An dieser Stelle veröffentlichen wir das Editorial der Mai-Ausgabe des kreuzer. Chefredakteur Andreas Raabe berichtet, warum Lokalpolitik zwar nicht wahnsinnig sexy aber trotzdem so wichtig ist, dass sie es auf den Titel geschafft hat – und was das neue Heft sonst noch zu bieten hat.
»Zugegeben, Kommunalpolitik ist nicht so wahnsinnig sexy. Und wer einmal im Stadtrat miterlebt hat, wie sich der Rat eine geschlagene Dreiviertelstunde lang über die Umbenennung einer Schule streitet, der kann schon auf den Gedanken kommen, dass Stadträte weder einen wichtigen Job noch alle Tassen im Schrank haben.« So begann die damalige kreuzer-Politikredakteurin Thyra Veyder-Malberg ihre Berichterstattung zur letzten Leipziger Stadtratswahl im Jahr 2014. Doch natürlich gibt es ein Aber: Nirgendwo lassen sich die Resultate von Politik so schnell erfahren wie im Lokalen – in der Kommune könnte der Bürger seine Gestaltungsmacht direkt ausleben, wenn er sich denn dazu entschließen würde.
Nun gibt es eine neue Stadtratswahl in Leipzig, am 26. Mai steigt die Sause – zeitgleich mit der Europawahl. Diesmal findet sie in deutlich politisierteren Zeiten statt als noch vor fünf Jahren – obwohl die großen Themen ähnlich sind: Wohnen und Mobilität, Bildung und die richtigen Investitionen. Schauen wir mal, ob sich das alles auch in einer höheren Wahlbeteiligung niederschlägt, vor fünf Jahren gaben nur 41 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, 59 Prozent von ihnen war offenbar egal, wer die Geschicke der Stadt bestimmt. In unserer Titelstrecke ab Seite 14 blicken wir zunächst zurück auf die nun vergehende Wahlperiode und unterziehen jede der Ende Mai 2019 zu Wahl stehenden Parteien einer kleinen Bilanz. taz-Korrespondent Michael Bartsch legt als Absacker noch einen Bericht aus Dresden obendrauf – und informiert über die dortige Lage im Stadtparlament, das bis vor Kurzem von einer Rot-Rot-Grünen Koalition geführt wurde.
Spannend ist auch Aiko Kempens Geschichte über eine Bauruine im Waldstraßenviertel, die er ab Seite 26 erzählt. Kempen begab sich auf die Suche nach dem Bauherrn, konnte ihn aber nicht auftreiben. Für die Investoren ist das ein Riesenproblem, ein großer Teil der Wohnungen in dem langsam zerbröckelnden Neubau sind nämlich schon verkauft und wurden angezahlt.
Quizfrage: Welcher noch aktive Leipziger Romanautor verkauft aktuell die meisten Bücher? Es ist vermutlich Marcus Hünnebeck. Noch nie gehört? Das liegt vielleicht daran, dass Sie keine E-Buch-Krimis lesen, die bei Amazon für zum Beispiel 1,99 Euro angeboten werden. Hünnebeck jedenfalls schreibt solche Geschichten. Er lebt davon ganz gut und zwar zum Großteil vom Online-Eigenvertrieb, einen Verlag braucht er nicht. Im Interview des Monats ab Seite 22 erzählt er von seinem Beruf und nennt sogar Zahlen. Welcher traditionelle Romancier würde das schon tun?
Es ist ja noch eine Weile hin bis zum Wahlabend – und in der Zwischenzeit empfehle ich einen tiefen Blick in die Pläne der Leipziger Kulturszene für den Monat Mai. Der wird nämlich wieder ganz fett, war zum Redaktionsschluss aus der Veranstaltungsredaktion zu hören. Mehr als 2.200 Termine sind im Veranstaltungskalender am Ende dieses Heftes aufgelistet. Ungefähr doppelt so viele werden es dann im Online-Kalender auf www.kreuzer-leipzig.de sein. Unser Heft reicht nämlich schon lange nicht mehr aus, um sie alle abzudrucken. Es ist also ganz schön was los in Leipzig, bestimmt ist auch für Sie etwas dabei.
Eine gute Lektüre wünschtAndreas Raabe