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Filmkritik

In Wort und Bild

Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

  In Wort und Bild | Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

Der Leipziger Thomas Stuber, der für seinen Kurzfilm »Von Hunden und Pferden« den Studenten-Oscar und für »Herbert« den Deutschen Filmpreis erhielt, ist im Wettbewerb der Berlinale angekommen. Dort wird er Mitte Februar seine dritte Zusammenarbeit mit Clemens Meyer »In den Gängen« präsentieren. Vorher erzählt er in den Passage Kinos über seine Arbeit und gibt einen Einblick in den Film. Im Februar ist er dann zu Gast im kreuzer Interview des Monats. Der Regisseur und Autor sprach mit uns über das Filmemachen, seine Heimat Leipzig und die Kollaboration mit Clemens Meyer.»Cine Visionen: Thomas Stuber«: 31.1., 19 Uhr, Passage Kinos

Film der Woche: Nachdem Monate vergangen sind, ohne dass der Mörder ihrer Tochter ermittelt wurde, unternimmt Mildred Hayes (Frances McDormand) eine aufsehenerregende Aktion. Sie bemalt drei Plakatwände an der Stadteinfahrt mit provozierenden Sprüchen, die an den städtischen Polizeichef, den ehrenwerten William Willoughby (Woody Harrelson), adressiert sind, um ihn zu zwingen, sich um den Fall zu kümmern. Als sich der stellvertretende Officer Dixon (Sam Rockwell), ein Muttersöhnchen mit Hang zur Gewalt, einmischt, verschärft sich der Konflikt zwischen Mildred und den Ordnungshütern des verschlafenen Städtchens nur noch weiter. Regisseur und Drehbuchautor Martin McDonagh (»Brügge sehen … und sterben?«) schuf ein berührendes Drama, gewürzt mit schwarzem Humor und getragen von der großartigen Leistung Frances McDormands. Dafür gab es soeben sieben Oscar-Nominierungen.

»Three Billboards Outside Ebbing, Missouri«: ab 25.1., Passage Kinos

Sommer, Sonne, mit den Kollegen im Vergnügungspark abhängen, Dope rauchen und auf der Promenade Mädels glotzen – das Leben auf Coney Island scheint cool zu sein für Frankie. Noch dazu baggert ihn die verführerische Simone heftig an. Aber Frankie hat ’ne Menge mehr Probleme, als sie, seine Freunde oder seine Mutter ahnen. Ein großes davon ist, dass er sich lieber im Keller Gay-Livecams reinzieht, als sich mit Simone zu treffen. »Ich bin nicht schwul.« »Du fickst nur mit Männern?« »Ja.« Ein Gespräch im Auto, zwischen Frankie und einem Fremden, mit dem er gleich anonymen Sex haben wird. Es offenbart den Identitätskampf des jungen Mannes in seiner ganzen, vertrackten Widersprüchlichkeit. Ebenso die vorgetäuschte Beziehung mit Simone, die Frankies straighte Fassade unbedingt aufrechterhalten soll. Doch die Verdrängung dessen, was nicht sein darf, funktioniert bald nur noch auf Droge, Frankies Weg in den Abgrund scheint vorgezeichnet. Ob Frankie für immer allein im Keller bleiben muss, ob man seinem Geheimnis auf die Schliche kommt oder ob er sich selbst outet und sich den Konsequenzen stellt – diese Fragen stellen sich von Szene zu Szene drängender. So gelingt es Regie-Newcomerin Eliza Hittman lässig, die Spannung bis zum finalen Feuerwerk hochzuhalten. Der Plot gemahnt dabei an Shakespeares Tragödien, und das Damoklesschwert hängt jederzeit sichtbar über dem Kopf des gequälten Antihelden. Die mal schwitzig-erotischen, mal unterkühlten Bilder von Coney Islands Lichtern, von aufgeheizten Körpern in Wifebeatern, von dunklen Cruisingspots am Strand beunruhigen und bedrücken. Der schöne Zerrissene steht Harris Dickinson zweifelsohne gut, für seine authentische Performance wurde das britische Jungtalent u.a. für den Independent Spirit Award nominiert. Sensibles Drama, das auf die Kraft seiner Bilder anstatt auf Erklärungen setzt. KARIN JIRSAK

