Von Russland über Frankreich und Großbritannien bis nach Tel Aviv führen die Filmstarts in dieser Woche. Perfekte Voraussetzungen also für eine Kinoreise ohne CO2-Emmissionen.
Film der Woche: Sandra flieht zurück in ihre Heimat Boulogne-sur-Mer, die sie vor 15 Jahren als lokale Schönheitskönigin verlassen hat. Geläutert und frustriert nach einer gescheiterten Ehe, nimmt sie jeden Job an, den sie bekommen kann. Die einzige verfügbare Stelle ist in der örtlichen Fischfabrik und so landet sie am Fließband neben der gutmütigen Nadine und der alleinerziehenden Audrey – und unter den Fittichen ihres schmierigen Chefs. Als der eines Abends übergriffig wird, wehrt sich Sandra. Für den Vorgesetzten endet diese Begegnung tödlich. Der Schock dauert aber nur kurz, denn im Gepäck hat er eine Tasche voller Geld. Gemeinsam mit Audrey und Nadine muss nun zunächst die Leiche entsorgt werden, damit Gras über die Sache wachsen kann. Allerdings stehen auch schon bald die ursprünglichen Empfänger der Tasche auf der Matte. Ein wunderbar schwarzhumoriger Spaß fürs Publikum, das in der Heimat in Scharen ins Kino strömte. Das liegt wohl vor allem an den drei formidablen Hauptdarstellerinnen. Ein herrlich witziges Beispiel für »female empowerment«. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.
»Rebellinnen«: ab 11.7., Schauburg, Regina Palast
Das Drama um die K-141 »Kursk« war eine menschliche Tragödie und eine verschenkte Chance, die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen aufzutauen. Kapitän Mikhail Averin ist ein gutmütiger Mann, der auch einen klaren Kopf behält, als das Atom-U-Boot auf Grund läuft. Eine Fehlfunktion ließ die Sprengkörper an Bord detonieren. Der Großteil des Schiffes liegt in Trümmern. Eine Handvoll Männer überlebt und der Film schneidet nun zwischen dem Drama unter Wasser und dem politischen Taktieren hin und her. Daheim bangt Mikhails schwangere Gattin Tanya um das Leben ihres Mannes. Robert Moores Buch lieferte die Vorlage zu »Kursk«, zahlreiche Experten trugen ihr Hintergrundwissen bei. Aber das Drehbuch wirkt unausgeglichen, die Kamera immer zu weit weg, um die Klaustrophobie unter Wasser einzufangen, und einige hochspannende Momente sind zu wenig für einen packenden Katastrophen-Thriller. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.
»Kursk««: ab 11.7., Schauburg, Regina Palast
Jack Malik ist ein leidenschaftlicher, aber recht erfolgloser Singer-Songwriter. Seinen einzigen wirklichen Fan hat er in seiner ältesten Freundin Ellie, die sich auch als seine Managerin versucht. Eines Tages kommt es weltweit zu einem sekundenkurzen Stromausfall, der die Menschheit offensichtlich in einigen Punkten wieder auf null zurücksetzt. Jack scheint der Einzige zu sein, der sich noch an die Beatles und deren Songs erinnern kann. Er ergreift die Gelegenheit beim Schopf und beginnt, deren Hits nachzusingen – mit dem zu erwartenden sensationellen Erfolg. Es dauert nicht lange, bis Ed Sheeran vor Jacks Tür steht und diesem anbietet, ihn als Support auf seiner Welttournee zu begleiten. Die etwas seltsame, aber nette Ausgangsidee stammt von Drehbuchautor Richard Curtis (»Tatsächlich… Liebe«), der hier zum ersten Mal mit Regisseur Danny Boyle zusammengearbeitet hat. Ein Fest für Beatles-Fans, die sich über interessante Neuinterpretationen der unzähligen Evergreens freuen dürfen. Ausführliche Kritik von Frank Brenner im aktuellen kreuzer.
