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Stadtleben

Hundert Prozent wunschgestrickt

Selbstgefertigtes aus Wolle und Stoff macht Aller Hand Arbeit

  Hundert Prozent wunschgestrickt | Selbstgefertigtes aus Wolle und Stoff macht Aller Hand Arbeit  Foto: Christiane Gundlach


Mit dem Renteneintritt kann man sich zurücklehnen. Oder noch einmal was Neues auf die Beine stellen. Karin Lüttich hat sich für Letzteres entschieden. Die heute 76-Jährige eröffnete vor elf Jahren in der Nordstraße ihren Laden für selbst gefertigte Strickwaren mit dem sprechenden Namen »Aller Hand Arbeit«. Es war ein kleines Geschäft, aber es lief gut, und so konnte die gelernte Kindergärtnerin zwei Jahre später in den benachbarten größeren Laden umziehen. Unterstützt wird sie seither von ihrer ebenfalls leidenschaftlich strickenden Freundin Gabriele Herold, die meistens zu Hause arbeitet.

Seit September sind sie nun zu dritt; mit Sabine Rosenbaum ist eine Damenschneiderin und Diplom-Bekleidungsingenieurin dazugekommen. »Wir ergänzen uns gut«, sagt die 57-Jährige und Lüttich fügt hinzu: »Unser Stil ist schnörkellos, sachlich-elegant.« Tatsächlich wirken die Schaufensterpuppen, die jeweils ein genähtes und ein gestricktes Kleidungsstück tragen, stimmig. Die Kombinationen sind zeitlos schick und passen sowohl in die Oper als auch ins Büro.

Lüttich und Herold entwerfen gemeinsam Modelle für den Laden, die dann auf Bestellung, beispielsweise in einer anderen Farbe, von ihnen angefertigt werden. Man kann also ganz nach Wunsch stricken lassen – »wenn wir es können«, lacht Lüttich. Aber nach einem Gang durch den Laden besteht kein Zweifel, dass hier viel gekonnt wird. Wer gern selbst zu Nadeln und Garn greift, findet ein breites Sortiment an 100-prozentiger Naturwolle von Alpaka, Lama, Merino und Kaschmir, dazu Knäuel mit Wollmischungen. Die Problematik von Kunstfasern ist Lüttich bewusst, weshalb sie auf einen geringen Anteil an Polyamid bei den Mischgarnen achtet.

Nach dem Kauf der Wolle kann man sich bei seinem Strickprojekt von Lüttich beratend begleiten lassen. Da der Wunsch nach Austausch in der Handarbeits-Community groß ist, hat sie einen – inzwischen voll belegten – Stricktreff ins Leben gerufen, zwei weitere sollen folgen, dazu ein offener Kurs ab Januar 2026. »Eine Wollvertreterin hat mir mal gesagt: In politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten greifen die Menschen gern nach beruhigenden Hobbys.«

Neben diesem Aspekt spiegelt sich im Geschäft auch die Sehnsucht nach Individuellem und Selbstgefertigtem wider. Großen Wert legen die Kundinnen und Kunden außerdem auf Nachhaltigkeit: Sie lassen Ärmel oder Hosenbeine verlängern oder das Futter vom Mantel erneuern. »Manchmal habe ich Männer da, die den letzten von der Mutter gestrickten Pulli reparieren lassen möchten«, erzählt Lüttich.

Die Arbeit an einem neuen Pulli oder einer Strickjacke dauert, je nach Wollstärke, etwa zwölf Stunden, bei einer bodenlangen Jacke können es auch zwanzig werden. Allerhand Arbeit also. Bricht dafür im Sommer die große Langeweile aus? Lüttich lacht: »Im März fahren wir zur Wollmesse nach Köln und bestellen. Im Juni oder Juli kommt die neue Wolle und dann fangen wir schon an, Sachen für Herbst und Winter zu stricken. Im Januar und Februar fertigen wir leichte Pullis oder Schals für den Sommer.« Denn Strickwaren aus Naturmaterialien sind nicht nur in der kalten Jahreszeit eine gute Wahl – bei Wärme kühlen sie auch. ANDREA KATHRIN KRAUS

> Aller Hand Arbeit, Nordstr. 45, 04105 (Zentrum-Nord), Tel. 03 41/58 30 13 46, Di–Do 10–13 u. 14.30–17.30 Uhr


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