»Beach Rats«: ab 25.1., Cinémathèque in der naTo, Schaubühne Lindenfels

Der Koreaner Hong Sang-soo zählt zu den Festivallieblingen. 42 Filmpreise stehen auf dem Konto seiner zwanzigjährigen Karriere, darunter der Goldene Leopard für »Right Now, Wrong Then« 2015 und sechs Kritikerpreise beim wichtigsten asiatischen Filmfestival in Busan. Vor einem Jahr fiel er allerdings in Ungnade in seiner Heimat, als herauskam, dass der verheiratete Regisseur eine Affäre mit der Schauspielerin Kim Min-hee hatte. Der Vielfilmer ging damit um, wie er es am besten kann: Er drehte einen Film – und in der Hauptrolle besetzte er ausgerechnet seine Angebetete. Kim Min-hee spielt Young-hee, eine junge Schauspielerin in der Lebenskrise. Bei einer Freundin in Hamburg versucht sie sich von einer Trennung zu erholen. Insgeheim hofft sie aber, dass ihr Ex, ein verheirateter Regisseur, nachkommt. Monate später ist sie zurück in Korea. In einem Kino in ihrer Heimat Gangneung trifft sie auf alte Freunde und schließlich auch auf den Regisseur. Wie so oft bei Hong Sang-soo endet alles in einem Trinkgelage, bei dem unausgesprochene Sehnsüchte unverblümt auf den Tisch kommen. Besonders europäische Connaisseure verehren den Filmemacher und sein Werk, in dem sich die Handlung meist über die Konversation entwickelt. Zwischen alltäglichen Höflichkeitsfloskeln offenbaren die Figuren ihr Innenleben. Das fordert Aufmerksamkeit und Geduld beim Betrachter und auch »On the Beach at Night Alone« wird niemanden bekehren, der nichts mit dem Kino des Autorenfilmers anfangen kann. Die lose Struktur, die teilweise improvisierten Dialoge und der immer wieder durchschimmernde Humor machen aber auch seinen dritten Film im Wettbewerb der Berlinale zu einem Genuss für aufgeschlossene Kinogänger, die zudem eine hingebungsvolle Darstellung von Kim Min-hee und eine interessante Außenperspektive auf Deutschland geboten bekommen.

»On the Beach at Night Alone«: ab 25.1., Luru Kino in der Spinnerei

Moritz Bleibtreu ist Ricky, ein Gangster – was sonst –, der frisch aus dem Knast gekommen ist und von einem Leben unter der Sonne Cabreras träumt. Dazu fehlt ihm allerdings das nötige Kleingeld. Also muss ein Job her, den er bei seinem Kumpel Latif (Kida Khodr Ramadan) findet: ein todsicheres Ding, das natürlich mächtig schiefläuft, weil sein chronisch unfähiger Bruder Rafael (Edin Hasanovic) die Beute verliert. Mit der Familienpackung Heroin versucht stattdessen die Polizistin Diana (Birgit Minichmayr) die Herz-OP ihrer Tochter Lilly zu finanzieren. Dass all das für keine der beteiligten Figuren gut ausgeht, ist genauso vorhersehbar wie das Scheitern dieses deutschen Genreversuchs. Dabei versucht Özgür Yıldırım (»Chiko«) mit seinem neuen Gangsterthriller alles, um an die großen Vorbilder aus dem US-Kino anzuknüpfen. Allerdings so verbissen, dass »Nur Gott kann mich richten« voller unfreiwillig komischer Szenen ist. Schon der Titel macht keine Gefangenen und sorgt zudem für einen absurden, pathosgeladenen Moment im letzten Akt. Bleibtreu macht, was er am besten kann: grimmig gucken. Die Action ist generisch, die Gesten sind groß. Nur spannend oder in irgendeiner Weise mitreißend ist dieser Thrillertrash kaum.

