Wie wirkt sich der Fachkräftemangel in einzelnen Regionen aus und wie sieht die Arbeitsmarktsituation je nach Ausbildungsniveau aus? Gemeinsam mit dem Recherchenetzwerk Correctiv.Lokal hat der kreuzer Daten der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet. Für den Großraum Leipzig zeigt sich: Obwohl es in einigen Branchen mehr Arbeitssuchende als zu besetzende Arbeitsplätze gibt, bleiben Stellen offen.
Im Stadtgebiet Leipzig waren 2018 etwa 300 Stellen als Bus- oder Straßenbahnfahrende offen, obwohl im gleichen Zeitraum über 1200 Menschen eine Stelle in genau dem Bereich suchten. Selbst in Städten und Regionen mit relativ vielen Arbeitsuchenden können passende Stellen also unbesetzt bleiben. Dies zeigt das Ergebnis einer gemeinsamen Kooperation von Correctiv und dem kreuzer. Generell kamen in Kreis und Stadt Leipzig höchstens vier Suchende auf eine Fachkraft-Stelle. Zwar unterscheiden sich die zu besetzenden Stellen zwischen Stadt und Land häufig in den Branchen, der Mangel an Arbeitssuchenden weicht jedoch kaum voneinander ab.
Für Leipzig zeigt sich vor allem, dass auf den Bereich der geringqualifizierten Arbeitssuchenden* teilweise doppelt so viele Gesuche fallen als es offene Stellen gibt. Demnach scheint es in der Region vor allem zu wenig Jobs für Ungelernte zu geben – oder keine ausreichenden Weiterbildungsmöglichkeiten. Während es im Kreis Leipzig etwa 2018 nur durchschnittlich 63 offene Stellen im Bereich der Post-Zustellung gab, haben dagegen 950 Menschen nach Jobs in dieser Branche gesucht. Gleiches gilt für Leipzig Stadt: Auf 423 offene Stellen in der Post-Branche fielen über 3500 Gesuche. Es gibt also viele Geringqualifizierte auf der einen und eine im Vergleich zu Fachkräften höhere Zahl an Akademikern auf der anderen Seite, die Arbeit suchen.
In welchen Branchen gab es die meisten unbesetzten Stellen?
Vor allem in den Branchen Fahrzeugführung im Straßenverkehr (112), im Maschinenbau und in der Betriebstechnik (86) und im Verkauf (59) waren 2018 im Kreis Leipzig die meisten Fachkraft-Stellen zu besetzen. Auf jede Stelle kamen dabei rund vier entsprechend qualifizierte Arbeitssuchende.
Ähnlich sah es auf der Niveaustufe der Spezialisten aus. Auch hier standen jeder zu besetzenden Stelle knapp vier Arbeitssuchende gegenüber. In den Branchen der nicht ärztlichen Therapie und Heilkunde (46), im Einkauf und Vertrieb (18) und im Rechnungswesen und Controlling (12) gab es die meisten Stellen.
Die meisten Experten-Stellen waren in den Branchen Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege (63), in der Human- und Zahnmedizin (11) sowie in der Bauplanung und -überwachung und der Architektur (11) ausgeschrieben. Auf jede Stelle kamen hier rund fünf Arbeitssuchende. Im Stadtgebiet Leipzigs wurden vor allem in der Bauplanung, -überwachung und Architektur (423), in der Informatik (58) und in der Erziehungsbrache, der Sozialarbeit und der Heilerziehungspflege (55) Arbeitnehmer gesucht. Auf jede zu besetzende Stelle fielen durchschnittlich rund sieben arbeitssuchende Experten.
Auch im Stadtgebiet herrschte 2018 Fachkraft- und Spezialistenmangel. So kamen etwa auf jede Fachkraftstelle rund drei Arbeitssuchende, während besonders die Branchen Werbung und Marketing (397), Energietechnik (317) und Fahrzeugführung im Straßenverkehr (282) nach Fachkräften suchten. Auf jede Spezialisten-Stelle kamen nur etwa fünf Arbeitssuchende. Auch hier zeigte sich vor allem im Rechnungswesen und Controlling (65), in der nicht ärztlichen Therapie und im IT-Vertrieb und der IT-Systemanalyse ein Mangel an Spezialisten.
In welchen Branchen suchten die meisten Menschen nach Stellen?
Die meisten Fachkraft-Suchen gab es 2018 im Kreis Leipzig in den Bereichen Gebäudetechnik (605), Büro und Sekretariat (578) und im Verkauf (468). Auch in der Stadt suchten die meisten Bürofachkräfte (1492), Fahrzeugführer im Straßenverkehr (1257) und Verkaufsfachkräfte nach Stellen.
Im Bereich der Spezialisten suchten in der nicht ärztlichen Therapie und Heilkunde (210), in Kreativbranchen wie Schauspiel, Tanz und Bewegungskunst (176) sowie im Rechnungswesen und Controlling (151) die meisten Spezialisten nach Stellen. Auf jede Stelle fielen dabeo knapp fünf Bewerber. Experten suchten besonders in den Bereichen von Lehrtätigkeiten und außerschulischen Bildungseinrichtungen (251), in der Erziehung, der Sozialarbeit und der Heilerziehungspflege (230) sowie in Gesellschaftswissenschaften (226) nach Arbeit. Auf jede Stelle fielen dabei rund sieben Bewerber.
Zwischen den Jahren 2011 und 2018 ist ein deutlicher Rückgang an Arbeitssuchenden sowohl im Kreis Leipzig als auch in der Stadt sichtbar. Fielen 2011 im Kreis noch rund 23 Gesuche auf eine offene Stelle, waren es 2018 nur noch rund 15. In der Stadt kamen 2011 noch etwa 22 Menschen auf eine Stelle, 2018 waren es nur noch elf.
Diese Recherche ist Teil einer Kooperation des kreuzer mit Correctiv.Lokal, einem Netzwerk für Lokaljournalismus, das datengetriebene und investigative Recherchen gemeinsam mit Lokalpartnern umsetzt. Correctiv.Lokal ist Teil des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv, das sich durch Spenden von Bürgern und Stiftungen finanziert. Mehr unter correctiv.org.