Das fängt gut an: Gleich zwei Literaturverfilmungen setzen in dieser Woche starke Frauen ihren schwachen Männern gegenüber. Glenn Close spielt oscarreif in »Die Frau des Nobelpreisträgers«, während Keira Knightley mit »Colette« eine der erfolgreichsten Autorinnen Frankreichs verkörpert. Ein vielversprechender Start für starke Frauenfiguren im Kinojahr 2019.
Film der Woche: Joe (Jonathan Pryce) und Joan (Glenn Close) Castleman sind ein eingespieltes Team. Nur, dass er eindeutig der Teamleader ist und sie stehts in seinem Schatten. Als der gefeierte Autor in Stockholm den Literaturnobelpreis erhalten soll, ist sie an seiner Seite. Sie behält seine Termine im Kopf, sorgt für das gebügelte Sakko, während der ehemalige Uni-Professor seine abgestandenen Verführungstricks bei der hübschen schwedischen Fotografin anwendet. Der Rummel löst in Joan irgendwann Erinnerungen aus, die sie von ihrem Mann wegtreiben, in die Arme des schmierigen Biographen Nathaniel Bone (Christian Slater), der ihrem Mann wie ein Schatten folgt. Die Romanvorlage von Meg Wolitzer offenbart ein facettenreiches Charakterspiel, das der schwedische Regisseur Björn Runge zu einem spannenden Film verdichtet, getragen von zwei großartigen Hauptdarstellern. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.
»Die Frau des Nobelpreisträgers«: ab 3.1., Passage Kinos
Colette gehört zu den erfolgreichsten Schriftstellerinnen Frankreichs. Sie war die erste Frau, für die die Grande Nation ein Staatsbegräbnis veranstaltete. Trotzdem ist sie außerhalb Frankreichs eher eine Unbekannte geblieben, lebte sie doch lange im Schatten ihres Ehemannes und Verlegers. Regisseur Wash Westmoreland (»Still Alice«) konzentriert sich in seinem Film auf die Zeit von Colettes erster Ehe, deren Verlauf er chronologisch nacherzählt. Henry Gauthier-Villars hieß der 30-jährige Lebemann, der das 16-jährige Mädchen vom Land heiratete und ins Pariser Leben einführte. Dort schrieb sie für ihn. Ihr Roman »Claudine«, unter seinem Namen veröffentlicht, avancierte in Paris zum Sensationserfolg. In den folgenden Jahren schrieb Colette Fortsetzungen, deren Erlöse Henry einstrich und oft genug verspielte. Solange bis sie begann sich aufzulehnen. Der Film spannt den Bogen zu diesem Moment. Erzählt vom Abkühlen der Liebe und der künstlerischen Genese der jungen Schriftstellerin. Dabei entsteht das Porträt einer selbstbewussten Frau. Filmisch gesehen gehört »Colette« aber sicher nicht zum Stärksten was das neue Kinojahr bieten wird. Ausführliche Kritik von Josef Braun im aktuellen kreuzer.
»Colette«: ab 3.1., Passage Kinos, Schauburg
Hans Kammerlander ist eine lebende Bergsteiger-Legende. Allein und als Wegbegleiter Reinhold Messners bezwang er fast alle 8000er. Dass er überlebte, kommt aber schon einem Wunder gleich. Regisseur Gerald Salmina nimmt Kammerlanders Schicksalsberg, den Manaslu in Nepal, als Ausgangspunkt, Kammerlanders Lebensgeschichte nachzuzeichnen. Der Südtiroler reflektiert selbstkritisch und angenehm uneitel die Stationen seines Lebens. Salmina rekonstruiert sie bildgewaltig in einem packend inszenierten Doku-Drama.
»Manaslu – Berg der Seelen«: ab 6.1. Passage Kinos
Weitere Filmtermine der Woche
Ronja RäubertochterRonja, die Tochter des Räuberhauptmanns Mattis, trifft auf Birk, Sohn des Erzfeindes ihres Vaters, Borka. Mattis ist außer sich vor Wut, als er erfährt, dass dessen Bande im anderen Teil der Burg lebt. Gegen den Willen ihres Vaters werden Ronja und Birk große Freunde und sie verlässt die Burg. (ab 8 J.) - Kinderkino am Wochenende
5.1., 15 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Pippi LangstrumpfIn der bekannten Adaption des Buchs von Astrid Lindgren mischt der kleine Punk Pippi eine schwedische Kleinstadt auf. Wer Pippi erzählen will, dass ein Kind nicht alleine leben sollte, hat die Rechnung ohne die rothaarige Göre und ihre Freunde gemacht! - Kinderkino am Wochenende6.1., 15 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Die Hälfte der Welt gehört uns - Als Frauen das Wahlrecht erkämpftenDokudrama über den Kampf engagierter Frauen quer durch Europa für das Wahlrecht. - Film des Monats in der Reihe »100 Jahre Frauenwahlrecht«
7.1., 19 Uhr, Zeitgeschichtliches Forum
Never Say DieChinesische Rollentausch-Komödie um einen UFC-Fighter und eine Reporterin, die dessen schmierige Geschäfte offenlegt.8.1., 19 Uhr, Konfuzius-Institut Leipzig
Wohin?Gabi Rothammer wird Nachrichtensprecherin beim Bayerischen Fernsehen. Ihre neue Karriere bekommt jedoch einen frühen Knick, weil sie sich als Terroristin verdächtig gemacht hat. - Herbert-Achternbusch-Werkschau
9.1., 19 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
Das letzte LochNil, der bayerische Fliegenfänger, Biertrinker und Privatdetektiv, stößt bei seinen Ermittlungen auf die Ermordung der europäischen Juden durch die Nazis. Wie soll man damit leben? Sein Arzt verschreibt ihm 30.000 Liter Schnaps. Aber Nil wird sich weder zu Tode trinken noch vergessen. Er wählt einen anderen Weg. Achternbuschs erster Schwarz-Weiß-Film ist ein Triumph über das Metier, das Ende aller Eitelkeiten und die Behauptung der Ästhetik als moralische Kategorie. - Herbert-Achternbusch-Werkschau9.1.,21 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
SandmädchenVeronika ist 23, lebt in der Nähe von Augsburg und ist körperlich schwer behindert. Sie kann nicht sprechen, nicht laufen und leidet am Asperger-Syndrom, einer Form von Autismus. Aber Veronika schreibt. Der poetische Dokumentarfilm von Mark Michel gewann den Preis der ökumenischen Jugendjury beim DOK 2017. - am 9. Januar in Anwesenheit des Regisseurs Mark Michel und mit anschließendem Filmgespräch
9.1., 18 Uhr, Kinobar Prager Frühling
Waldheims WalzerFür ihr beeindruckendes Werk seziert die Regisseurin die sogenannte »Waldheim-Affäre«, die ab 1986 erst Österreich und dann die Weltöffentlichkeit erschüttert.9.1., 21 Uhr, Ost-Passage Theater