»Nur Gott kann mich richten«: ab 25.1., Cineplex, CineStar

Flimmerzeit_Jahresende_2017

 

Weitere Filmtermine der Woche

Bunker77Bunker Spreckles, der Stiefsohn der Hollywood-Legende Clark Gable, sollte eigentlich das Erbe der Spreckles Sugar Company antreten. Stattdessen will der freiheitsliebende und exzentrische Bunker lieber Wellen reiten und die Welt erkunden. – Surf-Filmnacht25., 31.1., 21 Uhr, Kinobar Prager Frühling

A Thought of EcstasyEin Trip ins Amerika des Jahres 2019: Ein Mann ist auf der Suche nach seiner lange verlorenen Liebe. Eine Frau ist verloren in ihrem Begehren nach Rache. Ein Land ist gelähmt durch die Hitze und verloren in Verdächtigungen und Paranoia. Und dann ist da noch ein zwanzig Jahre altes Tagebuch, das Erinnerungen weckt. Am 26.1. in Anwesenheit von Regisseur und Nacktdarsteller RP Kahl sowie mit Live-Musik von Gajek vor dem Film.26.1., 21 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei

Kundschafter des FriedensEine Gruppe gealterter Spione will es noch mal wissen. Amüsante Altherrentour mit Charme, der in der zweiten Hälfte die Puste ausgeht.26.1., 19.30 Uhr, Lindenauer Kirchencafé

PadmaavatBasierend auf dem gleichnamigen Versepos aus dem Jahr 1540 von Malik Muhammad Jayasi erzählt der neue Film von Sanjay Leela Bhansali (»Ram-Leela«) von dem Sultan Alauddin Khalji und dessen Verlangen nach der sagenhaft schönen Padmavati, Königin der Rajputen. Während der Sultan eine historische Figur ist, gibt es für die Existenz von Rani Padmavati keine gesicherten Belege. Der Erzählung nach startete der Sultan einen Feldzug, um Padmavati zu erobern – diese verbrannte sich selbst, um möglichem Leid zu entgehen. Ihr Widerstand gegen den muslimischen Eroberer gilt vielen Indern als heilig, weshalb es im Vorfeld des Filmstarts in Indien zu Kontroversen und Protesten kam. Die aufwendige, dreistündige Filmproduktion erinnert entfernt an »Game of Thrones«.26.1., 17 Uhr, 27.1., 15 Uhr, 28.1., 13 Uhr, Cineplex (OmU)

Ein Sack voll MurmelnIm Zweiten Weltkrieg flüchten zwei jüdische Brüder von Paris nach Südfrankreich, in der Hoffnung, dem Holocaust der Nazis zu entgehen. – Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts27.1., 18 Uhr, Kinobar Prager Frühling

U.F.O. KurzfilmfestivalDer internationale Kurzfilmwettbewerb im Werk 2 geht in eine neue Runde. Eindrückliche Kurzdokumentationen, unterhaltende und zum Nachdenken anregende Animationen, Humorvolles und gesellschaftskritische Themen – die Expertenjury und das Publikum haben die Qual der Wahl. Abgerundet wird der Abend mit Elektro-Pop von den Dolphins aus Leipzig.27.1., 20 Uhr, Werk 2/Halle A

Grace Jones: Bloodlight and Bami – Das Leben einer IkonePorträt der exzentrischen Künstlerin von Sophie Fiennes (»Zizek«).28.1., 12.45, 16.45 Uhr, Passage Kinos 29.–31.1., 21 Uhr, UT Connewitz

Podatek od milosciDie strenge Steuerprüferin Klara verliebt sich in Marian, der aufgrund von Nachlässigkeit und einem zu guten Herzen in Steuerprobleme geraten ist. – Polnisches KinoRosati, PL 2018, OF, 120 min28.1., 17.30 Uhr, Cineplex (OF)

