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Kultur

Ecce homo

Das Off-Europa-Festival vermisst Israel

  Ecce homo | Das Off-Europa-Festival vermisst Israel

Am Montag beginnt das Theaterfestival »Off Europa« in Leipzig: Verteilt auf sieben Tage und zahlreiche Spielstätten gibt es eine Bestandsaufnahme des israelischen Theaters. Denn darüber ist hierzulande bisher noch wenig bekannt.

»Israel war einfach mal dran«, sagt Knut Geißler. »Es interessierte mich.« Mehr Gründe muss der Kurator von Off Europa auch nicht angeben. Es ist immerhin sein Festival. Und in der Tat weiß man hierzulande zu wenig über israelisches Theater. »Klar, es gibt immer mal wieder so eine Art Abgesandte, die man hier sehen kann. Aber eine Bestandsaufnahme fehlte.« Die liefert nun Off Europa. Drei Jahre Zeit hat sich Geißler dafür genommen, mehr als 160 Produktionen angeschaut und gesiebt.

Während in den weiteren Aufführungsstädten Dresden und Chemnitz auch eine Sprechtheaterproduktion zu sehen ist, gibts in Leipzig nur Tanztheater. Das Publikum dafür sei hier vorhanden. »Der Tanz hat dem anderen Theater in Israel das Wasser abgegraben, die Strahlkraft der Ensembles ist einfach groß.« Zumal in den Produktionen genügend theatralische Elemente, Textbearbeitung und Narration enthalten sind, so Geißler. Ein Clou: Bei allen Inszenierungen ist auch der Autor auf der Bühne aktiv. »Mich interessieren Leute, die Gesicht und Körper für die Sachen hinhalten, die sie machen.« Das vermisst er bei großen Produktionen, bei denen die Tänzer zwar schön anzuschauen sind, aber oft fremdbestimmt scheinen.

Die Inszenierungen handeln von Gewalt und Aussöhnung, von kulturellen Verwurzelungen, Geschlechterrollen, Stadt und Land, ganz allgemein vom Zusammenleben. Vordergründig geht es nicht um die große Politik, auch wenn Kunst gerade aus so einer spannungsreichen Gesellschaft wie der israelischen immer politisch ist. »Da ist manchmal im Kleinen etwas in Bewegung, wo die Politik versagt.« Von der BDS-Bewegung (Boykott, De-Investitionen, Sanktionen), die unter anderem künstlerische Gastspiele in und aus Israel boykottiert, hält Geißler nichts. »Man bestraft die Leute, die man gesehen haben sollte, mit den denen man sich verbünden sollte.« Überhaupt sei die Welt nicht schwarz-weiß. Auch das kann man aus dem Festival Jahr um Jahr aufs Neue lernen. Off Europa ist nie vordergründig politisch – was es auf besondere Art politisch macht. Im besten Fall kann man hier den Menschen im Menschen erkennen.


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