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Konzertkritik

Der Schweigsame

Pat Metheny begeistert bei den Jazztagen in der ausverkauften Oper

  Der Schweigsame | Pat Metheny begeistert bei den Jazztagen in der ausverkauften Oper

Der Abschlussabend der 41. Jazztage mit dem Titel »Gitarrengipfel« brachte den lang erwarteten Höhepunkt des aktuellen Festivals: Gitarren-Legende Pat Metheny beim teuersten und dennoch bereits seit langem ausverkauften Konzert der Leipziger Jazzgeschichte.

Es ist sieben Minuten nach Acht, da steht er endlich auf der Bühne der Oper. Zielstrebiger Gang an die Rampe, ein kurzes Winken, das Licht wird abgedimmt, dann greift sich Pat Metheny die Doppelgitarre und zaubert Klänge, die weit über das hinausgehen, was das Instrument gewöhnlich leistet. Die Gitarre ist eine Sonderanfertigung, ihre silbrigen Höhen erinnern an eine Harfe, in der Tiefe ersetzt sie einen Bass, verhallt erspart sie den Synthesizer.

Keine Frage: Der 63-Jährige könnte sein Programm »An Evening With Pat Metheny« auch als Solist bestreiten. Doch für diesen grandiosen Abend hat er drei Musiker eingeladen, jeder ein Meister seines Fachs. Den Walliser Gwilym Simcock am Klavier, zunächst subtil begleitend, wenn er von der Leine gelassen wird von atemberaubender Virtuosität. Die Malayin Linda Oh, die am Bass den Songs nicht nur Tiefe liefert, sondern deren Drive zum Motor des Quartetts wird. Und den wahnwitzig expressiv trommelnden Schlagzeuger Antonio Sanchez, der überhaupt erst dafür verantwortlich ist, dass der dutzendfache Grammy-Gewinner Metheny, der einst für David Bowie komponierte, zum Konzert an die Pleiße kommt.

Vom Quartett gibt es noch keine CD, und schnell wird beim Gig klar, warum Metheny sich mit derlei Konserven Zeit lässt. Hier geht es um die Musik, hier entsteht in jeder Sekunde Neues, hier lassen sich vier Ausnahmemusiker mit Herz und Seele aufeinander ein. Dabei folgt »An Evening With Pat Metheny« einer klaren Dramaturgie: Dem Soloauftakt mit der Doppelgitarre folgt eine erste, klassisch definierte Runde, in der sich das Quartett als Einheit präsentiert. Zwar bleibt der Gitarrist Chef im Ring, aber jeder der drei übrigen bekommt in ein bis zwei Songs Raum für auf ihn zugeschnittene Soli. Richtig spannend wirds am Ende dieses Blockes, wenn Simcock und Metheny das bis dahin vorherrschende Jazzrock-Muster aufbrechen und in einer wilden, atonalen gemeinsamen Improvisation zeigen, dass Metheny auch Freejazz-Phasen durchlebte.

Danach wäre Platz für eine Pause. Aber weil das Konzert komplex durchdacht und in sich geschlossen ist, gehts gleich weiter: Jetzt, erst nach gut 60 Minuten, redet der große Schweiger Metheny zum ersten Mal, stellt die Band vor, bedankt sich artig für die Einladung – und spielt danach erneut ein Solo. Ein Schelm, wer angesichts des stilistisch andersartigen zweiten Teils an die mögliche Vermarktung des Konzertes auf einer Doppel-CD denkt: Nun stellt sich der Gitarrist jeweils im Duett mit einem seiner Partner vor, die Spanne reicht vom impressionistisch angehauchten Jazzpop mit dem Pianisten hin zur körperlich-kraftvollen Offbeat-Nummer mit dem Schlagzeuger, die nach gut zwei Stunden (und vor den natürlich noch folgenden Zugaben) diesen Abend beendet.


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