Ruth Denison – Der lautlose Tanz des LebensRuth Denison, 1922 in Deutschland geboren und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in sowjetischen Arbeitslagern schwer missbraucht, wanderte 1957 in die USA aus und wurde eine der ersten buddhistischen Lehrerinnen im Westen. Am 28.1. in Anwesenheit der Regisseurin Aleksandra Kumorek, anschl. Gespräch28.1., 17 Uhr, Kinobar Prager Frühling

Die AnfängerinWirklich glücklich ist die 58-jährige Annebärbel nicht: Ihren Job als Ärztin erledigt sie routiniert und wenig einfühlsam, auch die Ehe mit ihrem Mann Rolf ist lieblos. Das Einzige, was in Annebärbels Leben wirklich zählt, ist die Meinung ihrer perfektionistischen Mutter und Vorgängerin in der Praxis Irene – wobei Annebärbel ihre alte Mama natürlich nie zufriedenstellen kann. Als sie schließlich von ihrem Mann verlassen wird, setzt sie zufällig wieder einen Fuß in die Welt des Eiskunstlaufens und beschließt kurzerhand, sich erneut die Schlittschuhe anzuschnallen. Dort trifft sie eines Tages auf die etwa gleichaltrige Eiskunstlauf-Weltmeisterin aus den siebziger Jahren, die von Annebärbels Mutter stets vergöttert wurde: Christine Stüber-Errath (als sie selbst). Alte Wunden reißen auf. – Am 29. Januar um 17.30 Uhr sind Hauptdarstellerin Annekathrin Bürger und Sportlegende Christine Stüber-Errath im Cineplex zu Gast.29.1., 17.30, 20 Uhr, Cineplex

Wie die anderenDer Dokumentarfilm öffnet die Tür einer Kinder- und Jugendpsychiatrie in Österreich und zeigt junge Patienten, die aus der Spur gekippt sind, und Ärzte am Kraftlimit. Eine nüchterne Betrachtung der Institution zwischen Routine und Emotion. – DOKversity29.1., 17.15 Uhr, Hörsaal 6, Campus Augustusplatz

Allegro non troppoSechs Musikstücke berühmter Komponisten bebildert mit fantasievollen Geschichten von Bruno Bozzetto (»Herr Rossi«). – Gewandhaus spielt Kino, Filmabend mit konzertantem Entree30.1., 19 Uhr, Schaubühne Lindenfels

Dicke Luft – Wenn Städte erstickenWeltweit atmen 90 Prozent der Stadtbewohner feinstaubbelastete Luft. Pro Jahr sterben sieben Millionen Menschen an den Folgen. Der Dokumentarfilm beleuchtet die Ursachen der stetig zunehmenden Luftverschmutzung. Im Anschluss Gespräch mit Prof. Jean-François Doussin (LISA, Paris), Prof. Hartmut Herrmann (TROPOS, Leipzig) und Prof. Alfred Wiedensohler (TROPOS, Leipzig)30.1., 19 Uhr, Zeitgeschichtliches Forum

Ein WegDas Drama erzählt die Liebe zweier Menschen. Nicht wie sie zusammenkommen, nicht eine Phase, die sie durchleben, sondern ihre gemeinsame Zeit: all die Jahre zwischen dem ersten Kuss und heute. – Queerblick 31.1., 19.30 Uhr, Passage Kinos

Horror-Doppel mit Ralf DonisDas Horror-Doppel mit Donis dieses Mal mit »Raw« (OmeU), in dem eine junge Studentin der Veterinärmedizin einen unkonventionellen Hunger für Fleisch entwickelt, der auch vor Menschen nicht Halt macht, und »The Eyes of my Mother« (OmU), in dem sich ein Mädchen, das den Mord an ihrer Mutter mitansehen musste, mit deren Mörder anfreundet und als Erwachsene ihre ganz eigene Faszination am Töten auslebt.31.1., 20 Uhr, Luru Kino in der Spinnerei


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