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Warum die Marx-Mania mich nicht berührt

Gastbeitrag von Michael Weickert, Stadtrat der CDU

  Warum die Marx-Mania mich nicht berührt | Gastbeitrag von Michael Weickert, Stadtrat der CDU

Wir erleben dieses Jahr eine Art »Marx-Mania«. Landauf und landab veranstalten Orte, an denen Karl Marx gewirkt hat, erinnerungspolitische Ereignisse. Auch Leipzig bekommt davon etwas ab. Die Erstausgabe des »Kapitals« wurde hier gedruckt, und so erinnert die Stadt auf Beschluss der Ratsmehrheit daran; auf Antrag der CDU immerhin im kritischen Kontext, was aus der marxistischen Theorie und Praxis im SED-Staat und in anderen kommunistischen Diktaturen für Leid entstand.

Es gibt viele Vertreter aus der Politik, zum Teil auch aus anderen Bereichen wie der Deutschen Bischofskonferenz, die an den bedeutenden Philosophen Karl Marx erinnern. Dabei ist es fast immer so, dass die Theorien von Marx verteidigt werden, denn diese haben in der DDR oder der Sowjetunion nun mal keine würdige praktische Umsetzung gefunden. Gewiss konnte sich Karl Marx dagegen ebenso wenig wehren wie Richard Wagner im Falle der Nazis. Doch in beispielloser Dialektik wird versucht, Marx als letzten Säulenheiligen eines linken Zeitgeistes aufrechtzuerhalten. Dies müssen die Linken auch. Denn Oskar Lafontaine lebt im Luxus, Gysi im Ruhestand und sonst hat diese Partei niemanden mehr, der populär sein könnte. Also wird die MEGA (Marx-Engels-Gesamtausgabe) abgestaubt und auf die politische Agenda gesetzt.

Ich sehe das anders. Eine Theorie, die in der Praxis nichts taugt, ist keine gute Theorie. Also gibt es aus meiner Sicht keinen Grund, den bedeutenden Philosophen zu feiern. Die Feierlaune scheint besonders bei Vertretern aus Trier oder München groß zu sein; Regionen, in denen es nie Marxismus oder Kommunismus gab. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sieht sich gerne als eine Art modernen Herz-Jesu-Marxisten. Passenderweise gibt es ja auch ein Zentralkomitee der Deutschen Katholiken. Mir bleiben Organisationen, die von einem Zentralkomitee geleitet werden, fremd. Aber das sei nur am Rande erwähnt. An Marx zu erinnern, mag einem gewissen Zeitgeist entsprechen, aber ich sehe anderes, an das wir erinnern können, gerade in Leipzig. Wir haben eine beeindruckende musikalische Vergangenheit mit dem Giganten Bach und dem Weltorchester des Gewandhauses. Die Friedliche Revolution 1989 hat allen Deutschen Freiheit, Demokratie und Einheit gebracht. Heute ist Leipzig eine der attraktivsten Städte Deutschlands nach objektiven Kriterien; für mich gibt es ohnehin keine schönere Stadt. Leipzig ist eben nicht das bessere Berlin, Berlin ist nur das schlechtere Leipzig. Die Debatten um Erinnerungskultur sind oftmals politisch massiv aufgeladen. Im Stadtrat wurden von den Linken gerne schon historische Bögen von Martin Luther bis zu Adolf Hitler gezogen, Wagner natürlich nicht zu vergessen. Ich erinnere mich, als ein Stadtrat der Linken forderte, man müsse unter die DDR-Vergangenheit einen Schlussstrich ziehen. So etwas darf es aber ebenso wie beim Nationalsozialismus nicht geben und offenbart die Doppelmoral der Linken.

An Marx zu erinnern, ist eigentlich recht rückständig und rückwärtsgewandt. In einem österreichischen Arbeiterlied heißt es in einer Zeile: »Und wie einst Galilei rief: (…) Und sie bewegt sich doch!«. Die Welt dreht sich weiter. Auf die Herausforderungen der Digitalisierung mit einem sich stetig verändernden Arbeitsmarkt müssen wir reagieren. Aber nicht mit Nostalgie, sondern mit guter Politik.

Marx gehört zu Deutschland. Der Marxismus Gott sei Dank nicht mehr. Glück auf!

MICHAEL WEICKERT


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