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Filmkritik

Auf den Hund gekommen

Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

  Auf den Hund gekommen | Die Kinostarts im Überblick und was sonst Filmisches in der Stadt geschieht

Die Kinobar Prager Frühling ist seit jeher eng mit der jüdischen Geschichte verbunden. Immer wieder erinnern Filmprogramme, Lesungen und Diskussionen an das, was nicht vergessen werden darf. Auch zum 70. Geburtstag des Staates Israel darf daher ein Sonderprogramm nicht fehlen. Dokumentar- und Spielfilme, die sich mit dem Alltag und der Geschichte Israels auseinandersetzen stehen auf dem Programm. Zu den Filmvorführungen sind spannende Gesprächspartner geladen.

»Filmreihe 70 Jahre Israel!«: 10.–16.5., Kinobar Prager Frühling

Film der Woche: Wes Andersons Filme sind einzigartig. Er entwirft absurd-komische Welten, temporeiche Geschichten, voll von verschrobenen, liebenswerten Charakteren, addiert ein detailversessenes Set-Design und die passende Musik zu einem außergewöhnlichen Kunstwerk, das tief im surrealistischen Kino des frühen zwanzigsten Jahrhunderts verwurzelt ist. Kein Wunder, dass Hollywoodstars nur zu gern in den erlauchten Kreis seiner Darstellerriege aufgenommen werden wollen. So sind auch diesmal Bryan Cranston, Scarlett Johansson, Edward Norton, Bill Murray und Jeff Goldblum zu hören – ja, nur zu hören, denn nach »Der fantastische Mister Fox« ist »Isle of Dogs – Ataris Reise« der zweite Animationsfilm des Regie-Exzentrikers.

Anderson erschuf die fiktive Metropole Megasaki. Dort herrscht in einem futuristischen Japan der Kobayashi-Clan, zu dem auch der Bürgermeister der Megacity gehört. Wie es sich für einen Bösewicht gehört, hegt er nach alter Familientradition eine besondere Liebe zu Katzen und nimmt eine grassierende Hundeseuche zum Vorwand, um alle Kläffer auf eine Müllinsel vor den Toren der Stadt zu verbannen. Hier landet auch Spots, der geliebte Hund des bürgermeisterlichen Pflegesohns Atari. Also macht sich der Junge ohne Wissen des Vaters auf den Weg, um Spots zu befreien und landet mitten im Rudel von Chief, Rex, Boss, King und Duke. Die Alpha-Hunde helfen Atari bei der Suche nach Spots und im Kampf gegen den Hundehasser. Das klingt nach einem putzigen Abenteuerfilm für Kinder. Doch »Isle of Dogs« ist viel mehr als das. Liebevoll adaptierte Anderson japanische Traditionen, besetzte einen Großteil der Sprecherrollen mit japanischen Schauspielern, die dann auch in ihrer Landessprache sprechen. Denn die Sprache der Menschen ist für die Hunde ebenso unverständlich, wie die japanische für die meisten von uns. Die Vierbeiner wiederum parlieren in trockenen, urkomischen Dialogen, die einige hündische Eigenheiten liebevoll reflektieren. Andersons Geschichte ist ein ernsthaftes Plädoyer für Toleranz und gegen Oppression, ein detailverliebtes, stoppanimiertes Kunstwerk voll Witz und Wärme, das seine umjubelte Premiere als Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale feierte. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.

»Isle of Dogs«: ab 10.5., Passage Kinos

Die fünfzehnjährige Nisha lebt ein Doppelleben. Zuhause gehorcht sie strikt den Traditionen und Werten ihrer pakistanischen Familie. Draußen mit ihren Freunden verhält sie sich wie ein ganz normaler norwegischer Teenager. Doch als ihr Vater sie mit ihrem Freund erwischt, kollidieren ihre beiden Welten brutal. Nisha wird von ihren Eltern gekidnappt und nach Pakistan gebracht. Sie hat Angst und fühlt sich allein in der Fremde. Aber Stück für Stück entdeckt sie das Land und die Kultur ihrer Familie. Auf persönliche Art nähert sich die norwegische Regisseurin Iram Haq dem Thema. Eine berührende Coming-of-Age Geschichte zwischen Tradition und Moderne.