»Yesterday««: ab 11.7., Passage Kinos, CineStar
Die scheue Lucy und die selbstbewusste Mercy lernen sich auf einer Demo kennen und fühlen sich sofort voneinander angezogen. Das Problem: Die beiden jungen Frauen kämpfen an derselben Front, aber auf verschiedenen Seiten. Mercy demonstriert mit ihren konservativen Eltern für die Todesstrafe. Lucy, ihre ältere Schwester und ihr kleiner Bruder pilgern von Hinrichtung zu Hinrichtung, um dagegen zu protestieren. Aus naheliegenden Gründen, denn ihr Vater sitzt seit acht Jahren in der Todeszelle. Während sich zwischen den beiden Aktivistinnen eine zarte Liebesbeziehung entwickelt, geraten ihre jeweiligen Überzeugungen ins Wanken.Die israelische Regisseurin Tali Shalom-Ezer nimmt sich Zeit, um den hochdramatischen emotionalen Konflikt, der das Leben von Lucys Familie überschattet, Detail für Detail zu enthüllen und stellt diesen in den Fokus, anstatt die lesbische Liebesbeziehung vor dem Hintergrund des reaktionären US-Hinterlands als Problem auszuarbeiten. Vielmehr fungiert die Lovestory als wärmender Gegenpol zu dem zermürbenden Grauen, das Angehörige eines zum Tode Verurteilten Jahre lang ertragen müssen. Ausführliche Kritik von Karin Jirsak im aktuellen kreuzer.
»My Days Of Mercy«: ab 11.7., Cinémathèque in der Nato
Für den unbeholfenen Salam ist die Grenze zwischen Israel und Palästina vor allem lästig. Täglich pendelt er von Jerusalem nach Ramallah, um im Fernsehstudio seines Onkels zu arbeiten. Dort wird die enorm beliebte Seifenoper »Tel Aviv on Fire« gedreht, in der eine palästinensische Spionin in Israel in Liebestaumel gerät. Bei einem Grenzübertritt trifft Salam auf den israelischen General Assi. Dessen Familie ist ebenfalls der Serie verfallen und er hat einige Vorschläge für das Finale der Staffel. Salam stolpert durch die Szenerie und das Chaos droht ihm über den Kopf zu wachsen. Der palästinensische Regisseur Sameh Zoabi kommentiert auf bissige Art die Situation im Westjordanland. Mit der Tatsache, dass »Tel Aviv on Fire« bei den weiblichen Zuschauern auf beiden Seiten der Mauer beliebt ist, erklärt er den Krieg erstmal zur Nebensache. In den Figuren spiegelt sich derweil der politische Konflikt. Die Elemente der Seifenoper fließen immer wieder in die clevere Satire hinein und entlarven den Grenzkonflikt als großes Schmierentheater der Geschichte.
»Tel Aviv on Fire«: ab 11.7., Luru Kino in der Spinnerei
Weitere Filmtermine der Woche
Back to MaracanãArgentinisches Familiendrama vor dem Hintergrund der WM 2014. Um seinem Großvater Samuel seinen letzten Wunsch zu erfüllen, reist der 40-jährige Roberto mit ihm zum WM-Finale nach Brasilien. - Am 11.7. Deutschland-Premiere in Anwesenheit des Hauptdarstellers Asaf Goldstein
11.7., 20 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Der goldene Handschuh Fatih Akin verfilmte den gleichnamigen Roman von Heinz Strunk um das Leben des Hamburger Serienmörders Fritz Honka als düsteren Horrorthriller. - Freaky Friday, mit Einführung von Ralf Donis11.7., 20 Uhr, Kinobar Prager Frühling
Spin / Backyard
Filmscreening im Rahmen der Ausstellung »Vergessene Aufklärungen« der Halle 14 mit anschließendem Gespräch: Ginan Seidls experimenteller Dokumentarfilm »Spin« untersucht die Drehbewegung im Spannungsfeld der theoretischen Physik und des Sufismus. Khaled Abdulwaheds experimenteller Kurzfilm »Backyard« dekonstruiert und rekonstruiert Kopien der Fotografie eines Kaktusfeldes in Syrien, die auf eine Wand in einer Berliner Hinterhofwohnung projiziert werden.11.7., 19 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
