Volker Rodekamp, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums, ist nach 23 Jahren im Dienst in den Ruhestand gegangen. Neben Lobesworten zu seinen Verdiensten platzierte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) in seiner Abschiedsrede auch einige sanfte Spitzen, beobachtete Kulturredakteurin Britt Schlehahn bei der offiziellen Verabschiedung.
Georg Giradet, der ehemalige Leipziger Kulturbürgermeister, hatte ihn vor seinem Dienstantritt 1996 belogen, so Volker Rodekamp in seiner außerordentlich kurzen Rede bei der eigenen Verabschiedung am Montagnachmittag im Alten Rathaus. Hätte er nämlich gewusst, dass er der einzige Westdeutsche unter (oder eher über) ostdeutschen Kollegen im Leipziger Stadtgeschichtlichen Museum sei, wäre er nicht nach Leipzig gekommen. Aber der schlaue Herr Giradet hatte wahrscheinlich seine Gründe, diese Information für sich zu behalten. Vielleicht ging er auch davon aus, dass man sich denken könnte, dass in einer Institution auf dem Gebiet der ehemaligen DDR auch hier Geborene arbeiten.
Aber das ist eine andere Geschichte. Als Rodekamp 1996 nach Leipzig kam, hatte er zuvor das Museum in Minden geleitet. Noch davor lag sein Studium der Volkskunde, Ethnologie, Publizistik und Volkswirtschaftslehre in Braunschweig und Münster. Geboren 1953 in Bielefeld, betont er immer wieder seine Schmerzaffinität aufgrund seines Fanseins von Arminia Bielefeld.
Als er vor zwei Wochen die letzte Ausstellung in seiner Amtszeit zum Fotodiplom von Karla Voigt »Aus der Kuchengartenstraße nach Grünau« eröffnete, schwang ein bisschen Wehmut in seiner Stimme mit. Der Organisator der Ausstellung, Christoph Kaufmann, begann seine Rede auch gleich mit der Einschätzung, dass es immer undankbar sei, der Redner nach Rodekamp zu sein. Denn Rodekamp benötigte kein Blatt zum Festhalten, um eine Rede zu halten. Er improvisierte gern mit sehr viel Engagement, da durften auch Ausdrücke wie »Knaller« nicht fehlen. Rodekamp schloss die Eröffnung mit vielen Wünschen an seinen Nachfolger Anselm Hartinger, der im Publikum saß. An den Neudirektor gab er die Lehre weiter, dass Bescheidenheit eine Haupttugend des Hauses sei.
Vor dem Beginn der offiziellen Verabschiedung am Montag war von den vielen Gästen zu hören, dass es sich wie ein Klassentreffen anfühle. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) begann den Strauß an Komplimenten damit, dass die Rodekamp-Ära die Stadt prägte. Er versah seine Ausführungen aber auch mit sanften Spitzen, etwa dass es Zeitgenosse gebe, die behaupten, Rodekamp sei egal, wer unter ihm Oberbürgermeister sei. Drei hat er in seiner Dienstzeit erlebt, ebenso drei Kulturbürgermeister.
Jung betonte zudem die von Rodekamp angefeuerte Neudeutung des Völkerschlachtdenkmals als »europäisches Friedensdenkmal«. Ein besonderes Lob erhielt der zukünftige Pensionär für seine Bemühungen für die Sporthistorische Route, die bald im Stadtraum in Erscheinung tritt, und für das Sportmuseum, das nun wohl doch irgendwie im Sportforum angesiedelt werden soll. Also genau dort, wo seit über zehn Jahren ein mittlerweile stark verwittertes Banner »Sportmuseum« verkündet.
Und das ist so eine Sache, die sich Rodekamp wirklich anders vorgestellt hat – obwohl er seine Leipziger Zeit am Montagnachmittag mit den schlichten Worten »Das war super« zusammenfasste. Als vor drei Jahren in der Dauerausstellung »Moderne Zeiten« die Sportabteilung erweitert wurde, zeigte er sich schwer enttäuscht, dass das Sportmuseum bis dahin keine Chance zur Wiedereröffnung erhalten hatte. Für ihn stand da bereits fest, bis er in Rente gehen würde, gäbe es eine Lösung. Nun, sicherlich ist die Spende von zwei Millionen Euro vom Freistaat für das Sportmuseum, die Ministerpräsident Michael Kretschmer vor einem halben Jahr vorbeibrachte, sicherlich nicht mehr als eine Geste. Das Geld muss in vier Jahren ausgegeben werden und die langjährige Direktorin, Gerlinde Rohr, ging Ende 2018 in den Vorruhestand. Was bedeuten zwei Millionen Euro für eine Sammlung mit 90.000 Objekten, die seit Jahrzehnten der Öffentlichkeit fehlt?
Denn hier könnte genau das wunderbar vorgeführt werden, was die verschiedenen Redner bei der Verabschiedung als Rodekamps Credo herausstellten: Das Museum als lebendiger und barrierefreier Ort in der Stadtgesellschaft. Klingt schlicht, ist aber eine große Herausforderung für seinen Nachfolger.