verschwand daraufhin für 23 Jahre in den DEFA-Archiven. Nahaufnahme DEFA – Filmreihe zu 40 Jahre Grünau
22.6., 18 Uhr, Stadtgeschichtliches Museum/Neubau
Surf Film Nacht
North of the Sun (NOR 2011), Slow Dance (USA 2013)
22.6., 21.30 Uhr, Sommerkino auf der Feinkost
Zwischen den Stühlen
Der Dokumentarfilm, der auf dem DOK Leipzig 2016 mit drei Preisen ausgezeichnet wurde, begleitet drei höchst unterschiedliche Charaktere auf dem spannungsreichen Weg zur Lehrerausbildung. – anschließend Gespräch mit Vertreterinnen der Initiative Kritisches Lehramt Leipzig – Kritische Lehrerinnen Leipzig
22.6., 19.30 Uhr, Cinémathèque in der Nato