Dass Hamburg in Sachen Rap von breiter Relevanz mehr zu bieten hat als die untoten Beginner oder Höhlenmenschenrap à la 187 Straßenbande, beweist seit letztem Jahr Eunique.
Bei ihr ist alles Glanz: Sie kann rappen, singen, tanzen, Klavier spielen, in jedem Interview eine schlagfertige Figur abgeben, schauspielern, wie wir seit der zweiten Staffel »4 Blocks« wissen, höchstwahrscheinlich fliegen und das vermutlich auch alles gleichzeitig. Mit »Gift« hat sie ein mehr als achtbares Debüt vorgelegt, mag sie in der Auswahl der Gastbeiträge auch ebenso achtbar danebengehauen haben (darunter ein paar zweit- bis drittklassige Streetrapper, ein offen homophober Youtuber und Adel Tawil). Eunique selbst aber ist am Mikrofon unfehlbar in ihrem gern gesingsangt heruntergeratterten Triolenflow. Die Frau hat die Stimme, die Fähigkeiten, die Präsenz und auch die ernst gemeinten Anliegen. Tracks wie »Wer ist so nice« sind musikalisch ausgelebtes Empowerment wider jedes Sich-einschränken-Lassen durch patriarchale Aggressionen – ohne diese so akademisch-schwülstig benennen zu müssen.
Feminismus mehr als Tat denn als Theorie passt auch besser zu Euniques Sound: Eine gewisse Affinität zu melodiösem neuzeitlichen Hiphop muss man hier schon mitbringen, die Beats schielen auf die Tanzfläche und vermutlich ein wenig auch auf die Charts. So ist offenbar die Liebe deutscher Beatproducer zum Vokaleffekt Autotune, der ganze Freundeskreise in Pro und Kontra spaltet, nach wie vor ungebrochen, auch wenn der bei den offensichtlichen Vorbildern aus den USA den Zenit seiner Omnipräsenz schon deutlich überschritten hat. Wer aber Rapmusik auch jenseits von Soulsamplebeats auf Schellackplatten mag und ein offenes Ohr für Pop hat, sollte sich Euniques mannigfaltige Talente nicht entgehen lassen. Früher oder später wird man sowieso noch mehr von ihr hören.