Beim letzten Heimspiel hing keine einzige Zaunfahne im Fanblock der Roten Bullen – einzig eine kritische Mahnung an die Vereinsführung war zu sehen. Diese sprach trotzdem von »großartiger Stimmung«. Der Konflikt zwischen RB Leipzig und seinen organisierten Fans geht in die nächste Runde.
Bei RB Leipzig scheinen die Nerven blank zu liegen. Seit Saisonstart sind Konflikte zwischen Fans und Vereinsführung auch für Außenstehende unüberhörbar. Austritte aus dem Fanverband, Hausverbote gegen einzelne Fans, ein Fanbetreuer kündigte nach nicht einmal sechs Monaten. Eine brenzlige Situation für den Bundesligisten, der sich gern mit Superstimmung feiern lassen möchte, aber anscheinend nicht weiß, wie er mit aktiver Fankultur umgehen soll.
Als am Samstagnachmittag Eintracht Frankfurt zu Besuch bei RB Leipzig war, zierten keine Zaunfahnen den RB-Fanblock. Stattdessen stand auf einem Banner vor dem Block groß und deutlich geschrieben: »Wer viel verspricht, vergisst auch viel - Wir müssen reden. Dialog Jetzt!« Besagtes »Wir« meint Vereinsführung und Fans, denn in den letzten Wochen häuften sich Konfliktsituationen zwischen beiden Parteien.
»Wir sind keine meinungslosen Konsumenten«
Nach dem Schlusspfiff war die Mitte des RB-Fanblocks – man könnte auch sinnbildlich vom Herzen sprechen – sehr gut gefüllt. In Liedern wurde klar benannt, worin das aktuelle Unbehagen gründet: Geschäftsführer Oliver Mintzlaff wird darin aufgefordert, in den Block zu kommen. Mintzlaff eilte stattdessen nach dem Spiel geschwind in die Mannschaftskabine und wurde danach nicht mehr gesehen.
Bereits am vorigen Mitwoch, Als RB im DFB-Pokal gegen Wolfsburg antrat, kursierte im Vorfeld ein Brief, der von unterschiedlichen Fanklubs unterzeichnet war. Anlass war die Kündigung des Fanbetreuers nach nicht einmal einem halben Jahr. Im Brief stellten die Fankubs laut die Frage: »Was läuft eigentlich falsch in unserem Verein, dass innerhalb von knapp zwei Jahren gleich drei Fanbetreuer entweder gehen, den Job wechseln oder freiwillig nach 5 Monaten der Stadt den Rücken kehren?«Klar formulieren sie ihre Kritik an der Vereinsführung: »RB Leipzig – wir fühlen uns als Fans von Dir schon lange nicht mehr ernst genommen und respektiert. In den anderen Stadien des Landes sind wir das gewohnt. Im eigenen Stadion werden wir uns jedoch ganz sicher nicht zu den meinungslosen und stromlinienförmigen Konsumenten machen lassen, als die uns andere Fanszenen gern verrufen.«
Konflikt mit Tradition
Die harte Linie zwischen Fans und Verein deutet sich schon seit mehreren Monaten an: Im September lud eine Fangruppierung zu einer Podiumsveranstaltung über Politik und Fußball – RB schickte keinen Vertreter.
Nach dem Spiel gegen Mainz am 16. Dezember stellte sich Geschäftsführer Mintzlaff von RB der Presse und erklärte noch einmal wofür der Verein stehe: »Wir stehen für die Grundwerte ein, da wird sich nichts dran ändern. Dazu gehören Rassismus und Diskriminierung [gemeint ist vermutlich, dagegen zu sein, Anm. d. Red.]. Wir wollen hier friedlichen Fußball spielen. Wir wollen, dass die Leipziger Fans und die Fans, die aus dem Umland kommen, Spaß haben, dass sie gewaltfrei an- und abreisen können, dass sie hier keine Pyro haben. Wir sehen uns grundsätzlich nicht als Plattform für welche politischen Botschaften auch immer. Es geht es um das Fußballspiel und um ein friedliches Miteinander. Was wir hier haben und was sich andere Bundesliga-Vereine wünschen würden – ist sowieso das allerbeste Signal. Da muss ich keine Plakate hochhalten.«
Zuvor hatten mit dem Anpfiff über 100 Fans das Stadion verlassen, um gegen neue Stadionverbote zu protestieren, die RB gegen Anhänger nach dem Spiel in der Landesklasse der Frauen zwischen Roter Stern Leipzig und RB II am 9. Dezember auf dem Sportplatz Teichstraße ausgesprochen hatte, ohne vorab mit den Beschuldigten zu sprechen. Bei den Vorwürfen ging es um Pyrotechnik – nicht der Sächsische Fußball-Verband leitete eine Untersuchung ein, sondern RB vereinsintern. Kurz zuvor hatte Mitzlaff öffentlich betont, Pyrotechnik werde im Zusammenhang mit RB nicht akzeptiert.
»Großartige Stimmung« auch ohne aktive Fans
Nach dem Samstag-Spiel fragte der kreuzer bei Ralf Rangnick nach, wie er das Fehlen von Zaunfahnen und das kritische Banner wahrnahm. Er sprach von »großartiger Stimmung – wie auch beim Pokalspiel gegen Wolfsburg – obwohl nur 21.000 Zuschauer da waren. Die Fans haben die Mannschaft fantastisch unterstützt, was für uns als Mannschaft und für den Trainerstab wichtig ist. Die anderen Themen sind vereinspolitische Themen, wenn man so will, und dafür sind die zuständigen Mitarbeiter da, die sich in den nächsten Tagen kümmern werden.« Am Montag soll ein Treffen zwischen Fanclubs und Vereinsführung stattfinden.