Am 24. September ist Bundestagswahl. Bis dahin stellen wir hier die wichtigsten Bundestagskandidaten aus den beiden Leipziger Wahlkreisen vor. Heute: Siegbert Droese, AfD. Repräsentiert mit Pegida-Nähe und Nazi-Skandalen den Rechtsaußen-Flügel der Partei.
Siegbert Droese will nicht reden. Zumindest nicht persönlich. Er habe keine Zeit, sei zu beschäftigt für ein Treffen, sagt er und erklärt höflich, die politische Arbeit sei ja nur sein Ehrenamt, weshalb er gelegentlich erst spät dazu komme, Anfragen zu beantworten.
Ein Ehrenamt, das der Vorsitzende der AfD Leipzig und stellvertretende Landesvorsitzende sehr ernst nimmt. »Fast in Vollzeit« sei er für die Partei im Einsatz, sagt der Hotelkaufmann im familieneigenen Betrieb. Nun tritt der 47-Jährige für die AfD im Leipziger Süden zur Bundestagswahl an.
Sich selbst beschreibt Droese als »national-liberal«, seinen politischen Kurs als Kampf für ein Land, »in dem die politische Führung das Recht achtet und nicht wie die aktuelle Bundesregierung Hunderttausende von Migranten, ohne jede Rechtsgrundlage, in unsere Heimat hereinbittet«. Die alte politische Klasse vertrete immer weniger die Interessen des deutschen Volkes. Das will er ändern. Mit dem Anliegen »Ich möchte, dass wir Deutschen gut geschützt in einem florierenden Deutschland leben können« gibt er sich als wirtschaftsliberaler Patriot.
Doch in der Vergangenheit ist er durch mehrere Skandale aufgefallen, die Interpretationsraum für weitere Attribute lassen. Bei einem Wahlkampfauftritt in Grünau vergangenes Jahr trat er mit einem AfD-Auto mit dem Kennzeichen »AH 1818« auf. Eine Kombination, die in der rechten Szene sehr beliebt ist, weil sie an die Initialen Adolf Hitlers erinnert: mit A als 1. und H als 8. Buchstaben des Alphabets. Droese distanzierte sich umgehend und erklärte, er sei weder der Halter des Autos, noch habe man auf das Kennzeichen geachtet. Reine Nachlässigkeit? Schon zuvor wurde Droese mit dem Kennzeichen »GD 3345« gesichtet, was als Anlehnung an »Großdeutschland 1933–1945« interpretiert werden kann. Auch damals schon distanzierte sich Droese von möglichen rechten Szenecodes.
Weit hergeholt sind die Interpretationen jedoch nicht, wenn man sich die Äußerungen Droeses genauer anschaut. Er war Anfang 2016 derjenige, der eine gemeinsame Großdemonstration mit Pegida in Leipzig planen wollte und einen »Schulterschluss« mit der rassistischen Bewegung begrüßte, woraufhin sich die Leipziger AfD distanzierte. Ende des Jahres lud er dann gemeinsam mit anderen AfD-Politikern den österreichischen Rechtspopulisten Andreas Mölzer, der Anfang 2014 den Nationalsozialismus verharmloste und durch rassistische Äußerungen zur EU in die Schlagzeilen geriet, zu einem Vortrag nach Leipzig ein.
Auch der aktuelle politische Kurs des Bundestagskandidaten offenbart sich als wenig moderat. In einem Brief, den er mit »Ich will mein Land zurück!« betitelte und dem kreuzer als Ersatz für ein persönliches Interview schickte, spricht er von gerechtem Lohn für deutsche Arbeiter, vom Untergang der Nation und von seiner Liebe zu Deutschland. Er schreibt, dass ihn die »linksextreme Szene mit ihren Deutschen und Deutschland feindlichen Parolen«* in Leipzig schmerze, beklagt den »offenen, antideutschen Rassismus« und betont seine Unzufriedenheit mit der »alten politischen Klasse«, die sich »zum Vorreiter eines europäischen Superstaates« mache, »vergleichbar mit der untergegangenen Sowjetunion«. Folgerichtig will Droese gegen genau diese Europapolitik vorgehen, prangert den Euro als Währung an und fordert eine Volksabstimmung zum Verbleib Deutschlands in der Euro-Zone. Überhaupt ist das Volk zentraler Bezugspunkt seiner Politik. Die Idealvorstellung eines AfD-Funktionärs beschreibt er als »Volkstribun«, der Kern seiner Politik seien die »Interessen Deutschlands und die Interessen des Deutschen Volkes«. Wie selbstverständlich fügt er hinzu: »Das deutsche Volk besteht naturgemäß aus Deutschen.«
Droese ist Mitglied im »Flügel«, einer Rechtsaußengruppierung innerhalb der AfD rund um Björn Höcke. Obwohl er schon mit Pegida geliebäugelt hat und auch auf der ersten Legida-Demonstration zugegen war, will er sich eine Nähe zur Rechten nicht vorwerfen lassen. »Nur weil wir uns deutlich und vorbehaltlos zu unserer deutschen Identität bekennen und uns dafür einsetzen, dass unsere deutsche Nation auch in Zukunft fortbesteht«, würde man fälschlicherweise als Rechte, Rechtsradikale oder Schlimmeres stigmatisiert, sagt Droese. Stattdessen sei die AfD »aus Mangel an einer konservativen-patriotischen Alternative« entstanden. Dass die Partei jedoch weit mehr als nur konservativ-patriotische Facetten hat, zeigte sich in den letzten Jahren mehrfach. Ob Pegida-Nähe, Zusammenarbeit mit den rechten Identitären oder ehemalige NPD-Funktionäre in den eigenen Reihen: Die AfD ist eben auch eine Partei der Rechtspopulisten, wenn nicht sogar noch radikaler. Mit dem Deutschland liebenden und Pegida verstehenden Siegbert Droese hat sie daher einen Kandidaten nominiert, der den rechten Flügel der Partei nicht besser repräsentieren könnte.