»Was werden die Leute sagen?«: ab 10.5., Passage Kinos

Weitere Filmtermine der Woche

Shorts Attack: Marx & The Revolution10 Filme in 90 Minuten – anläßlich des 200. Geburtstages von Karl Marx werden Kapitalismus und Gesellschaft reflektiert.11.5., 20 Uhr, Cineplex

Polnisches KinoDiesmal mit »Narzeczony na niby« (PL 2018; OF). – Polnisches Kino12.5., 17 Uhr, Cineplex (OF)

Die ReifeprüfungDer junge Benjamin wird von Mrs. Robinson verführt, verliebt sich aber in deren Tochter. Die dramatische Komödie mit dem Simon & Garfunkel-Soundtrack machte Dustin Hoffman über Nacht bekannt und avancierte zum Kult-Klassiker. – The revolution will be televised: Filmreihe und Ausstellung zur 68er-Bewegung13.5., 19 Uhr, Schaubühne Lindenfels (OmU)

Die TräumerIm revolutionären Paris 1968 entwickelt sich eine enge Freundschaft zwischen dem Amerikaner Matthew und dem Zwillingspaar Isabelle und Theo. Die Geschwister quartieren Matthew bei sich ein, während die Eltern auf Reisen sind. Die drei jungen Leute genügen sich zunehmend selbst, bald verlassen sie das großzüge Appartement gar nicht mehr. Bei Wein, Sex und lebhaften Diskussionen gehen sie der Welt immer mehr verloren – ehe diese wortwörtlich den Kokon des Trios aufbricht. Vom italienischen Meisterregisseur Bernardo Bertolucci (»Der letzte Tango von Paris«). – The revolution will be televised: Filmreihe und Ausstellung zur 68er-Bewegung16.5., 21 Uhr, Schaubühne Lindenfels (OmU)

Mamma Mia!ABBA-Songs versüßen auf einer griechischen Insel Meryl Streep die Hochzeit ihrer Tochter. – Sing Along Special zum Muttertag13.5., 17.30 Uhr, Cineplex

Russisches KinoRussisches Kino im Original ohne Untertitel, am 13. Mai mit »Sobibor« (R 2018; OF) im Cineplex.13.5., 17 Uhr, Regina Palast, 17.30 Uhr, Cineplex, Cinestar

Das Mädchen – Was geschah mit Elisabeth K.?Im März 1977 verschwindet die deutsche Studentin Elisabeth Käsemann unter mysteriösen Umständen in Buenos Aires. Hat die argentinische Militärdiktatur etwas damit zu tun? Die Politik schreitet nicht ein, in einem Jahr findet schließlich die Fußball-WM in dem Land stattet. So ist auch bald der DFB involviert, der trotz der unklaren Lage die Mannschaft im Mai 1977 nach Argentinien schickt.14.5., 19 Uhr, Zeitgeschichtliches Forum

Life in StillsDas preisgekrönte dokumentarische Kleinod von Tamar Tal über ein schrulliges Oma-Enkel-Gespann und dessen Fotoladen in Tel Aviv. – mit Einführung und Vorfilm »The Little Dictator« (ISR 2015) – 70 Jahre Israel15.5., 19 Uhr, Kinobar Prager Frühling

Ballet Mécanique #23Mit viel Witz bis hin zu Slapstick und einer spektakulären Verfolgungsjagd mit entfesselter Kamera in den Straßen Moskaus gelingt Boris Barnet mit »Das Mädchen mit der Hutschachtel« eine hinreißende Alltagskomödie aus der sowjetischen Gegenwart der zwanziger Jahre.16.5., 20 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei

PrideTragikomische Chronik der Schwulenbewegung in Großbritannien, die eine unerwartete Allianz mit den Minenarbeitern in Wales einging. Wundervoll, lebensbejahend und mit einem großartigen Soundtrack versehen. Im Anschluss Diskussion mit Prof. Robert Ehrlich und Kuku Schrapnell anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHIT).16.5., 19 Uhr, Cinémathèque in der Nato (OmU)

Beach RatsIn ihrem zweiten Spielfilm erzählt die US-amerikanische Independent-Regisseurin Eliza Hittman in düster-verträumten Bildern eine packende Geschichte von homosexuellem Erwachen und einer Selbstverleugnung am äußersten Rand New Yorks, an dem soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit und Jugendkriminalität ebenso Alltag sind wie eine einseitige Vorstellung von Männlichkeit. – Internationaler Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie17.5., 20.30 Uhr, Kinobar Prager Frühling (OmU)

Tangerine L.A.Die stürmische Transe Sin-Dee Rella kommt gerade aus dem Knast, da steckt ihr Alexandra, dass ihr Freund und Zuhälter Chester sie mit einer echten Frau betrogen haben soll. Sin-Dee tickt aus und will Chester zur Rede stellen. Turbulenter, sonnendurchfluteter Trip auf dem Strip von L.A.16.5., 21 Uhr, Ost-Passage Theater

Writing on the CityDokumentarfilm über Graffitikünstler in Teheran. – Künstlerischer Protest im Iran, mit Graffitiworkshop und Filmgespräch16.5., 17 Uhr, Grassi-Museum für Völkerkunde

System ErrorRegisseur Florian Opitz setzt sich in seiner neuen Dokumentation mit dem Kapitalismus auseinander, der heute, wie es Karl Marx vorausgesagt hat, alle Lebensbereiche bestimmt und in einem ewigen Wachstumszwang gefangen ist. Am 17. Mai sind Regisseur Florian Opitz und zwei Protagonisten in den Passage Kinos zu Gast.17.5., 20 Uhr, Passage Kinos


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