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Kultur

Film fördern, Film feiern

Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

  Film fördern, Film feiern | Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

Bereits zum 17. Mal pilgert die Kinobranche im September zum jährlichen Treffen in die Filmkunstmessestadt. Traditionell werden in den fünf Tagen die Kinoprogrammpreise Mitteldeutschland verliehen und der Preis der AG Kino-Gilde, der in diesem Jahr den 40. Jahrgang feiert, geht an die erfolgreichsten Produktionen des Jahres. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries kommt zudem für ein Impulsreferat zum Film- und Medienstandort Deutschland in die Stadt und alle Leipziger sind eingeladen. Die Branche diskutiert derweil über die Zukunft der Filmförderung: Nach der jüngsten Änderung der Regularien sollen fortan nur noch kommerziell erfolgreiche Projekte von der FFA gefördert werden. Das wirft die Frage auf: »Künstlerisch kreativ und/oder das Publikum im Blick – Was erwarten wir vom deutschen Film?«. Außerdem werden die Vorteile von »Social Media Marketing« und der Umgang mit »Smart Data« diskutiert. Für das Publikum gibt es wieder die Möglichkeit u.a. die Hits aus Cannes, Berlin und Venedig exklusiv vor dem Kinostart zu sichten. Außerdem haben sich einige namhafte Gäste angekündigt: Josef Hader und Alexandre Miguel werden gemeinsam den Film »Arthur & Claire« vorstellen, am Dienstag schaut Natja Bruckhorst, die Autorin von »Amelie rennt« (startet in dieser Woche), beim Kinderfilmscreening im Cineplex vorbei und am Abend stehen Jan Hendrik Stahlberg bei »Fikkefuchs« und Lukas Valenta Rinner bei »Die Liebhaberin« Rede und Antwort. Am Mittwoch kommz Jürgen Vogel zu »Der Mann aus dem Eis«, Newcomer Nicolas Wackerbarth zu »Casting« und Marta György-Kessler zur Vorführung ihres Dokumentarfilms »Hannah – Ein buddhistischer Weg zur Freiheit« über Hannah Nydahl.

25.-29.9., Passage Kinos, Schauburg, Kinobar Prager Frühling, Cineplex,  www.filmkunstmesse.de

Film der Woche: Eine Liebesgeschichte mit so einigen Besonderheiten: Maria und Endre lernen sich im Schlachthof kennen. Die junge Qualitätskontrolleurin wird im Unternehmen wegen ihrer autistischen Züge als pedantischer Sonderling geschmäht. Finanzchef Endre hat einen gelähmten Arm und ist eigentlich viel zu sensibel, um ein derartiges Unternehmen zu leiten. Die beiden verbindet nicht nur ihr Außenseiterstatus, sondern auch ein gemeinsamer Traum von einem Hirschen und einer Hirschkuh, die sich Nacht für Nacht im Wald begegnen. Klingt ein bisschen nach Kitsch, ist es aber nicht, auch dank exquisit-naturalistischer Aufnahmen der Tiere, die sich in der Dunkelheit finden. Dieses suggestive Traumbild in die Realität der Protagonisten zu projizieren, dafür gönnt sich der diesjährige Berlinale-Sieger aus Ungarn viel Zeit und Ruhe – und in einigen verstörenden Szenen auch reichlich Kunstblut. Dabei stehen die beiden von Alexandra Borbély und Géza Morcsányi vielschichtig verkörperten Hauptfiguren und ihre in rührenden Details dargestellte Annäherung immer im Fokus, sodass die Aufmerksamkeit trotz fast zweistündiger Laufzeit nur selten wegbricht. Auf das meditative Erzähltempo muss man sich allerdings schon einlassen wollen. Die Belohnung ist ein eindringliches cineastisches Erlebnis. Intelligentes, märchenhaftes Kunstkino, das mit leisem Humor und viel Feingefühl die Grenzen zwischen Körper(n) und Seele(n) auslotet. Ausführliche Kritik von Karin Jirsak im aktuellen kreuzer.

»Körper und Seele«: ab 21.9., Passage Kinos

Der 92-jährige Eduard Leander (Jürgen Prochnow) bricht eines Tages einfach auf, sehr zum Schrecken seiner Tochter Uli (Suzanne von Borsody), zu der er sonst kaum Kontakt hat. Doch als sie von seiner plötzlichen Abreise erfährt, schickt sie ihm die Enkelin Adele (Petra Schmidt-Schaller) mit auf den Weg. Wiederwillig akzeptiert er seinen Anhang, will aber auch ihr nicht verraten, wohin die Reise geht. Es wird eine Reise in Eduards Vergangenheit, die in einem kleinen Ort in der Ukraine verborgen liegt. Hier traf er als junger Wehrmachtsoffizier eine Frau, in die er sich verliebte. Doch das Dorf liegt mitten im umkämpften Teil des Landes. Während auf dem Maidan die Revolution ausgerufen wird, reisen die beiden mit Hilfe von Lew (Tambet Tuisk) durch das Sperrgebiet. Nick Baker Monteys (»Der Mann, der über Autos sprang«) schrieb und inszenierte ein berührendes und stark gespieltes Drama um die Grauzone zwischen Schuld und Moral. Die Annäherung der beiden anfangs unterschiedlichen und doch ähnlichen Charaktere geschieht behutsam. Subtil und ohne Pathos zeigt der Film, welche Spuren die Vergangenheit in uns hinterlässt – warum wir sind, wie wir sind.