Surf Film Nacht
Die Surf Film Nacht schafft Raum für Geschichten vom Wellenreiten und dem Lebensgefühl, das der Tanz mit dem Meer mit sich bringt. Heute mit »Trouble: The Lisa Andersen Story« - Chas Smiths Doku über die viermalige Weltmeisterin, ihre rastlose Jugend und ihren Status als Pionierin und Ikone des Frauensurfens. Wie immer mit Vorfilm.11.7., 21.30 Uhr, Sommerkino auf der Feinkost, 17.7., 21 Uhr, Kinobar Prager Frühling
Unsere große kleine Farm
Die US-Doku thematisiert die moderne Landwirtschaft aus persönlicher Perspektive. Am 11.7. in den Passage Kinos mit anschließender Podiumsdiskussion mit Sebastian Pomm (Annalinde), Wolfram Günther (Bündnis 90/Die Grünen) und einem Vertreter der »Marktschwärmer Leipzig.11.7., 19.30 Uhr, Passage Kinos
Open-Air Kino für Kinder – Höfe am BrühlDie Eiskönigin, Das Dschungelbuch,, Mary Poppins Rückkehr, Dirty Dancing11./12.07., ab 10.30 Uhr, Richard-Wagner-Platz
Gundermann
Wundervolle Spielfilmbiografie über den ostdeutschen Sänger und Musiker Gerhard Gundermann.12.7., 19 Uhr, Parkschloss im Robert-Koch-Park
One Cut of the Dead
Shin'ichirô Uedas abgedrehter Low-Budget-Film ist ebenso Horrorkomödie wie ein Film über das Filmemachen, eine wahre Motivationsspritze für Nachwuchsregisseure. - mit Vorfilm, Freaky Friday
12.7., 21 Uhr, Kinobar Prager Frühling
They Shall Not Grow Old
Für seinen beeindruckenden Dokumentarfilm über den Ersten Weltkrieg hauchten »Herr der Ringe«-Regisseur Peter Jackson und das Team von WETA den Originalaufnahmen neues Leben ein, indem sie die Bilder nachkolorierten und neu vertonten. Das Ergebnis ist verblüffend und nur einige wenige Male im Kino zu erleben.12.7., 20 Uhr, 14.7., 17.30 Uhr, Cineplex, 13./14.7., 17 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei, 15.7., 20 Uhr, Regina Palast
Apollo 11
Dokumentarfilm über die Apollo-11-Mission mit Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins, der die Ereignisse unkommentiert und hautnah abbildet.
14.7., 17 Uhr, Cinestar
Apocalypse Now - Final Cut Die IMDb weist vier verschiedene Laufzeiten für Francis Ford Coppolas Meisterwerk aus, vom 330-minütigen Rohschnitt bis zur ersten Kinofassung mit 147 Minuten. Die Redux-Fassung von 2001 galt bisher als endgültig. Nun hat sich Coppola erneut an den Schneidetisch gesetzt.
15.7., 19.45 Uhr, Cinestar, 19.30 Uhr, Regina Palast
Hexenjagd Ende des 17. Jahrhunderts, in einem abgelegenen Teil Europas, ruft das harmlose Ritual einer alten Frau den Inquisitor Franz Boblig von Edelstadt auf den Plan. Tschechische Verfilmung des Theaterstücks. - mit Einführung von Madeleine Apitzsch vom Arbeitskreis Aufarbeitung Hexenverfolgung Leipzig16.7., 18 Uhr, Frauenkultur
Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte eingehen
Die junge Regisseurin Mariana Marin plant eine groß angelegte, radikale Theateraufführung zu Rumäniens Beteiligung am Holocaust. Mit einem Reenactment der damaligen Ereignisse soll das Theaterstück das Publikum aufrütteln, doch bereits vor der Premiere zeigen sich zahlreiche Probleme. Die Politsatire gewann den Hauptpreis in Karlovy Vary.17.7., 21 Uhr, Ost-Passage Theater