Das fängt Ja(hr) gut an: »Twin Peaks« in Sachsen, Queerfilme in der Kinobar, UFOs im Werk 2 und jede Menge oscarreife Filme im Januar – all das und mehr gibt’s im frisch erschienenen Kreuzer null-eins-achtzehn. Die Filmredaktion wünscht sich und euch ein spannendes Kinojahr!
Film der Woche: Steven Murphy ist ein erfolgreicher Kardiologe, seine Frau Anna ist als Augenärztin tätig. Ihre beiden Kinder Kim und Bob sind ordentlich geraten und bereiten den beiden kaum Probleme. Steven trifft sich heimlich mit dem sechzehnjährigen Martin, dessen Rolle im Leben der Murphys erst nach und nach offensichtlich wird. Steven hatte Martins Vater einstmals operiert, doch der 46-Jährige starb noch im Operationssaal. Nun scheint Martin sich an Stevens Familie rächen zu wollen und hat diese mit einem geheimnisvollen Fluch belegt. Es dauert geraume Zeit, bis man hinter diesen psychisch-verstörenden Überbau der Geschichte kommt. Lanthimos genießt es zunächst einmal viel zu sehr, seine Zuschauer auf die Folter zu spannen und sich einen eigenen Reim auf die geheimnisvollen Vorkommnisse machen zu lassen, die von etlichen Lügen gesäumt werden und einen deswegen auch immer wieder auf die falsche Spur bringen. Die präzisen und äußerst nüchtern ausformulierten Dialoge und das kongeniale, fast emotionslose Schauspiel sämtlicher Darsteller rufen darüber hinaus eine unnatürliche und schließlich zutiefst beunruhigende Stimmung hervor, die an den Nerven der Zuschauer zu zerren beginnt. Ausführliche Kritik von Frank Brenner im aktuellen kreuzer.
»The Killing of a Sacred Deer«: ab 28.12., Passage Kinos
Paris, 1819: Armand hängt in Bars rum und vergeudet sein Leben. Sein Vater, Postmeister Roulin, kann es nicht länger mit ansehen und beauftragt ihn damit, einen Brief zuzustellen, der nie seinen Empfänger erreichte. Adressiert war er an Vincent van Gogh, der ein Jahr zuvor gewaltsam ums Leben kam. Nun ist es an Armand, den Brief zurück an seinen Absender zu bringen, Vincents Bruder Theo. Doch schon bald muss er erfahren, dass auch Theo nicht mehr unter den Lebenden weilt. Armand macht sich auf den Weg in das Städtchen Auvers-sur-Oise, wo Vincent zuletzt gelebt hatte und stößt dort auf merkwürdige Indizien, die darauf hindeuten, dass der Künstler ermordet wurde. Das außergewöhnliche an der historischen Detektivgeschichte ist seine Form: Jedes einzelne der Bilder ist im Stile Van Goghs gemalt. 115 Künstler arbeiteten über 5 Jahre hinweg an 65.000 Einzelbildern, die sich zu einem bewegten Gemälde fügen, das bereits beim Filmfestival in Annecy preisgekrönt wurde. Im Rotoskopie-Verfahren, das etwa beim animierten Dokumentarfilm »Waltz with Bashir« oder Richard Linklaters »Waking Life« zum Einsatz kam, agieren Schauspieler in den Szenen, die im Anschluss Bild für Bild übermalt werden – im Fall von »Loving Vincent« mit Öl auf Leinwand. So entstand ein visuell berauschendes Kunstwerk, das den Betrachter fordert – bisweilen gar überfordert. Deshalb setzte man den grellen Farben der Natur die düsteren schwarz-weiß Skizzen der Nacht entgegen. Das Ergebnis der aufwändigen Entstehung ist ein einzigartiger Animationsfilm mit Sogwirkung.
»Loving Vincent«: ab 28.12., Passage Kinos
Centaur wird er genannt – nach dem sagenumwobenen Fabeltier. Dabei lebt der Held der Geschichte ein bescheidenes Leben mit seiner gehörlosen Frau und ihrem kleinen Sohn in der Steppe Kirgisistans, am Rande von Bishkek, hoch oben in den Bergregionen der Hauptstad. Doch nachts schleicht er in die Ställe der reichen Großgrundbesitzer und befreit die edlen Rennpferde. Er will die Ehre und das Glück seines Volkes wiederherstellen, indem er der alten Legende nach auf einem edlen Pferd zum Himmelsvater emporreitet. Doch die Bestohlenen kommen ihm auf die Schliche und die Jagd auf Centaur beginnt. „Die Flügel der Menschen“ eröffnet eine andere Welt – für uns, denen die Traditionen und Gebräuche des fernen Landes fremd sind. Ebenso für Centaur, den Viehdieb, der sich in der hereinbrechenden Moderne zurecht finden muss, um zu überleben. Wie viele Filme aus dem ursprünglichen Zentralasien erzählt »Die Flügel der Menschen« in beeindruckenden Naturaufnahmen von der Fragilität der Region. Regisseur und Hauptdarsteller Aktan Arym Kubat (»Der Dieb des Lichts«) gibt erneut den lässigen Helden. Sein Botschaft besitzt jedoch eine zunehmende Dringlichkeit, die von der weiten Landschaft aufgefangen wird, so dass der kirgisische Oscar-Kandidat nie zum reinen Lehrstück verkommt.
»Die Flügel der Menschen«: ab 28.12., Passage Kinos
Flimmerzeit_Jahresende_2017
Weitere Filmtermine der Woche
Vive le cinéma!
Die Kinoorgel der Cinémathèque zeigt am 28. Dezember Kurzfilme von Auguste und Louis Lumière (F/GB/USA 1895-96), sowie »Die drei Zeitalter« (USA 1923) von Buster Keaton: Liebe in der Steinzeit, im antiken Rom und im »modernen Zeitalter« (USA der 1920er Jahre): In allen drei Epochen muss der schwächliche Buster um die Beziehung zu seiner schönen Geliebten kämpfen. - An der Welteorgel begleitet von Kantor Clemens Lucke. Mit Einführungen von Claudia Cornelius und Philipp Hosbach.
28.12., 11 Uhr, Grassi-Museum Leipzig
Die Feuerzangenbowle
Mit Glühwein und Gebäck zeigen die Passage Kinos pünktlich zum Jahreswechsel einmal mehr den Klassiker, in dem sich Heinz Rühmann als Gymnasiast tarnt, um nie gemachte Pennälerstreiche nachzuholen. – Das Beste zum Schluss, mit Gebäck und Glühwein zur Kinokarte
31.12., 15, 17.30 Uhr, Passage Kinos
Der fliegende Holländer
DEFA-Verfilmung der Oper von Richard Wagner. Dazu Kaffee und Kuchen. – mit Wagner ins neue Jahr
1.1., 15 Uhr, Passage Kinos