»Leanders letzte Reise«: ab 21.9., Cineplex

Flimmerzeit August 2017

 

Weitere Filmtermine der Woche

Azur und Asmar Prinz Azur und Asmar, Sohn der Amme, wachsen gemeinsam im Königshaus auf, bis der König Asmar und seine Mutter aus dem Haus jagt. Unabhängig voneinander machen sich die beiden jungen Männer auf, die Fee Djinns zu befreien. Früher Freunde, sind sie nun Rivalen geworden. Animiertes Märchen im Stil von Scherenschnittarbeiten. Gewann 2007 den Preis als Bester Animationsfilm beim ITFS in Stuttgart und 2006 den »Prix Un Certain Regard« in Cannes. - im Rahmen der »Interkulturellen Wochen« 21.9., 10 Uhr, Cineding

John Dies At The End Durchgeknallter Sci-Fi-Horror-Trash um eine außerirdische Invasion, die die Menschheit auszulöschen droht. Zwei Stoner müssen die Welt retten. 21.9., 20 Uhr, Moritzbastei

Vergiss mein nicht In seinem Dokumentarfilm »Vergiss mein nicht« begleitet der Regisseur David Sieveking seine alzheimerkranke Mutter auf ihrer Reise in die Demenz. Zum Welt-Alzheimertag - in Anwesenheit des Regisseurs, anschließend »Markt der Unterstützung« im Foyer des Kinosaales. 21.9., 19 Uhr, Passage Kinos

Walls - Getrennte Welten Noch nie in der Geschichte gab es so viele Mauern und Zäune zwischen Ländern wie heute. Sie trennen Menschen nach wie vor überall auf der Welt in Gewollte und Ungewollte, in Arme und Reiche. An der Grenze zwischen Mexiko und den USA, zwischen Marokko und Spanien, zwischen Simbabwe und Südafrika sowie an vielen anderen Orten sind die Bewachung der Zäune an der Tagesordnung. Befürworter und Kritiker der Grenzsicherungen diskutieren immer wieder über wirtschaftliche, politische und religiöse Rechtfertigungen. Die Dokumentation porträtiert das Leben nahe der Grenze anhand dreier Beispiele und begleitet Menschen, die die Mauern bewachen oder eben diese unbedingt überwinden wollen. - GlobaLE, im Anschluss Diskussion mit Aktivisten 21.9., 20 Uhr, Heizhaus

Persepolis Vielfach ausgezeichnete Verfilmung des autobiografischen Comics der Iranerin Marjane Satrapi über eine Jugend zwischen Teheran und Wien - zwischen Punk und Islam. Im Rahmen der »Interkulturellen Wochen«. 22.9., 20 Uhr, Budde-Haus

Der stille Don Epischer Dreiteiler über das Schicksal eines Kosaken zur Zeit des untergehenden Zarenreiches. - 100. Jahre Oktoberrevolution. 24.9., 12 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei

Code of Survival Alternativen für Monsanto: Eine Teeplantage in Indien, eine biologische Farm in der Wüste und ein Bio-Bauer in Deutschland widersetzen sich dem Glyphosat-Wahn. Einführender Vortrag »Konzernatlas. Daten und Fakten über die Agrar- und Lebensmittelindustrie« von Ute Grawinkel. 25.9., 20 Uhr, Cineding

A Silent Voice Basierend auf der gleichnamigen Manga-Serie von Yoshitoki Oima war der Anime, der auf feinfühlige Art sensible Themen wie Schulmobbing und Behinderung behandelt, in Japan 2016 einer der zehn erfolgreichsten Filme des Jahres. 26.9., 20 Uhr, Cineplex

Pornographie & Holocaust - Stalags Der Film beschreibt ein bizarres Phänomen der israelischen Popkultur: sadomasochistische Holocaust-Pornographie von jüdischen Autoren für ein jüdisches Publikum, die zeitgleich mit dem Prozess gegen Adolf Eichmann in Israel einen enormen Erfolg feierte. Mit einer Einführung unter dem Titel »Ein Meer der blauen Nummern. Zur Wahrnehmung von Holocaust-Überlebenden in Palästina/Israel 1945-1961« von Sebastian Paul, Diplom-Pädagoge und Künstler. 26.9., 20 Uhr, Cinémathèque in der Nato

Alois Nebel Der schnauzbärtige Fahrdienstleiter Alois Nebel schiebt Schicht um Schicht an einem verlassenen Bahnhof an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze. Bis eines Tages die Erinnerungen über Alois hereinbrechen. Ausdrucksstarker Animationsfilm, basierend auf der gleichnamigen Graphic Novel von Jaroslav Rudis. Einführung: Dr. Christine Gölz 27.9., 15 Uhr, Polnisches Institut


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